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Blockchain Stories
#3 Besuch einer Ethereum-Mine

Bis vor Kurzem konnte man mit Kryptowährungen ziemlich schnell Millionär werden. Wertverlust hin oder her: Das digitale Geld wird immer noch in sogenannten Kryptominen geschürft. Das gilt auch für Ethereum, das mehr Einsatzmöglichkeiten bietet. Einblicke in eine Parallelwelt aus Strom und Kabeln.

Von Pia Rauschenberger |
    Auf dem Bild sind man Metallregale auf denen Computer auf engstem Raum nebeneinander abgestellt worden. Ein Mann verbindet die Geräte mit Strom.
    Kabel, Metall und Computer - Eine Ethereum-Mine irgendwo in den Niederlanden (Pia Rauschenberger)
    Michel und Nico machen etwas, womit man bis vor ein paar Monaten noch sehr reich werden konnte. Ether schürfen. Und - wie reich eigentlich?
    Michel: "Das werden wir nicht verraten."
    Nico: "Nein!"
    Michel: "Das kann ich nicht sagen."
    Wie viel Geld sie investiert haben, wie viel Geld sie einnehmen, wie viele Ether sie pro Tag generieren, das muss alles geheim bleiben. Auch der genaue Ort ihres Rechenzentrums.
    "Es gibt nichts, oder es gab keine Blaupause, wie man professionell ein Mining-Unternehmen aufbaut. Alles was hier steht und was wir hier machen, mussten wir selber erarbeiten. Und das heißt, wir haben alle Fehler gemacht, die man machen kann. Und das ist unser Kapital, dass wir wissen, wie es geht."
    Irgendwo in den Niederlanden
    Alles Learning by Doing. Also immer schön vage bleiben: Irgendwo in den Niederlanden schürfen Michel und Nico Ether und haben in ihr Projekt "Rent a Miner" eine Menge Geld investiert."
    "Also, da kann man schon ein paar Häuser dafür kaufen."
    Viel Geld also. Das merkt man dem Rechenzentrum nicht unbedingt an. In einer Halle in einem Industriegebiet stehen drei Reihen mit Computern auf Metallregalen. An einem Tisch sitzen Michel und Nico und schauen auf einen Laptop.
    Michel ist Anfang 40, Nico Anfang 30. Bodenständige, pragmatische Machertypen. Früher hat Michel mal in der Versicherungsbranche gearbeitet, aber als er von Kryptowährungen gehört hat, wollte er das gleich selbst ausprobieren:
    "Dann haben wir angefangen, so einen Computer zu bauen, haben den laufen lassen ein paar Tage. Haben gemerkt, das funktioniert, damit kann man Geld verdienen. Ja und irgendwann sind wir dann eine richtige Gesellschaft geworden, mit zwei Rechenzentren."
    Vor zweieinhalb Jahren haben sie mit dem Schürfen angefangen, erzählt Nico. Auch, wenn die Jungs keine Zahlen preisgeben wollen, inzwischen haben sie sieben Angestellte. Es liegt nah, dass sie mit diesen Computern hier im vergangenen Jahr wahrscheinlich ziemlich viel Geld gemacht haben – bevor es mit den Kryptowährungen bergab ging.
    Absturz der Kryptowährungen
    Der Bitcoin ist inzwischen ziemlich abgestürzt. Beim Ether ist es ähnlich. Aber die Ethereum-Blockchain bietet technisch mehr Möglichkeiten als die Bitcoin-Blockchain. Ist Ethereum die zukunftssichere, die bessere Technologie?
    Jürgen Geuter: "Naja, besser ist immer die Frage: besser für wen und für welche Einsatzzwecke? Sie ist generischer als Bitcoin. Man kann sich das so vorstellen, man könnte Bitcoin auf Ethereum umsetzen, aber Bitcoin kann halt nur Bitcoin."
