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Bildungsfinanzierung
Töpler: Schulsozialarbeit muss gestärkt werden

Da der Bund künftig die BAföG-Finanzierung übernimmt, stehen den Ländern bald 1,17 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Es sei dringend notwendig, mit diesem Geld auch die Sozialarbeit an Schulen zu stärken, sagte Michael Töpler, stellvertretender Vorsitzender des Bundeselternrates, im DLF.

Michael Töpler im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel | 17.06.2014
    Schüler der Heinrich-Hertz-Stadtteilschule in Hamburg während des Unterrichts.
    Es müsse deutlich gemacht werden, dass nicht nur die Hochschule der Ort sei, an dem Forschungsleistungen erfolgen, betont Michael Töpler. Vorher müsse in die Schule investiert werden. (dpa / Christian Charisius)
    Ulrike Burgwinkel: Die Hochschulrektorenkonferenz hat heute, und das nicht zum ersten Mal, die Länder aufgefordert, zu ihrem Wort zu stehen. Denn seit der Bund im Bildungsfinanzierungskompromiss die Kosten für das BAföG übernimmt, stehen den Ländern künftig rund 1,17 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Und dieses Geld solle nun auf jeden Fall den Hochschulen zugute kommen, so HRK-Präsident Horst Hippler heute - im Bildungssektor bleiben und nicht in andere Haushaltslöcher gestopft werden. Dem Bundeselternrat geht es natürlich auch um Bildung, allerdings kümmert sich die Arbeitsgemeinschaft der Landeselternvertretungen um, na ja, die Vorstufe zur Hochschule. Und in den Schulen gibt es ebenfalls Finanzierungsprobleme und Engpässe. Michael Töpler ist stellvertretender Vorsitzender des Bundeselternrates. Guten Tag nach Bielefeld!
    Michael Töpler: Schönen guten Tag, Frau Burgwinkel!
    Burgwinkel: Herr Töpler, die Hochschulen bringen sich in Position, das haben wir gerade schon gehört. Wie steht es denn mit den Schulen?
    Töpler: Ja, die müssten sich jetzt auch dringend in Position bringen, weil natürlich von dem jetzt eventuell zu verteilenden Geld auch vieles an die Schule muss, wie zum Beispiel in den Bereich der Schulsozialarbeit, wo ja etwa 400 Millionen Euro jährlich, ehemals aus dem Bildungs- und Teilhabepaket, wegfallen, sodass eigentlich diese Lücke schon mit einem Teil dieses Geldes aufgefüllt werden könnte. Und dafür müssen die Schulen beziehungsweise dann auch die Bildungsministerien natürlich in den Ländern jeweils kämpfen, dass das Geld nicht nur an die Hochschulen geht.
    Burgwinkel: Ist denn die Lage der Schulsozialarbeit besonders prekär?
    Töpler: Ja, weil zum einen die Verträge, die Schulsozialarbeiter haben, häufig nur befristete Verträge sind und auch eher schlecht bezahlt, sodass Schulsozialarbeiter eigentlich genötigt sind, sich direkt wieder nach neuen Stellen umzusehen und gar nicht die langfristige Sicherheit haben, in der sie dann die Beziehung zu den Schülern, den Lehrern, den Eltern an Schule aufbauen können und in dieser Situation eigentlich gehindert werden, ihre Arbeit bestmöglich zu leisten.
    Burgwinkel: Die Schulsozialarbeit, denke ich, ist ein ganz wichtiges Instrument auch, wenn man wirklich möchte, dass den Kindern einigermaßen gleiche Chancen zur Verfügung gestellt werden. Ist das das Konzept, was dahintersteht, oder warum ist für Sie die Schulsozialarbeit so wichtig?
    Gesamte Schulgemeinschaft profitiert von Sozialarbeit
    Töpler: Einmal ist die von Ihnen erwähnte Chancengleichheit, die Bildungsgerechtigkeit ein ganz zentraler Punkt, dass Schulsozialarbeit dort ja Probleme auffangen kann und Hilfestellung leisten kann, wo wirklich Mangel besteht und wo Kinder auch nicht von ihren Familien unterstützt werden können, aber nicht nur. Weil Schulsozialarbeit leistet auch wichtige Aufgaben in der Vernetzungsarbeit in der Kommune, in der Schule, kann dort auch Schulentwicklung weiter begleiten und anstoßen, sodass nicht nur die Kinder mit Unterstützungsbedarfen irgendwie von Schulsozialarbeit profitieren, sondern letztendlich die gesamte Schule, die gesamte Schulgemeinschaft davon profitiert, diese Expertise von außen hinzuzubekommen.
    Burgwinkel: Was kann denn der Bundeselternrat beziehungsweise die Elternvertretungen, die Länderelternvertretungen erreichen?
    Töpler: Einmal kann man ganz deutlich machen, dass nicht nur Hochschule der Ort ist, wo dann am Ende die Forschungsleistungen und die Ausbildungsleistungen erfolgen, sondern dass erst mal in Schule investiert werden muss, damit überhaupt genug Kinder und Jugendliche an die Hochschulen kommen, aber natürlich auch in Ausbildungsberufe gehen. Es geht ja nicht nur darum, Leute zur Hochschule auszubilden, sondern im gesamten Schulsystem Bildung für alle anzubieten. Und dort muss investiert werden, und nicht nur ganz in einen Bereich gerichtet. Wir wollen ja nicht nur Hochschulabsolventen in Deutschland ausbilden.
    Burgwinkel: Wir möchten auch nicht, dass zu viele Schüler zurückbleiben.
    Alle sollen "mitgenommen" werden
    Töpler: Genau. Also, dass wir immer an beide Enden denken. Natürlich ist auch die Förderung der Eliten wichtig, dass Spitzenforschung und Spitzenleistung in Deutschland möglich ist, aber eben auch, dass niemand verloren geht und letztendlich wir alle mitnehmen können. Und der Fachkräftemangel lässt sich nicht dadurch beseitigen, dass man nur Spitzenkräfte hat, sondern da müssen alle so gut wie möglich ihren Fähigkeiten entsprechend ausgebildet werden.
    Burgwinkel: Der stellvertretende Vorsitzende des Bundeselternrates, Michael Töpler, und seine Forderung, die Schulsozialarbeit verlässlich zu finanzieren.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.