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BKA in der Edathy-Affäre
CSU-Politiker warnt vor Verschwörungstheorien

In der Edathy-Affäre gibt es neue Vorwürfe gegen das Bundeskriminalamt, demnach hätte das BKA früher von dem Verdacht gegen Edathy wissen können. Gegenüber dem Untersuchungsausschuss habe der BKA-Präsident "mit Sicherheit nicht die Unwahrheit gesagt", sagte Stephan Mayer (CSU) im DLF. Die Frage sei, ob er den Vorgang hätte erwähnen müssen.

Stephan Mayer im Gespräch mit Tobias Armbrüster | 22.03.2014
    Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer spricht bei einem Statement vor einem Sitzungssaal in mehrere hingehaltene Mikrofone.
    Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer kann sich nicht erklären, dass der BKA-Präsident Ziercke irgendetwas zu verstecken hätte. (dpa / Bernd von Jutrczenka)
    Tobias Armbrüster: Wann genau wusste das Bundeskriminalamt Bescheid über Sebastian Edathy und seine Online-Bestellungen von Kinderbildern, von Bildern von Kindern, die nackt sind? Bisher hatte BKA-Chef Jörg Ziercke immer beteuert, dies sei erst im Herbst letzten Jahres geschehen, Ende 2013 also, er ist dieser Linie auch bei drei Befragungen im Innenausschuss des Bundestags treu geblieben. Heute nun erfahren wir, dass BKA-Mitarbeiter schon ein Jahr früher, nämlich 2012 über einen entsprechenden Vermerk gestolpert sind, und zwar im Zusammenhang mit einer ganz anderen Ermittlung.
    Hätte das BKA früher auf Edathy stoßen können? - Beitrag von Christel Blanke (Audio)
    Und am Telefon ist jetzt Stephan Mayer, Abgeordneter der CSU, Mitglied im Deutschen Bundestag und Mitglied im Innenausschuss dort. Schönen guten Tag, Herr Mayer!
    Stephan Mayer: Guten Tag, grüß Gott!
    Armbrüster: Herr Mayer, hat Jörg Ziercke Sie und die anderen Mitglieder im Innenausschuss angelogen?
    Mayer: So weit würde ich wirklich nicht gehen. Er hat mit Sicherheit nicht die Unwahrheit gesagt, die Frage ist, ob er diesen Vorgang hätte erwähnen müssen. Er wird auf jeden Fall ein viertes Mal jetzt zu uns in den Innenausschuss kommen. Ich warne ein bisschen davor, hier vorschnell Schlüsse zu ziehen, dass es eine bewusste Verschleierung im BKA gegeben hätte oder gibt bezüglich der Person des ehemaligen Abgeordneten Edathy. Und was mir auch so ein bisschen missfällt, muss ich auch schon in aller Deutlichkeit sagen, dass man jetzt wirklich sukzessive versucht, hier eine BKA-Affäre zu inszenieren, an sich aber tatsächlich der Ursprung des Ganzen die Edathy-Affäre ist. Also, man verliert so ein bisschen aus dem Blick, um was es eigentlich geht, nämlich um meines Erachtens moralisch hoch vorwerfbares Verhalten des ehemaligen Bundestagskollegen der SPD, und versucht wird jetzt hier an Verschwörungstheorien. Also, ich bin da immer noch etwas zurückhaltend. Ich finde es richtig, dass der BKA-Präsident Ziercke auch ein viertes Mal zu uns in den Innenausschuss kommt, möchte aber auch dazu sagen, wir haben im Innenausschuss auch andere Themen, wichtige Themen zu behandeln.
    "Es ging in diesem konkreten Fall um einen möglichen Verdacht eines Sprengstoffanschlags"
    Armbrüster: Ja, Herr Mayer, über den eigentlichen Fall Edathy haben wir hier im Deutschlandfunk ausführlich berichtet und wir berichten natürlich auch nach wie vor darüber. Aber hier geht es eben jetzt doch mal wieder um Jörg Ziercke und das BKA. Ich meine, viele Leute fragen sich an diesem Samstagmittag: Der Mann wurde dreimal intensiv befragt, er hat dabei kein einziges Mal von diesem interessanten Detail berichtet. Hat er etwas zu verstecken?
