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Blitzschnelles Echo

Mal extreme Hitze, mal Gewitter und Sturm. Das turbulente Wetter der vergangenen Wochen hat vielen Versicherern die Bilanz verhagelt. Geschädigte bekommen ihr Geld - aber dazu vielfach auch die Kündigung. Einen neuen Versicherer zu finden, wird dann schwer.

Von Thomas Wagner | 09.08.2013
    Blitz, Donner, Starkregen, Hagel: Häufiger als in den Jahren zuvor zeigt sich das Wetter auch hierzulande von seiner unschönen Seite. Und häufiger als in den Jahren zuvor zeigen sich auch im Schadensfall viele Versicherungen von ihrer unschönen Seite.

    "In einem Fall war es ein Versicherungsnehmer, der nach Bestehen eines Versicherungsvertrages von 40 Jahren einen Schaden über 180 Euro gemeldet hat. Daraufhin hat die Versicherung dem Versicherungsnehmer gekündigt."

    wobei, so Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, der Schaden von gerade mal 180 Euro am Gebäude des Betroffenen als Folge eines Gewitters entstand. In diesem Fall spielten dann die 40 schadenfreien Jahre zuvor keine Rolle mehr; der Häuslebesitzer aus Baden-Württemberg bekam von seiner Versicherung den blauen Brief mit der Vertragskündigung. Und dies ist gerade in diesem Jahr, wo es häufig blitzt und donnert, aus Kübeln gießt und hagelt, kein Einzelfall:

    "Das ist etwas, was wir in der letzten Zeit von immer mehr Versicherten in immer häufigeren Fällen sehen, dass zum einen in einem Schadenfall außerordentlich gekündigt wird. Das darf der Versicherer. Das dürfen auch die Versicherungsnehmer. Aber eben auch, dass Versicherungen zunehmend ordentlich kündigen."

    Häufig sind Wohngebäude- oder Elementarschadensversicherungen nämlich auf ein Jahr abgeschlossen und verlängern sich stets automatisch - nur eben dann nicht, wenn die Versicherung kündigt. Das bringt viele Verbraucher nach Darstellung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ordentlich in Bedrängnis. Denn der Abschluss eines neuen Vertrages bei einer anderen Versicherung ist in solchen Fällen gar nicht so einfach. Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erklärt, warum:

    "Es gibt einen Datenpool der Versicherer, auf den können die Versicherer zurückgreifen. Und in diesen Datenpool kann auch eingepflegt werden, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer gekündigt hat. Das ist eben dann keine Eintritts-Visitenkarte, wenn man eben einen neuen Versicherer sucht."

    Denn mit solch einem Eintrag im Datenpool werden Verbraucher, die bei einem neuen Anbieter eine Gebäudeversicherung abschließen wollen, nach den Erfahrungen der Verbraucherzentrale nicht selten entweder gleich abgelehnt oder erhalten deutlich schlechtere Vertragskonditionen. Für Verbraucherschützer Peter Grieble ist das ein Ärgernis sondergleichen, obgleich der Eintrag mit dem Hinweis auf den Schadensfall in den zentralen Datenpool der Versicherungen rechtmäßig ist.

    "Das Geschäft von Versicherern ist die Übernahme von Schäden. Es ist kein gutes Zeichen, wenn die Versicherer dann, wenn ein Schaden aufgetreten ist, einem kündigen."

    Doch Lamentieren alleine hilft nichts. Deshalb suchten in der Vergangenheit einige Betroffene von sich aus das Gespräch mit ihren Versicherungen und boten, um einem Rausschmiss aus der Gebäudeversicherung zuvorzukommen, entweder höhere Beiträge oder einen höheren Selbstbehalt an. Das empfindet Verbraucherschützer Peter Grieble aber als unbefriedigend. Er rät Versicherungsnehmern dazu, in solchen Fällen von sich aus zu kündigen.

    "Und ich rate auf jeden Fall, so etwas auch zum Anlass zu nehmen, dass man schaut, was wird am Markt geboten? Gibt es nicht bessere Angebote von anderen Versicherungen?"

    Das funktioniert aber nur, wenn der Betroffene selbst kündigt. Dann nämlich darf die Versicherung keinen Eintrag im zentralen Datenpool vornehmen.

    "Insofern habe ich bessere Karten und kann besser verhandeln mit den Nachversicherern."

    Als problematisch hat sich gerade in diesem Jahr aus Sicht der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg eine weitere Regelung erwiesen: Demnach gibt es für die Versicherungen keine Verpflichtung, ein Gebäude auch tatsächlich zu versichern.

    "Diese nicht-versicherbaren Gebäude stehen größtenteils in der Nähe von Gewässern, sodass insbesondere die Gefahr der Überschwemmung dazu führt, dass das Gebäude Schaden nimmt und Versicherer dann einen Vertragsabschluss ablehnen."

    Das kann im Extremfall die Eigentümer von Häusern in Ufernähe von Flüssen oder Seen in den Ruin treiben, wenn ihnen kein einziges Unternehmen Versicherungsschutz gewährt. Solche Fälle gab es im Zuge des Jahrhundertwassers in Bayern und in Ostdeutschland zuhauf. Zwar wurden staatliche Hochwasserhilfen zur Schadensregulierung bezahlt. Allerdings: Auf solche Hilfszahlungen besteht bei den nächsten Hochwässern kein Rechtsanspruch. Aus all dem ergeben sich für die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zwei politische Forderungen: Demnach müssten die Versicherungen in ihrem Recht, nach einem Schadensfall außerordentliche Kündigungen auszusprechen, beschnitten werden. Und zum anderen müsse, auch vor dem Hintergrund zunehmender Extremwetterereignisse, über eine Gebäude-Pflichtversicherung mit Staatshaftung nachgedacht werden, …

    "… sodass jeder einen Versicherungsschutz hat, Wohngebäude und Elementarschäden in Bezug auf Überschwemmung und Erdbeben, dass aber niemand überfordert wird als Versicherungsnehmer, auch nicht als Versicherer, weil da eben eine entsprechende Staatshaftungskomponente im Hintergrund wäre, die einen Ausgleich für alle Gruppen schaffen würde."