Freitag, 19. April 2024

Archiv

Biogasproduktion
Fußbodenbeläge aus Gärresten

Bei der Produktion von Biogas bleiben Gärreste zurück, die für Umweltprobleme sorgen können. Bislang werden sie als Dünger eingesetzt, doch das verunreinigt das Grundwasser. Deshalb suchen die Experten nach alternativen Verwertungsmöglichkeiten. Verschiedene Konzepte dafür wurden auf der Kongressmesse "Biogas 2015" vorgestellt, die heute in Bremen zu Ende geht.

Von Frank Grotelüschen | 29.01.2015
    Eine Biogasanlage in Mecklenburg-Vorpommern
    Ein Teil der Gärreste bei der Biogasproduktion besteht aus Pflanzenfasern (picture alliance / dpa)
    Der Bauer startet seinen Trecker, es ist Zeit zum Düngen. Mit dem Hänger fährt er über den Acker und streut das Mittel auf die Krume. Immer öfter ist es das, was in einer Biogasanlage übrig bleibt - die sogenannten Gärreste, sagt Arjan Wijnberg von der niederländischen Firma Biosys:
    "Das Problem dabei: Die Gärreste sind zwar ein guter Dünger. Aber sie enthalten zu viel Stickstoff. Und dieses Übermaß an Stickstoff gefährdet das Grundwasser. Das ist heute wirklich ein Problem."
    Mittlerweile begrenzen Gesetze die Mengen an Stickstoff, die man auf Ackerflächen ausbringen darf. Und deshalb wird mancher Landwirt die Rückstände aus seiner Biogasanlage schlicht nicht mehr los, jedenfalls nicht komplett. Wohin also mit dem Zeugs? Wijnbergs Firma setzt darauf, die Gärreste quasi zu entschärfen.
    "Wir haben eine Methode entwickelt, die einen Teil des Stickstoffs aus den Gärresten entfernt. Das Prinzip ist recht einfach: Wir leiten einen Luftstrom durch die Gärreste, und diese Luft reißt den Stickstoff sozusagen mit sich. Anschließend waschen wir den Stickstoff aus der Luft heraus, und zwar mithilfe von Schwefel."
    Dabei entsteht Ammoniumsulfat, ein Düngemittelzusatz, der die Pflanzen sowohl mit Stickstoff als auch mit Schwefel versorgt, doch die Böden bei richtiger Dosierung nicht belasten sollte. Sechs Anlagen haben die Niederländer mittlerweile installiert. Nun muss sich zeigen, ob sich die Technik auch wirtschaftlich rechnet.
    Heizen mit Gärresten
    Doch die Düngerentschärfung ist nur eine Idee. Buttmann:
    "Zum Zweiten gibt es auch die Möglichkeit, Pellets zu verbrennen, also als Energieträger zu nutzen. Das ist eine gute Variante, mit den Gärresten umzugehen."
    Denn bei der Verbrennung wird Energie frei, die sich in Blockheizkraftwerken nutzen lässt, sagt Hannes Buttmann von der Firma Ecoworxxs in Deggendorf. Zuvor müssen die Gärreste getrocknet werden, was mit der Abwärme der Biogasanlagen geschehen kann. Die getrockneten Reste dann direkt zu verbrennen, sei allerdings unpraktisch, sagt Buttmann. Besser, man verpresst sie zu kleinen, kompakten Kügelchen. Diese Pellets nämlich lassen sich gut lagern, transportieren und mit Maschinenhilfe in die Öfen schütten. Doch ganz so einfach ist das mit dem Verbrennen dann doch nicht, denn, so Buttmann:
    "Das darf man nicht in einem herkömmlichen Ofen benutzen. Wenn Sie Gärreste verbrennen, ist das nicht umweltfreundlich, wenn Sie das im Kleinen machen würden. Sie brauchen sehr hohe Hitze und entsprechende Filteranlagen. Und dann geht das."
    Auch hängt die Ökobilanz vom Transportaufwand ab. Denn je länger die Wege von den Biogasanlagen zu den Öfen, um so ungünstiger die Bilanz. Aufgehen kann sie nur, wenn es ausreichend viele Öfen gibt, verteilt über das ganze Land.
    "Das ist noch ziemlich am Anfang. Es gibt immer mehr Öfen, die sich auf diese Sachen konzentrieren. Und wir hoffen, dass da noch mehr auf dem Markt passiert."
    Gärreste als Fußböden
    Eine ganz andere Idee hat das Nova-Institut in Hürth bei Köln. Gärreste zu Spanplatten und Laminat-Fußböden, so das Konzept. Ein Teil der Reste nämlich besteht aus den Rohfasern von Maispflanzen. Und die müssten sich, vermischt mit Holzspänen, zu stabilen Platten verleimen und verpressen lassen. Der erste Anlauf aber schlug fehl. Denn eines hatten die Forscher um Roland Essel damals vernachlässigt - den hohen Stickstoff-Gehalt der Gärreste:
    "Der Stickstoff hat leider das Problem verursacht, dass bei einer Spanplatten-Produktion Ammoniak ausgegast ist. Und Ammoniak ist nicht besonders zuträglich für die Arbeitssicherheit der Personen, die dort am Werk sind. Es stinkt, reizt die Augen und ist gesundheitsschädlich."
    Deshalb schalteten die Experten beim zweiten Versuch ein Verfahren vor, das den Stickstoff mittels Wärme aus Gärresten abtrennt. Jetzt funktionierte die Technik, erzählt Essel:
    "Die Produkte entsprechen den gängigen Normen und können verkauft und eingesetzt werden. Wir haben insgesamt zwölf Tonnen an festen Materialien herausgeholt. Und zehn Tonnen sind tatsächlich verarbeitet worden in Laminat. Es gibt diesen Rohstoff über das ganze Jahr in ausreichender Menge und nach unseren Wirtschaftlichkeitsberechnungen auch zu kostengünstigen Preisen. Sie sind konkurrenzfähig zu Holz."
    Nur: Um die Branche von dem Verfahren zu überzeugen, bräuchte es eine Pilotanlage im Industriemaßstab - und damit eine Millioneninvestition. Und wer die tätigen könnte, ist im Moment noch ziemlich unklar.