Schweigler: Die beiden werden sich voraussichtlich vor allem darauf verständigen müssen, wie es nach dem 30. Juni, das heißt dem Termin, an dem die Souveränität wieder an den Irak zurückgegeben werden soll, dort weitergehen soll. Dazu gibt es bisher relativ wenige Vorstellungen. Der UN-Delegierter Herr Brahimi hat eine Skizze vorgelegt, ich vermute, dass die beiden sich vor allem darüber verständigen werden müssen.
Simon: Sehen Sie da eine Kontroverse?
Schweigler: Nein. Herr Blair hat sich bisher sehr treu an die Seite der Vereinigten Staaten gestellt. Er hat zum Beispiel auch noch einmal die neue Initiative Israels in Sachen Rückzug aus dem Gazastreifen unterstützt, die von amerikanischer Seite auch Unterstützung fand. Die beiden stehen ziemlich eng beieinander. Von daher glaube ich nicht, dass es zu Kontroversen kommen wird.
Simon: Am Wochenende hatten mehrere britische Zeitungen berichtet, dass Blair versuchen wolle, für die UN eine stärkere, wichtige Rolle im Irak zu erreichen. Sie sprachen es gerade an, George Bush hat sich in dieser Woche ja als ein Mann ohne große Selbstzweifel präsentiert. Was kann denn Blair in dieser Situation erreichen?
Schweigler: Ich glaube nicht, dass es in diesem Punkt einen großen Streit gegen könnte zwischen den Vereinigten Staaten und England, denn auch die USA, die Bush-Administration, sind daran interessiert, dass die Vereinten Nationen eine stärkere Rolle im Irak spielen. Je stärker der Druck, auch vor allen Dingen der Aufstandsdruck auf die Amerikaner wird, desto stärker ist man daran interessiert, diesen Druck zu mindern und sich selbst vielleicht auch ein wenig aus der Schusslinie zu befreien. Von daher könnte es eigentlich wenig Widersprüche geben. Der Teufel steckt hier wie immer im Detail: Wie genau soll hier an wen die Souveränität übergeben werden und wie soll es dann im Irak werden? Das sind sehr schwierige Fragen.
Simon: Sehen Sie die Möglichkeit, dass Tony Blair nach diesem Treffen auch im amerikanischen Auftrag verstärkt auch in Europa versuchen wird, Verbündete im Irak zu finden?
Schweigler: Das mag er versuchen. Ich fürchte nur, dass er, so wie der Stand der Dinge im Augenblick ist, wenig Erfolg dabei haben wird. Spanien wird sich wahrscheinlich militärisch aus dem Irak zurückziehen, andere Verbündete vor allem auch in Osteuropa könnten folgen. Tony Blair mag versuchen, hier von europäischer Seite aus Druck oder Einfluss auf seine europäischen Verbündeten zu nehmen, aber ob das viel Erfolg haben wird, halte ich für sehr zweifelhaft.
Simon: Abgesehen von dem Treffen mit Bush hat Blair gestern Abend auch Kofi Annan getroffen. War das jetzt nur ein strategischer Fototermin oder ist da mehr dahinter?
Schweigler: Man hat den Eindruck, ohne dass ich es im einzelnen natürlich wüsste, dass einiges im Hintergrund läuft. Es gibt heute zum Beispiel Berichte, dass sich zuletzt auf Veranlassung englischer Diplomaten eine Delegation iranischer Diplomaten in Bagdad eingetroffen ist, um Verhandlungen mit den Schiiten zu führen über eine Lösung der Probleme zwischen den amerikanischen Militärs und der radikale Schiitenführung, und dies hat offensichtlich schon Erfolge gezeigt. Hierzulande liest man, dass die amerikanische Administration durchaus wohlwollend den englischen Bemühungen an diesem Punkt zugestimmt hat, obwohl es natürlich zwischen Teheran und Washington nicht die besten Verbindungen gibt. Wie gesagt, offensichtlich läuft da einiges im Hintergrund und vielleicht mag ja auch bei Blairs Gespräch mit Kofi Annan einiges an solchen Dingen angesprochen und vielleicht auch angedacht worden sein.
