Jochen Spengler: Stehen 8000, vielleicht sogar 10.000 Arbeitsplätze in Deutschland auf dem Spiel und damit mehr als ein Drittel der hier bei Airbus vorhandenen? Das befürchtet jedenfalls der Betriebsrat. Am letzten Freitag haben 24.000 Menschen an den sieben deutschen Standorten von Airbus protestiert, gegen Stellenabbau und gegen eine mögliche Produktionsverlagerung nach Frankreich. Auch die Politik ist alarmiert. Fakt ist: Der europäische Flugzeugkonzern Airbus mit seinen insgesamt 51.000 Mitarbeitern trudelt. Das liegt in erster Linie an Managementfehlern, die zu Lieferverzögerungen des Großraumjets A380 geführt haben. Ausbaden sollen die Fehler die Mitarbeiter.
Sieben Werke gibt es in Deutschland. Hamburg ist der größte Standort mit 12.000 Mitarbeitern, Bremen der zweitgrößte mit 3400. Am Telefon ist nun Bremens Regierungschef und Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD). Guten Morgen, Herr Böhrnsen!
Jens Böhrnsen: Guten Morgen, Herr Spengler!
Spengler: Herr Böhrnsen, Bundeswirtschaftsminister Glos hat wörtlich gesagt, den jetzt geplanten Abbau von Arbeitsplätzen und Hochtechnologie in Deutschland lassen wir uns unter keinen Umständen gefallen. Das klingt so, als wisse er, wie viel Abbau geplant ist. Wissen Sie das?
Böhrnsen: Nein, ich weiß das nicht. Aber ich kenne die Spekulationen insbesondere aus den Worten der Betriebsräte, und ich nehme das ernst. Wenn Airbus von einem Einsparvolumen von zwei Milliarden bis 2010 spricht, dann weiß man, worum es geht. Dann geht es um Arbeitsplätze und dann geht es um Werksstandorte. Und da ist allerhöchste Aufmerksamkeit geboten. Deswegen war es auch richtig, dass an den deutschen Airbus-Standorten am vergangenen Freitag Politik, Belegschaft, Gewerkschaft, Betriebsräte und übrigens auch die Werksleitung zusammengestanden haben.
Spengler: Was baut Airbus in Bremen?
Böhrnsen: Airbus Bremen ist der zweitgrößte deutsche Standort, und die besondere Kompetenz des bremischen Airbus-Werkes liegt in der Flügelausrüstung, in der Entwicklung und der Produktion. Dort haben wir Hochtechnologie auf allerhöchstem Niveau.
Spengler: 3400 Arbeitsplätze sind dort. Sind die gefährdet?
Böhrnsen: Es geht um 3400 direkt Beschäftigte. Dazu kommen rund 2000 Zeit- und Leiharbeitnehmer. Wenn man die Zulieferer dazurechnet, dann geht es in der Region um 10.000 Arbeitsplätze. Das ist unser zweitgrößter privater Arbeitgeber. Airbus, und es geht um Strukturprägung natürlich der Wirtschaftsstruktur der Region Bremen durch Airbus. Deswegen sind wir hoch alarmiert, aber auch hoch entschlossen, unsere Möglichkeiten und nicht nur unsere, sondern ich denke auch die deutschen Möglichkeiten zu nutzen.
Spengler: Welche Möglichkeiten haben Sie denn?
Böhrnsen: Ich glaube es ist nicht nur legitim, es ist unverzichtbar, dass Deutschland seine industriepolitischen Interessen und die Belange der deutschen Standorte konsequent und selbstbewusst vertritt. In den deutschen Airbus-Werken wird, ich sagte es eben schon, Spitzenqualität auf höchstem technologischen Niveau produziert. Wenn man der airbusinternen Studie glauben darf, dann gehören die deutschen Airbus-Standorte zu den besten des Konzerns. Man muss es klar aussprechen, denke ich: Frankreich hat in den letzten Jahren seinen Einfluss bei Airbus immer weiter ausgedehnt, und man muss befürchten, dass durch das Einsparprogramm "Power Eight" eine weitere Verschiebung der Gewichte droht. Dem muss man nach meiner Auffassung entgegentreten, auch indem man deutsche Rüstungsaufträge an Airbus zur Disposition stellt.
Spengler: Also das heißt, was Bundeswirtschaftsminister Glos angedroht hat, das halten Sie für richtig?
Böhrnsen: Ich halte das für legitim und für unverzichtbar.
Spengler: Ist denn diese Poltermethode richtig?
Böhrnsen: Das hat nichts mit Poltermethode zu tun, sondern Airbus ist ein industriepolitisches europäisches Projekt und darauf angewiesen, dass es eine gleichberechtigte Partnerschaft der Beteiligten untereinander gibt, insbesondere der französischen und der deutschen Standorte. Nach allem, was man aus Airbus weiß, ist es so, dass dieses Gleichgewicht in eine Schieflage gekommen ist.
Spengler: Herr Böhrnsen, leidet denn nicht gerade das Unternehmen Airbus an diesen nationalen Kleinstaatereien?
Böhrnsen: Sagen wir mal, die Geburtsstunde von Airbus besteht darin, dass es ein europäisches Projekt ist. Die Zukunft von Airbus besteht darin, dass wir die 16 Standorte, an denen Airbus produziert, in eine nach jeweiliger Produktivität, aber natürlich auch nach den technologischen Interessen und industriepolitischen Interessen der jeweiligen Länder geordneten Weise aufstellen.
Spengler: Das heißt, Länderproporz ist nötig in diesem Unternehmen?
