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"Bistum Limburg muss wieder zu sich finden"

Der Limburger Bischof Tebartz-van Elst wird einige Monate außerhalb seiner Diözese verbringen. Eine wichtige Zeit für das Bistum und für den Bischof selbst, findet Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Tebartz könne nicht gegen die Gläubigen Bischof sein.

Hans-Jochen Jaschke im Gespräch mit Peter Kapern | 24.10.2013
    Peter Kapern: War das der Versuch des Papstes, die Quadratur des Kreises zu schaffen? Gestern hat Franziskus entschieden, dass der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst Bischof von Limburg bleibt, allerdings eine Zeit außerhalb der Diözese verbringt. Was soll das heißen, fragen sich nun viele Katholiken, etwa dass Tebartz-van Elst bald wieder in Limburg ist? Das erscheint vielen Menschen in Limburg undenkbar. Bei uns am Telefon ist Hans-Jochen Jaschke, der Weihbischof von Hamburg. Guten Morgen!

    Hans-Jochen Jaschke: Ja guten Morgen!

    Kapern: Herr Bischof, was ist das nun, eine salomonische Entscheidung, die der Papst da getroffen hat, oder eher etwas, das in die Kategorie fällt "weder Fisch noch Fleisch", weil es ja das Problem nicht löst?

    Jaschke: Als ich das gestern Mittag um zwölf Uhr mitgeteilt bekam, auf einer Veranstaltung über eine Handy-Meldung, war ich sehr erleichtert, dass schnell eine Entscheidung getroffen worden ist. Aber wir müssen ja auch den Verstand behalten bei all dem. Wir sind doch in der Kirche kein totalitäres Regime. Entscheidungen müssen vorbereitet sein, begründet sein und auch dem einzelnen Menschen gerecht werden. Was jetzt geschehen ist, ist sehr eindeutig: Er bekommt eine Auszeit, der Limburger Bischof, von ein paar Monaten. Eine Zeit, die für das Bistum wichtig ist - man kann prüfen, was ist dort wirklich geschehen. Eine Zeit, die für ihn wichtig ist, damit er auch zu sich selber neu findet und sieht, was sein Weg ist. Und dann wird die Entscheidung getroffen werden, so gerecht wie möglich. Aber das, was gestern entschieden worden ist, ist eine erste wichtige Setzung, und ich denke, die schafft uns Erleichterung. Das heißt nicht, da soll Gras drüber wachsen, da soll was ausgesessen werden. Das wäre natürlich alles verkehrt. Aber wir brauchen doch eine gewisse Ruhe, um zu einem Urteil zu kommen. Wir sind doch kein System, wo ein römischer Kaiser den Daumen nach oben oder nach unten hält.

    Kapern: Gleichwohl bleibt ja festzuhalten, dass nun erst einmal alles in der Schwebe bleibt. Und wie skeptisch die Menschen in Limburg die Entscheidung im Vatikan betrachten, das haben wir ja gerade gehört. Wie lange kann das gut gehen?

    Jaschke: In der Schwebe bleibt ja nicht alles. Er nimmt sein Bischofsamt nicht wahr, der Bischof, für eine gewisse Zeit. Die Zeit muss man abwarten, die muss man bemessen. In Limburg geht das kirchliche Leben weiter, ein Generalvikar übernimmt die Dinge. Die Gemeinden sind selbständig und wissen, was Kirche-sein und kirchliches Leben bedeutet. Und ich hoffe, dass wir in nicht allzu langer Zeit, also ich denke, doch so in zwei Monaten, klar sehen können und dass es dann eine gute Entscheidung wird, eine Entscheidung, die ihm gerecht wird, dem Bischof, ihm und seiner Verantwortung. Der Bischof sieht ja auch, wie die Dinge stehen, und er sieht ja auch, dass er gegen die Gläubigen, gegen das Bistum, in dem er Bischof ist, nicht sein Amt ausüben kann.