Simon: Sie sagten eingangs: nach außen hin auf jeden Fall ein Schulterschluss zwischen Blair und Bush. Nun hat die britische Regierung in der Vergangenheit immer für eine faire Lösung des Palästinaproblems plädiert. Nachdem sich George Bush nun ganz klar auf die Seite von Ariel Scharon gestellt hat, inwieweit ist das eine Brüskierung auch von Tony Blair und dessen Politik?
Schweigler: Die Reaktionen, so wie sie zumindest heute aus London zu hören waren, lassen nicht erkennen, dass Blair sich brüskiert fühlen könnte. Da muss man jetzt auch einfach abwarten, wie das in Israel weitergeht. Der amerikanische Präsident, der in seiner Pressekonferenz ja noch einmal betont hat, er sei ein Mann der echten Worte und er stünde zu dem, was er sagt, hat offensichtlich zu erkennen gegeben, dass in Israel und dem Konflikt mit Palästina nun irgendwie den Realitäten am Boden Rechnung getragen werden müsse, und der englische Premierminister hat sich dem wohl angeschlossen. Was am Ende dabei herauskam und wie viel Druck auf Israel gemacht werden kann, damit Israel selbst weitere Zugeständnisse an Palästina, an die Palästinenser macht, bleibt abzuwarten, und da wird der englische Premier sicherlich sehr aktiv bleiben.
Simon: Wie ist denn Ihre Erfahrung: Nach außen geschlossen, aber intern gibt es dann doch Initiativen von britischer Seite - ist das ein Muster in der Beziehung Blair-Bush?
Schweigler: Ja, es ist ein Leitmotiv der Arbeitsteilung, das heißt es gibt Dinge, die Blair besser machen kann als Bush, es gibt Dinge, die man von europäischer Seite leichter vorantreiben kann als von amerikanischer, Dinge, wo die europäische Diplomatie, zumal die englische, einfach auch bessere Beziehungen und Erfahrungen hat. Auf amerikanischer Seite hat man sich vielleicht so langsam darauf eingestellt, dass dies so ist, und versucht nun, dies auszunutzen und entsprechende Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Simon: Sehen Sie da eine Kontroverse?
Schweigler: Nein. Herr Blair hat sich bisher sehr treu an die Seite der Vereinigten Staaten gestellt. Er hat zum Beispiel auch noch einmal die neue Initiative Israels in Sachen Rückzug aus dem Gazastreifen unterstützt, die von amerikanischer Seite auch Unterstützung fand. Die beiden stehen ziemlich eng beieinander. Von daher glaube ich nicht, dass es zu Kontroversen kommen wird.
Simon: Am Wochenende hatten mehrere britische Zeitungen berichtet, dass Blair versuchen wolle, für die UN eine stärkere, wichtige Rolle im Irak zu erreichen. Sie sprachen es gerade an, George Bush hat sich in dieser Woche ja als ein Mann ohne große Selbstzweifel präsentiert. Was kann denn Blair in dieser Situation erreichen?
Schweigler: Ich glaube nicht, dass es in diesem Punkt einen großen Streit gegen könnte zwischen den Vereinigten Staaten und England, denn auch die USA, die Bush-Administration, sind daran interessiert, dass die Vereinten Nationen eine stärkere Rolle im Irak spielen. Je stärker der Druck, auch vor allen Dingen der Aufstandsdruck auf die Amerikaner wird, desto stärker ist man daran interessiert, diesen Druck zu mindern und sich selbst vielleicht auch ein wenig aus der Schusslinie zu befreien. Von daher könnte es eigentlich wenig Widersprüche geben. Der Teufel steckt hier wie immer im Detail: Wie genau soll hier an wen die Souveränität übergeben werden und wie soll es dann im Irak werden? Das sind sehr schwierige Fragen.
Simon: Sehen Sie die Möglichkeit, dass Tony Blair nach diesem Treffen auch im amerikanischen Auftrag verstärkt auch in Europa versuchen wird, Verbündete im Irak zu finden?
