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Bloc Party - "Hymns"
Wiedergeburt der Totgesagten

Die britische Indierock-Band Bloc Party hatten viele schon abgeschrieben. Nach dem Ausstieg zweier Bandmitglieder und der erfolgreichen Solokarriere von Sänger Kele Okereke schien die Auflösung unmittelbar bevorzustehen. Doch jetzt ist die Band zurück: mit neuer Besetzung, neuem Sound und neuem Album.

Von Anke Behlert | 23.01.2016
    Kele Okereke, Sänger der britischen Band Bloc Party, beim Lowlands Festival in den Niederlanden am 17.08.2012.
    Die britische Band Bloc Party meldet sich mit einem neuen Album zurück. (picture alliance / dpa / Paul Bergen)
    Kele Okereke ist übermüdet. In einem anonymen Berliner Bürogebäude gibt der Bloc Party-Frontmann an diesem grauen Dezembertag ein Interview nach dem anderen. Am Abend geht's weiter nach Brüssel, morgen dann das Gleiche von vorn in einer anderen Stadt. Wenn er aber über das neue Bloc Party Album "Hymns" spricht, ist die Müdigkeit kurz vergessen. Nach der Trennung von Bassist und Schlagzeuger, war erstmal nicht klar, ob die Band weiter existieren würde. Aber die neuen Songs haben Kele und Gitarrist Russell Lissack inspiriert und der Band neues Leben eingehaucht.
    "Wir waren erst nicht sicher, ob wir als Band weitermachen sollen. Aber mit Russell Musik zu machen, ist einfach großartig. Er zeigt mir immer noch völlig neue Dinge. Wir haben gemerkt, dass wir mit Bloc Party noch nicht fertig sind. Es ist noch Leben in dieser Band deshalb machen wir weiter."
    Neuer, gemäßigter Sound
    Bassist und Schlagzeuger sind mittlerweile ersetzt, die ersten Konzerte in neuer Besetzung wurden auch schon gespielt. Bei der Gelegenheit haben Bloc Party den Fans auch einige der neuen Songs vorgestellt, deren Sound sich von den älteren Stücken deutlich unterscheidet. Auf "Hymns" gibt es nicht mehr die bislang für Bloc Party typische, fieberhafte Dringlichkeit in den Songs. Es geht gemäßigter zu. Für Kele Okereke ist das eine Reaktion auf das letzte Album "Four":
    "Das letzte Bloc Party Album "Four" klang sehr aggressiv. Nachdem wir damit zwei Jahre getourt sind, haben sich die Songs für mich fremd angefühlt. Mein Geschmack hat sich einfach verändert. Ich wollte etwas, das wärmer und freundlicher klingt und den Hörer nicht so vor den Kopf stößt."
    Die Musiker zeigen sich experimentierfreudig. Gitarrist Russel Lissack zum Beispiel manipuliert sein Instrument bis zur Unkenntlichkeit, wie etwa im Albumopener "The Love Within". Die wabernden Synthesizer, die sich durch den gesamten Song ziehen sind gar keine, es ist eine Gitarre.
    Spirituelle Texte
    Das Album ist eine Wiedergeburt für die Band, und passend dazu geht es in den Texten auch recht spirituell zu. Kele Okereke ist in einem sehr religiösen, römisch-katholischen Haushalt aufgewachsen, lehnte die Institution Kirche aber schon früh ab. Dennoch ist er immer noch fasziniert von sakralen Gebäuden und religiöser Symbolik. Die Songs auf "Hymns" sind zwar spirituell, aber es geht nicht um Religion, betont Kele.
    "Es gab in unserer Musik schon immer Bezüge zur Spiritualität, aber eher am Rande. Ich bin nicht religiös, wollte aber Musik machen, die so eine heilige Aura hat. Das war eine Herausforderung. Damit das klappt, müssen die Songs persönlich sein. Mir ist meine Verbindung zur Natur wichtig, die Natur ist für mich etwas Göttliches. Deswegen geht es in den Songs auch viel um Mond, Sonne, Erde usw."
    Um das Konzept von Spiritualität noch zu unterstreichen, hat die Band bei einigen Songs mit einem Chor zusammengearbeitet. Chöre hat er schon immer gemocht, erzählt Kele.
    "Für einen Sänger hat es etwas Magisches, wenn mehrere Stimmen im Einklang singen. Wir wussten, dass wir das Album "Hymns", also Hymnen, nennen werden und da hab ich gedacht, dass ein Chor doch wunderbar dazu passen würde. Es sollte aber nicht so ein klischeehafter Gospelchor oder so etwas sein. Ich wollte, dass es anders und neu klingt. Auf "Only he can heal me" hört sich der Chor ein bisschen barockmäßig an. Das gefällt mir sehr gut. Ich finde, es klingt ganz anders, als das was Chöre normalerweise so singen."
    Mit "Hymns" meldet sich eine fast schon totgesagte Band laut und deutlich zurück, auch wenn es ein vergleichsweise leises Album ist. Der Neuanfang ist Bloc Party gelungen, der warme, freundliche Sound steht ihnen gut zu Gesicht. Zusammen mit Bloc Party-Klassikern wie "Helicopter" dürfte das auf jeden Fall großartige Liveshows ergeben.