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Blockade bis zum Stillstand

KFOR-Truppen, Straßensperren: die serbisch-kosovarische Grenze gleicht einem Kriegsgebiet. Wer sich dorthin aufmacht, verliert den Glauben an eine zukünftige friedliche Koexistenz zwischen Serben und Kosovaren.

Von Stefan Ozvath | 02.08.2011
    Zwischen grünen Bergen liegt der Grenzposten Jarinje – eine Verbindungsader zwischen dem Norden des Kosovos und Serbien. Jarinje ist verwüstet. Die Häuser verkohlt - die Fensterscheiben zerborsten. Amerikanische KFOR-Soldaten haben hier das Sagen - schwer bewaffnet. Und schlecht gelaunt. Keine KFOR-Fahrzeuge, keine Soldaten. Fotos löschen, so der Befehl.

    Etwa 60 Kilometer entfernt ist die geteilte Stadt Kosovska Mitrovica. Der Weg dorthin ist von serbischen Fahnen gesäumt. Und von Straßensperren. Bei der Ortschaft Leposavic die erste: Holzklötze liegen in Haufen auf der Straße. Weitere liegen am Straßenrand. Dort sitzen die Blockierer – ihr Sprecher nennt sich Miki:

    "Hier sind Leute aus dem Ort, aus den Betrieben, wir warten, bis unsere Unterhändler eine Vereinbarung treffen - mit der KFOR oder einem Politiker."

    Über der Sperre kreist ein Helikopter der KFOR, wenige Kilometer weiter: zwei deutsche Panzer, das MG im Anschlag.

    Vor Kosovska Mitrovica – bei der Ortschaft Rudare – ist die Straße nach Pristina mit Kieshaufen versperrt. Bei den Blockierern ist der serbische Chefunterhändler Borislav Stefanovic – nur zweieinhalb Stunden später wird er mit dem EU-Vermittler Cooper im südserbischen Raska verhandeln:

    "Wir erwarten von der EU gute Dienste und neue Vorschläge, um diese akute Krise zu meistern. Vorschläge, die den Status und das Funktionieren dieser Grenzposten garantieren. Wir brauchen die Polizei, die EULEX, aber keine sogenannten Kosovo-Zöllner - denn das würde bedeuten, den Staat Kosovo anzuerkennen."

    Auch auf der Brücke über den Ibar, der die Stadt Mitrovica teilt - neben den Vorurteilen - stehen die Panzer. Nasser hat seinen kleinen Stand im südlichen Teil der Stadt aufgebaut, dem albanischen.

    Er zeigt sein Sortiment: Die Kosovo-Landkarte aus silbrig glänzendem Wismut, auf Acryl oder Holz-Rahmen, große Steine markieren die wichtigsten Städte, darunter die Aufschrift auf albanisch: Kosova. Fünf bis 20 Euro kostet der Nippes:

    "Vielleicht 200 Stück am Tag verkaufe ich", behauptet er. "Am meisten an die KFOR, an unsere Leute, die Kosovo-Albaner, die im Sommer aus dem Ausland kommen. Und sogar Serben kaufen es."

    Neben der Brücke spielen die Kinder – unbeschwert fahren sie Elektro-Auto, springen in einer Hüpfburg, flippern. Aber der Hass zwischen Serben und Albanern ist allgegenwärtig. Dieser Albaner aus dem Südteil hat sofort Schuldige für die gegenwärtige Krise parat:

    "Die Serben machen immer Ärger. Sie können sie im Fernsehen sehen. Sie brennen die Grenzstation nieder. Und sie greifen nicht nur die Polizei an, sondern auch die Internationale Schutztruppe. Sie greifen einfach jeden an."

    Er geht nicht mehr in den Nordteil der Stadt, sagt er. Und serbische Freunde? Hat er die?

    "Ich hatte früher welche, aber jetzt nicht. Aber vielleicht in der Zukunft. Mal sehen."