    Kapern: Das Domkapitel in Limburg hat gestern, nachdem die Entscheidung aus dem Vatikan bekannt geworden war, einstimmig votiert gegen eine Rückkehr des Limburger Bischofs. Wie bewerten Sie das? Ist das eine Revolte gegen den Vatikan, ein Aufstand gegen den doch zögerlichen Beschluss des Papstes?

    Jaschke: Zögerlich ist der Beschluss nicht. Ich denke, er ist klug, er folgt jetzt sehr schnell und er schafft erst einmal Zeit, damit geprüft wird. Was in Limburg geschehen ist jetzt in den letzten Wochen, das ist natürlich schon einmalig, dass viele Menschen aufstehen und sagen: Nein, so kann es nicht weitergehen. Und dass das Domkapitel sich in dieser Deutlichkeit gegen den Bischof ausspricht, das haben wir auch noch nicht so erlebt, jedenfalls in überschaubaren Zeiten. Ja, das sind Äußerungen, Willensäußerungen, gut, dass die das auch so klar sagen. Sie werden ihre Gründe haben. Trotzdem …

    Kapern: Aber es ist doch historisch einmalig, nicht wahr?

    Jaschke: Es ist einmalig offenbar. Aber es muss doch alles geprüft werden. Wir sind doch kein Unrechtssystem, wo willkürlich dann eine Entscheidung von heute auf morgen getroffen werden kann. Aber die Äußerung gestern, sie war sicherlich aus der Sicht des Kapitels und auch im Blick auf die Stimmungslage im Bistum wichtig.

    Kapern: Herr Bischof, lassen Sie mich die Frage noch mal so herum formulieren: Ist es für Sie vorstellbar nach Lage der Dinge, dass Franz-Peter Tebartz-van Elst als Bischof nach Limburg zurückkehrt?

    Jaschke: Das sind immer die berühmten Fragen. Vorstellbar ist vieles, aber ich denke, nach dem, was jetzt geschehen ist, wird der Bischof selber sehen, dass eine kluge Entscheidung bedeutet, dass er nicht gegen die Gläubigen im Bistum Bischof sein kann.

    Kapern: Lassen Sie uns noch kurz auf einen anderen Aspekt des Themas blicken. Gestern gab es Berichte vom Niederrhein darüber, dass Mitglieder der Familie des Limburger Bischofs, die dort leben, mittlerweile Morddrohungen erhalten. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie so etwas hören?

    Jaschke: Das ist natürlich unmöglich und ich muss bei allem Ärger, den ich auch habe über die Limburger Geschichten, sagen: Diese Hatz, die in Presseorganen in den letzten Wochen gelaufen ist, die ist schon menschenunwürdig. Das sollten wir als kultivierte Menschen nicht machen. Natürlich braucht es mal Druck der Öffentlichkeit, aber eine Hatz auf Menschen und jetzt auf seine Angehörigen, auf seinen Bruder und auf die Mutter, das ist unwürdig und unerträglich und auch unchristlich in jeder Hinsicht.

    Kapern: Was wäre Ihr Rat im Umgang mit der Causa Tebartz-van Elst, wenn Sie solche Dinge hören?

    Jaschke: Ja, jetzt nicht nur abwarten, mutig und entschieden klären. Die Kirche in Limburg, das Bistum Limburg muss wieder zu sich finden, zur Ruhe kommen, und dann wird es eine gute Lösung geben. Der Bischof ist nicht alles in der Kirche, der Papst auch nicht.

    Kapern: Der Weihbischof von Hamburg, Hans-Jochen Jaschke, heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk. Herr Jaschke, ich danke Ihnen vielmals für das Gespräch und dass Sie Zeit für uns hatten.

    Jaschke: Ja, bitte sehr!

    Kapern: Einen schönen Tag noch!

    Jaschke: Danke, ebenso. Tschüß!


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