
Bis zu 50 Prozent Rabatt! Begrenztes Angebot! Kaufe jetzt, zahle später! Zum Black Friday locken Händler mit scheinbar unwiderstehlichen Schnäppchen – und das schon Tage vorher, mit Werbung für die Black Week oder die Black Season.
Während sich manche die neue Waschmaschine oder den energiesparenden Kühlschrank vielleicht nur mit Rabatt leisten können, kaufen viele am Black Friday über ihren Bedarf und teils auch über ihre Verhältnisse hinaus. Wieso verfallen wir dem Konsumrausch so häufig? Und wie schaffen wir, nur das zu kaufen, was wir wirklich wollen? Ein Blick auf die Psychologie hinter dem Online-Marketing.
Die psychologischen Taktiken hinter den Black-Friday-Deals
Warum 100 Euro für etwas bezahlen, dass man auch für 70 haben kann? Das Schnäppchen zu machen, fühlt sich einfach besser an, denn hierbei werden Belohnungssysteme im Gehirn aktiviert und sorgen für den "Adrenalinkick". Dann kann der Kaufimpuls die Vernunft übersteigen. Marketingexperten wissen das und stimulieren ganz gezielt unseren Kaufimpuls.
Gerade am und vor dem Black Friday werden psychologische Tricks eingesetzt, um uns zum Kaufen zu animieren.
- "Das Angebot endet in 15 Minuten": Einige Händler setzen auf den sogenannten „Countdown-Button“. Das Ziel: Statt nach Alternativen zu suchen, soll der Konsument schnell handeln.
- "Nein, ich verzichte auf meinen Rabatt und zahle lieber mehr": Solche Aussagen werden im Online-Marketing als „Confirmshaming“ bezeichnet. Mit gezielten negativen Formulierungen soll der Konsument zu gedrängt werden, bestimmten Angebotsbedingungen zuzustimmen, etwa dem Abonnement eines Newsletters.
- "30 Menschen schauen sich gerade diese Jacke an": Marketing-Methoden wie „Social Proof“ sollen Vertrauen schaffen und das Gefühl vermitteln, dass ein Produkt begehrt und beliebt ist. Gleichzeitig wird suggeriert: Greif zu, sonst schnappt dir jemand das Produkt vor der Nase weg.
Bei allen Methoden wird Druck aufgebaut: Statt einen Kauf noch einmal zu überdenken, sollen die Konsumenten sofort zuschlagen – nämlich dann, wenn der erste Adrenalinkick für ein Schnäppchen noch wirkt.
Das Gehirn werde am Black Friday mit Reizen überflutet, sagt der Psychologe Renanto Poespodihardjo: „Es hat Angst, ein Schnäppchen zu verpassen.“
Das normale Konsumverhalten, das sich am Bedarf orientiert, werde hier ausgehebelt. Stattdessen gehe es primär darum, Bedürfnisse und das Belohnungssystem im Gehirn zu aktivieren. “Das Gefühlsgehirn ist jetzt so dominant, dass unser Vernunftgehirn gar keine Chance hat, unser Verhalten zu regulieren.”
Wenn das Schnäppchen gar keins ist
Obwohl Rabatte rund um den Black Friday groß beworben werden, fällt die tatsächliche Ersparnis oft gering aus – oder fehlt ganz. Im Schnitt waren in den vergangenen Jahren die meisten Produkte in dieser Zeit 5 bis 7 Prozent günstiger als im Monat davor. Ein Viertel der Produkte war anders als behauptet genauso teuer wie vorher.
Möglich ist das, wenn Preise vorher noch mal erhöht werden, um Produkte dann wieder günstiger anzubieten. Oft wird auch die unverbindliche Preisempfehlung als Referenz angeboten, also der Preis, den der Hersteller empfiehlt. Dieser ist aber von Anfang an oft höher als der Preis im Laden. Jan Pohlmann vom Fachmagazin „Finanztip“ rät deshalb zum Blick auf Preisvergleichsportale, die einen Überblick über Preise und Händler bieten.
Die Gefahren des Konsumrausches
Wenn der Kaufrausch groß ist und die Vernunft ausgeschaltet, steigt auch das Risiko, zu viel zu kaufen, was wir eigentlich nicht benötigen, und zu viel Geld auszugeben, das wir eigentlich nicht haben. Verbraucherschützer warnen davor, Produkte auf Pump zu kaufen – nach dem Prinzip „Buy Now, Pay Later“ oder mit Ratenzahlungen. Gerade online ist dies einfach möglich, etwa durch Zahlungsanbieter wie Klarna oder Afterpay, die viele Händler nutzen. Hier drohen die Konsumenten, in die Kreditfalle zu tappen. Zudem sind die Zinsen oft um ein Vielfaches höher als das, was die Bank verlangen würde.
Ab und an einen Impulskauf zu tätigen, ist normal, so die Einschätzung von Psychologe Renanto Poespodihardjo, der an den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel auf Abhängigkeitserkrankungen spezialisiert ist. Problematisch werde es, wenn der Konsum zur Kompensation negativer Gefühle genutzt wird.
Poespodihardjo spricht von einer Kaufsucht, einer Erkrankung des Gehirns, wenn drei zentrale Kriterien erfüllt sind: Kontrollverlust, gedankliche Vereinnahmung und Schaden. Wer also immer wieder kauft, obwohl er es nicht braucht, ständig ans Schnäppchenjagen denkt und wenn der Konsum für Streit mit Angehörigen oder unbezahlte Rechnungen sorgt, sollte man sich Hilfe holen, etwa bei Beratungsstellen der Suchthilfe oder Psychotherapeuten, die kognitive Verhaltenstherapie anbieten.
Wie sich Impulskäufe vermeiden lassen
Um nicht dem Kaufrausch zu verfallen, ist das Wissen über Marketing-Tricks hinter den gängigen Rabatt-Botschaften und ihre Wirkung schon mal ein erster Schritt. Wer weiß, dass er zum Konsum gedrängt werden soll, kann bewusst innehalten und sich die Zeit nehmen, einen Kauf zu überdenken. Dann ist der erste Adrenalinkick vielleicht schon abgeklungen, der durch die Belohnungserwartung ausgelöst wurde.
Um dem Kaufimpuls entgegenzuwirken, kann es hilfreich sein, das Produkt in den Warenkorb zu legen und erst am nächsten Tag wieder anzuschauen, meint Jan Pohlmann von „Finanztip“. Dann bleibt auch Zeit, um Preise zu vergleichen und eine vernunftbasierte Kaufentscheidung zu treffen. Wer gezielt von Black-Friday-Angeboten profitieren wolle, dem rät Pohlmann außerdem, sich schon vorab eine Liste mit Produkten zu machen, die man braucht.
Dann könne Einkaufen am Black Friday auch sinnvoll sein, so Pohlmann. Denn es gebe viele Produkte, die in dieser Zeit zu wirklich günstigen Preisen angeboten werden. Gerade bei größeren Anschaffungen könnten Konsumenten, wenn sie gut vergleichen, Geld sparen.
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