    Sagt Jürgen Geuter vom Otherwise-Network. Er wurde vor Kurzem als Sachverständiger zum Thema Blockchain in den Bundestag geladen. Was Ethereum von Bitcoin vor allem unterscheidet, sind sogenannte Smart Contracts. Das sind quasi digitale Verträge, die festgelegt werden und automatisch ablaufen. Der Smart Contract der Bitcoin-Blockchain erlaubt nur Überweisungen, erzählt Geuter:
    "Und Ethereum kann deutlich flexiblere Smart Contracts abbilden, die nicht nur überweisen, sondern, die zum Beispiel auch einen Gabelstapler mieten, abbilden könnten.
    Multifunktionale Technologie
    Oder ein anderes mögliches Anwendungsbeispiel für SmartContracts: eine Haustür, die sich erst öffnen lässt, wenn die Miete auf dem Konto des Vermieters angekommen ist. Die Technologie hinter Ethereum ist also multifunktional und nicht auf Kryptowährungen beschränkt. Das macht sie aber auch komplizierter.
    "Nicht mal der Erfinder der Programmiersprache schafft es, einen SmartContract so zu bauen, dass er nicht gehackt wird. Nicht mal der kriegt seine Contracts so sicher, dass sie nicht von irgendjemandem zum Spaß mal kaputt gemacht werden. Und dann sind halt plötzlich in echtem Geld 500 Millionen Dollar plötzlich einfach eingefroren und keiner kann sie mehr bewegen."
    Und wenn ein Fehler in der Blockchain auftaucht, ist nicht klar, was dann passiert, weil die Blockchain eigentlich nicht veränderbar ist.
    Kein schnelles Geld
    Michel und Nico haben sich trotz der technischen Hürden dazu entschieden, Ether zu schürfen. Mit schnellem Geld hat das nichts zu tun, sagen sie.
    Michel: "Also grundsätzlich habe ich ja nichts dagegen, wenn Menschen Geld verdienen und wenn sie schnell Geld verdienen ist auch toll. Aber unser Ansatz ist halt ein anderer, wir wollen halt ein seriöses Unternehmen aufbauen. Das ist uns sehr, sehr wichtig, dass wir nicht angetreten sind, um in fünf Minuten Millionär zu werden und dann irgendwie weg wieder sind. Dieses ganze schnelle Geld ist mir selber total fremd. Da sind wir auch gar nicht so die Typen für."
    Wie windige Typen, die schnell ein bisschen Kohle machen wollen, wirken Michel und Nico wirklich nicht. Der Hype ist inzwischen vorbei, aber sie gibt es immer noch.
    "Wir sind keine Händler, wir sind keine Börsenmenschen. Wir sind keine Trader oder so was. Wir sind quasi Handwerker in diesem Bereich."
    Sinnloser Handel
    Dabei findet Geuter den Handel mit Ether genauso wenig sinnvoll wie den Handel mit Bitcoin. Viele Ethereum-Entwickler säßen in Deutschland, deshalb werde es hier noch mehr gepusht als in den USA, wo auch der Hype um Ethereum abgeflaut sei:
    "Also ich meine man findet halt immer Idioten, denen man noch sein Geld aus der Tasche ziehen kann. Es ist halt letzen Endes dieser Handel mit Ether genauso wie der Handel mit Etherium ein Schneeballsystem. Und da ist das immer ein Einsatzszenario: Man pusht es, damit andere Leute Geld reinpumpen, damit man sein eigenes herausziehen kann."
    Michel und Nico reagieren gelassen auf Kritik an ihrer Branche. Selbst wenn Ethereum mal überholt ist: 20 Minuten dauert es für sie, ihre Maschinen umzuschalten, um einen anderen Coin zu schürfen, erklären sie mir.
    "Das heißt, wir können heute jederzeit unsere Maschinen von Ethereum auf einen anderen Coin umschalten, dann würde er diesen Coin minen."
    Michel und Nico machen nicht mehr die gleichen wahnsinnigen Profite wie vor einem Jahr, sagen sie. Aber immer noch genug, damit es sich für sie lohnt fast täglich in die Niederlande zu fahren. Bis der Hype um Kryptowährungen mal endgültig vorbei ist, werden die beiden vermutlich weiter schürfen.