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Biosicherheitskonvention tritt in Kraft

Die biologische Vielfalt in Entwicklungsländern vor möglichen Gefahren durch gentechnisch veränderte Organismen zu schützen - das ist das Ziel des "Cartagena-Protokolls der Vereinten Nationen über die biologische Sicherheit". Dieses Übereinkommen tritt heute in Kraft und erlaubt den Staaten, vorsorglich zu handeln. Ulrike Brendel von Greenpeace:

Von Ralph Ahrens | 11.09.2003
    Das Biosafety-Protokoll räumt den Ländern ausdrücklich das Recht ein, den Import von genmanipulierten Pflanzen zu verbieten - eben aus Gründen der Vorsorge. Das heißt, hier soll die biologische Vielfalt geschützt werden und entsprechende Maßnahmen von den Ländern unternommen werden.

    Vorsorgeprinzip bedeutet aber nicht, dass etwa Länder wie Indien, Mexiko oder Südafrika den Import gentechnisch veränderten Saatguts oder gentechnisch veränderter Pflanzen willkürlich verbieten können. Sie können den Import aber untersagen, wenn wissenschaftliche Fragen offen sind oder wenn sich Fachleute uneins sind. Hartmut Meyer, Berater der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, hält das für einen großen Fortschritt:

    Das ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass es eben in zahlreichen Regelsystemen dieser Welt bei wissenschaftlicher Unsicherheit schwer fällt, eine Entscheidung gegen diese Technologie zu treffen, weil eben die Gesetze anders sind, dass eben Entscheidungen gegen eine Technologie nur getroffen werden können, wenn die Risiken klar bewiesen sind.

    Und Risiken bestehen, auch weil es Wissenslücken gibt. Zwar ist inzwischen einiges darüber bekannt, wie sich gentechnisch veränderte Pflanzen in der Umwelt Europas und Nordamerikas verhalten können, dieses Wissen lässt sich aber nicht einfach auf andere Regionen übertragen, meint Ingrid Nöh vom Umweltbundesamt:

    Wir haben ganz andere Bedingungen. Es werden ganz andere Pflanzen und Tiere nicht nur angebaut, sondern leben auch dort. Und die Wirkungen können völlig verschieden sein, sei es, dass andere Kreuzungspartner da sind, sei es, dass andere ja 'Nicht-Zielorganismen' betroffen sind, dass dort die Wirkung insgesamt anders sind, dass das Klima anders sind, die Bedingungen des Anbaus. Also, es gibt sehr verschiedene Faktoren, die da zu berücksichtigen sind. Und man kann keine Vergleiche ziehen.

    Daher sollen künftig Risikoabschätzungen erstellt werden, bevor etwa eine gentechnisch veränderte Maissorte in ein tropisches Land eingeführt wird. Auch wenn diese neue Regel für Saatgutfirmen ein Mehr an Aufwand bedeutet, hält Riccardo Gent von der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie sie für wichtig:

    Man muss gucken, welchen Einfluss hat denn die gentechnisch veränderte Kulturpflanze auf die jeweilige Umwelt. Das ist ja auch ein wichtiger Aspekt, der auch in Europa wie auch in den USA geprüft wird. Und wenn man dort Zentren der Biodiversität einer Kulturpflanze hat, ist es schon wichtig zu sehen, hat das einen Einfluss oder hat es keinen Einfluss.

    Doch ob das Ziel, die biologische Vielfalt zu schützen, auch erreicht wird, ist nicht sicher. Denn aus Sicht von Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace versuchen die USA, den Vorsorgeansatz des Cartagena-Protokolls zu unterlaufen. So haben die USA kürzlich die EU bei der Welthandelsorganisation verklagt, weil in der EU seit fünf Jahren keine gentechnisch veränderten Pflanzen mehr zugelassen worden sind. Ulrike Brendel:

    Im Fall des Gentechnikstreitfalls vor der WTO stehen sich sozusagen Handelsregelungen innerhalb der WTO und internationale völkerrechtliche Vereinbarungen gegenüber beziehungsweise behindern sich.

    Für Greenpeace ist die Sache klar:

    Die WTO darf ganz klar internationales Recht nicht sabotieren. Handelsrecht darf nicht vor Umweltrecht gestellt werden. Und internationale Umweltabkommen müssen den Vorrang haben.

    Zu welchem Urteil aber das Streitfall-Gremium der Welthandelsorganisation im nächsten Jahr kommen wird, ist eine andere Frage.