    Mayer: Ich kann es mir nicht erklären, dass der BKA-Präsident Ziercke irgendetwas zu verstecken hätte. Ich bin da wirklich kein Anhänger von Verschwörungstheorien. Es scheint ja jetzt in diesem konkreten Fall so zu sein, dass ganz andere Mitarbeiter, die also mit den Ermittlungen der "OP Selm" überhaupt nicht befasst waren, in der es um die kinderpornografische Inhalte ging, die aus Kanada den BKA-Mitarbeitern übermittelt wurden, sondern es ging in diesem konkreten Fall um einen möglichen Verdacht eines Sprengstoffanschlags auf den Edathy. Und offenbar mit …
    Armbrüster: Ja, aber trotzdem wurde dabei dokumentiert, dass diese Mitarbeiter eben auch über die Betreffzeile gestolpert sind: "Edathy Ermittlungen Kinderpornografie".
    Mayer: Ja, ob sie darüber gestolpert sind, das wird man mit Sicherheit dann auch im Innenausschuss noch mal versuchen herauszufinden. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass nicht nur der BKA-Präsident Ziercke zu uns in den Innenausschuss kommt, sondern auch die betreffenden Mitarbeiter, die in einer ganz anderen Abteilung arbeiten mit ganz anderen Schwerpunktsetzungen. Und ob es denen hätte auffallen müssen, dass in der Betreffzeile steht "Kinderpornografie" … Mehr war ja offenbar nicht zu sehen, es war aus diesem Betreff auch nicht zu schließen, dass gegen den Edathy ermittelt wird, sondern es war nur eine Vorgangsnummer mit einer einzeiligen Betreffzeile. Ja, dem werden wir nachgehen, ob hier die Mitarbeiter hätten Rückschlüsse ziehen müssen und dann, obwohl es nicht ihren Aufgabenbereich betrifft, dann die Kollegen, die für Kinderpornografie zuständig sind, dann entsprechend kontaktieren müssen. Das wird man alles versuchen herauszufinden. Ich bin da ja auch für jegliche weitere Recherche und Untersuchung auch sehr, sehr offen. Ich warne …
    "Grundsätzliches Vertrauen"
    Armbrüster: Ja, Herr Mayer, aber wie sicher können Sie denn sein, dass Herr Ziercke dann beim vierten Mal im Innenausschuss wirklich alles sagt?
    Mayer: Meine Herangehensweise ist die, dass ich zunächst mal gegen Behördenchefs insbesondere von Sicherheitsbehörden und auch deren Mitarbeiter ein grundsätzliches Vertrauen entgegenbringe. Ich sehe keinen Grund, warum Herr Ziercke uns irgendwie die Wahrheit vorenthalten sollte. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass bewusst im BKA die Entscheidung getroffen wurde, den Edathy da auszulassen und Ermittlungen gegen ihn zu unterlassen. Mir erschließt sich nicht der mögliche Grund, warum man dies hätte machen sollen, warum man den Edathy hätte schonen sollen. Und ich bin natürlich der Meinung, man muss dem weiter nachgehen, keine Frage. Wir sind aber im Innenausschuss kein BKA-Untersuchungsausschuss. Ob dann noch mal ein eigener Untersuchungsausschuss kommt, wird man sehen. Wir werden mit Sicherheit seitens der CDU/CSU nichts verhindern, aber ich bitte da schon auch immer so ein bisschen, die Verhältnismäßigkeit zu wahren.
    Armbrüster: Stephan Mayer war das, der CSU-Abgeordnete im Deutschen Bundestag und Mitglied im Innenausschuss dort, zu neuen Vorwürfen gegen BKA-Chef Jörg Ziercke rund um die Ermittlungen in Sachen Sebastian Edathy. Besten Dank, Herr Mayer, für das Gespräch an diesem Samstagmittag!
    Mayer: Alles Gute, Wiederhören!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.