Schweigler: Das mag er versuchen. Ich fürchte nur, dass er, so wie der Stand der Dinge im Augenblick ist, wenig Erfolg dabei haben wird. Spanien wird sich wahrscheinlich militärisch aus dem Irak zurückziehen, andere Verbündete vor allem auch in Osteuropa könnten folgen. Tony Blair mag versuchen, hier von europäischer Seite aus Druck oder Einfluss auf seine europäischen Verbündeten zu nehmen, aber ob das viel Erfolg haben wird, halte ich für sehr zweifelhaft.
Simon: Abgesehen von dem Treffen mit Bush hat Blair gestern Abend auch Kofi Annan getroffen. War das jetzt nur ein strategischer Fototermin oder ist da mehr dahinter?
Schweigler: Man hat den Eindruck, ohne dass ich es im einzelnen natürlich wüsste, dass einiges im Hintergrund läuft. Es gibt heute zum Beispiel Berichte, dass sich zuletzt auf Veranlassung englischer Diplomaten eine Delegation iranischer Diplomaten in Bagdad eingetroffen ist, um Verhandlungen mit den Schiiten zu führen über eine Lösung der Probleme zwischen den amerikanischen Militärs und der radikale Schiitenführung, und dies hat offensichtlich schon Erfolge gezeigt. Hierzulande liest man, dass die amerikanische Administration durchaus wohlwollend den englischen Bemühungen an diesem Punkt zugestimmt hat, obwohl es natürlich zwischen Teheran und Washington nicht die besten Verbindungen gibt. Wie gesagt, offensichtlich läuft da einiges im Hintergrund und vielleicht mag ja auch bei Blairs Gespräch mit Kofi Annan einiges an solchen Dingen angesprochen und vielleicht auch angedacht worden sein.
Simon: Sie sagten eingangs: nach außen hin auf jeden Fall ein Schulterschluss zwischen Blair und Bush. Nun hat die britische Regierung in der Vergangenheit immer für eine faire Lösung des Palästinaproblems plädiert. Nachdem sich George Bush nun ganz klar auf die Seite von Ariel Scharon gestellt hat, inwieweit ist das eine Brüskierung auch von Tony Blair und dessen Politik?
Schweigler: Die Reaktionen, so wie sie zumindest heute aus London zu hören waren, lassen nicht erkennen, dass Blair sich brüskiert fühlen könnte. Da muss man jetzt auch einfach abwarten, wie das in Israel weitergeht. Der amerikanische Präsident, der in seiner Pressekonferenz ja noch einmal betont hat, er sei ein Mann der echten Worte und er stünde zu dem, was er sagt, hat offensichtlich zu erkennen gegeben, dass in Israel und dem Konflikt mit Palästina nun irgendwie den Realitäten am Boden Rechnung getragen werden müsse, und der englische Premierminister hat sich dem wohl angeschlossen. Was am Ende dabei herauskam und wie viel Druck auf Israel gemacht werden kann, damit Israel selbst weitere Zugeständnisse an Palästina, an die Palästinenser macht, bleibt abzuwarten, und da wird der englische Premier sicherlich sehr aktiv bleiben.
Simon: Wie ist denn Ihre Erfahrung: Nach außen geschlossen, aber intern gibt es dann doch Initiativen von britischer Seite - ist das ein Muster in der Beziehung Blair-Bush?
Schweigler: Ja, es ist ein Leitmotiv der Arbeitsteilung, das heißt es gibt Dinge, die Blair besser machen kann als Bush, es gibt Dinge, die man von europäischer Seite leichter vorantreiben kann als von amerikanischer, Dinge, wo die europäische Diplomatie, zumal die englische, einfach auch bessere Beziehungen und Erfahrungen hat. Auf amerikanischer Seite hat man sich vielleicht so langsam darauf eingestellt, dass dies so ist, und versucht nun, dies auszunutzen und entsprechende Hilfe in Anspruch zu nehmen.