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Bildungspolitik
Kultusminister ringen weiter um Bildungsrat

Um den Bildungsrat hatte es zuletzt heftigen Streit gegeben, nachdem Bayern und Baden-Württemberg aus dem Projekt ausgestiegen waren. Die beiden Länder fürchten einen Eingriff des Bundes in die Bildungshoheit der Länder. Der Grundsatzstreit geht weiter.

Von Christiane Habermalz | 06.12.2019
Ein Junge steht an einer Tafel im leeren Klassenraum.
Die Kompetenzen des Bundes bei Fragen rund um Schulen und Hochschulen ist seit Jahrzehnten ein Streitthema (imago/ Jérôme Gorin)
Ja, es soll einen nationalen Bildungsrat geben, aber der Bund soll darin nur noch am Katzentisch sitzen. Darauf verständigten sich die 16 Kultusminister der Länder bei ihrem letzten Treffen in diesem Jahr in Berlin. Um den Bildungsrat hatte es zuletzt heftigen Streit gegeben, nachdem Bayern und Baden-Württemberg nach monatelangen Verhandlungen aus dem Projekt ausgestiegen waren.
Sie argumentierten, der Bund könne darüber in die Bildungshoheit der Länder eingreifen wollen. Das Gremium, das von der Großen Koalition beschlossen worden war, sollte für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit im Flickenteppich der Schulsysteme sorgen. Jetzt wollen die Länder es alleine machen, ohne den Bund. Es solle ein Gremium geschaffen werden, das die langen Linien in der Bildungspolitik ziehen solle, Kontinuität in die Beratungen bringe und wissenschaftliche Expertise einbringe, erklärte der hessische Kultusminister und turnusmäßig amtierende Präsident der Kultusministerkonferenz Alexander Lorz heute in Berlin.
Was ist die Rolle des Bundes in der Bildungspolitik?
Lorz: "Das ist die Aufgabenstellung, die hätte dieser nationale Bildungsrat gehabt, die soll auch das neue Gremium, das wir jetzt als KMK einrichten wollen und werden, soll das auch entsprechend haben, und wir haben uns als alle 16 Bundesländer darauf verpflichtet zu sagen, ja wir glauben dass ein solches Gremium uns weiter bringt, wir wollen das durchführen, aber wir wollen eben die politische Debatte dieses Jahres, die ja im Wesentlichen auf Friktionen zwischen Bund und Ländern hinauslief, die wollen wir an dieser Stelle ausklammern."
Ausgeklammert wird auch weitgehend die Beteiligung von Vertretern des Bundes, die sollen jetzt nur noch bei gemeinsamen Fragestellungen mit herangezogen werden. Satisfaktionsfähig ist dieses Beratungsgremium damit auch für Lorz‘ Parteifreundin Susanne Eisenmann, CDU-Kultusministerin von Baden-Württemberg.
"Weil es eben nicht richtig ist, dass Berlin Vorgaben macht, und die 16 Bundesländer die die Zuständigkeit haben, diese dann umsetzen sollen. Ich glaube nicht, dass etwas besser wird, weil es zwingend aus Berlin kommt, da gibt es durchaus Beispiele, und ich glaube auch nicht, dass es richtig ist, dass Berlin zuständig ist für die Schule in Neukölln und die Schule im Allgäu." Klar ist: Ein Bildungsrat ohne den Bund wird nicht die ganze Bildungskette in den Blick nehmen können, denn für Kindergärten und berufliche Bildung ist in Teilen der Bund zuständig. Und es bleibt die Frage, wie politisch wirksam und unabhängig das wissenschaftliche Beratungsgremium am Ende sein wird, wenn die Bildungsminister der Länder die Agenda vorgeben. Über die genaue Ausgestaltung des Gremiums werde noch gesprochen werden müssen, räumte Lorz ein.
"Wir werden sicherlich Aufträge formulieren an diesen Bildungsrat, aber ich bin überzeugt, es wird sich ein Verhältnis zwischen uns einstellen, dass uns der Bildungsrat auch von sich aus mit Ideen versorgen wird. Also Nachdenken können und werden wir ihm sowieso nicht verbieten."
Neue Berechnungen zum Lehrerbedarf
Und Bundesbildungsministerin Anja Karliczek? Die hielt sich in einer ersten Reaktion mit Kritik am Ausschluss des Bundes zurück, auch wenn es, wie sie betonte, nach den jüngsten Pisa-Ergebnissen einmal mehr eine nationale Kraftanstrengung in der Bildung brauche. Die CDU-Politikerin erklärte: "dass wir weiter die Hand reichen werden, um wirklich die Verzahnung unserer verschiedenen Bildungsinstitutionen hinzubekommen, ich bin froh, dass die Länder den Druck an dieser Stelle jetzt sehen, dass da wirklich etwas passieren muss." Mehr Kooperation in der Bildung zwischen den Ländern soll es künftig auch über einen Staatsvertrags geben, auch darauf verständigten sich die Kultusminister, bereits im nächsten Jahr soll ein gemeinsamer Textentwurf vorgelegt werden.
Und die KMK gab ihre neuen Berechnungen zum Lehrerbedarf für die nächsten zehn Jahre bekannt. Danach erwarten sie weiter Engpässe an Berufsschulen und in der Sekundarstufe 1. An den Grundschulen klafft die größte Lücke, da werden bis 2023 insgesamt rund 12.400 Lehrern fehlen. Erst ab 2024 werde sich die Situation entspannen. Bei den Gymnasiallehrern gehen die Kultusminister dagegen sogar von einem deutschlandweiten Überangebot aus.