Böhrnsen: Nein. Es geht nicht nur um Proporz, sondern es geht doch auch um die Zukunftsfähigkeit der jeweiligen Luftfahrtindustrien. Darf ich das mal am Standort Bremen erläutern: Wir haben Airbus in Bremen natürlich unterstützt, nicht durch Subventionen, sondern indem wir die Forschungskapazitäten mit aufgebaut haben, damit die Flügelentwicklung hier am Standort Bremen in dieser technologisch hochqualifizierten Weise möglich ist. So ist das auch an anderen Standorten, etwa Stade oder Hamburg, der Fall. Es geht um die Zukunftsfähigkeit der deutschen Luftfahrtindustrie, und deswegen darf es keine Sonderopfer Deutschland geben, sondern wenn es jetzt schon eines solchen Restrukturierungsprogrammes bedarf, muss es eine gerechte Lastenverteilung zwischen den europäischen Ländern geben. Die ist nur dadurch zu erreichen, dass die deutschen Interessen an den deutschen Airbus-Standorten auch konsequent vertreten werden.
Spengler: Sitzt Paris da am längeren Hebel, einfach weil der französische Staat selbst am Unternehmen beteiligt ist? Deutschland ist ja nicht am Unternehmen beteiligt, nur indirekt über DaimlerChrysler.
Böhrnsen: Das mag mit ein Grund sein. Damit hängt ja auch zusammen, dass jetzt in Deutschland eine große Anstrengung unternommen wird, um die 7,5 Prozent Anteile, die DaimlerChrysler abgeben will, eben in Deutschland zu lassen. Das ist, glaube ich, schon ein guter Beginn, dass private und öffentliche Teilnehmer an diesen 7,5 Prozent gefunden worden sind, übrigens alle Bundesländer, in denen Airbus-Standorte sind. Aber das zeigt ja auch noch mal das Grundprinzip, nach dem Airbus funktioniert, und an diesem Prinzip darf im Interesse der Zukunftsfähigkeit der deutschen Luftfahrtindustrie auch nichts verändert werden.
Spengler: Ist dieses Prinzip, wenn man das sich jetzt anguckt, diese Schwierigkeiten, nicht im Grunde gescheitert, das Prinzip eines europäischen Konzerns mit verschiedenen Standorten?
Böhrnsen: Ich würde ja zugestehen: Wenn man sich an das Reißbrett setzt und einen Konzern entwirft, der Flugzeuge produziert, würde man möglicherweise nicht auf den Gedanken kommen, einen solchen Konzern so aufzustellen. Aber das ist nicht die Realität. Die Realität ist die Entwicklung von Airbus zu einem, das muss man ja auch mal dazu sagen, hoch produktiven Unternehmen. Wir müssen immer wieder erinnern: Dass Airbus jetzt in Turbulenzen gekommen ist, liegt nicht an irgendeiner Absatzkrise auf dem Flugzeugmarkt oder liegt nicht an den Produkten, die sind hervorragend. Sondern die schwierige Situation ist durch Managementfehler beim Airbus A380 verursacht worden, und diese Managementfehler dürfen erstens nicht auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zweitens nicht auf Kosten der Zukunftsfähigkeit des deutschen Luftfahrtindustriestandortes gehen.
Spengler: Das war Bremens Regierungschef und Bürgermeister Jens Böhrnsen von der SPD. Herr Böhrnsen, herzlichen Dank für das Gespräch.
Sieben Werke gibt es in Deutschland. Hamburg ist der größte Standort mit 12.000 Mitarbeitern, Bremen der zweitgrößte mit 3400. Am Telefon ist nun Bremens Regierungschef und Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD). Guten Morgen, Herr Böhrnsen!
Jens Böhrnsen: Guten Morgen, Herr Spengler!
Spengler: Herr Böhrnsen, Bundeswirtschaftsminister Glos hat wörtlich gesagt, den jetzt geplanten Abbau von Arbeitsplätzen und Hochtechnologie in Deutschland lassen wir uns unter keinen Umständen gefallen. Das klingt so, als wisse er, wie viel Abbau geplant ist. Wissen Sie das?
Böhrnsen: Nein, ich weiß das nicht. Aber ich kenne die Spekulationen insbesondere aus den Worten der Betriebsräte, und ich nehme das ernst. Wenn Airbus von einem Einsparvolumen von zwei Milliarden bis 2010 spricht, dann weiß man, worum es geht. Dann geht es um Arbeitsplätze und dann geht es um Werksstandorte. Und da ist allerhöchste Aufmerksamkeit geboten. Deswegen war es auch richtig, dass an den deutschen Airbus-Standorten am vergangenen Freitag Politik, Belegschaft, Gewerkschaft, Betriebsräte und übrigens auch die Werksleitung zusammengestanden haben.
Spengler: Was baut Airbus in Bremen?
Böhrnsen: Airbus Bremen ist der zweitgrößte deutsche Standort, und die besondere Kompetenz des bremischen Airbus-Werkes liegt in der Flügelausrüstung, in der Entwicklung und der Produktion. Dort haben wir Hochtechnologie auf allerhöchstem Niveau.
Spengler: 3400 Arbeitsplätze sind dort. Sind die gefährdet?
Böhrnsen: Es geht um 3400 direkt Beschäftigte. Dazu kommen rund 2000 Zeit- und Leiharbeitnehmer. Wenn man die Zulieferer dazurechnet, dann geht es in der Region um 10.000 Arbeitsplätze. Das ist unser zweitgrößter privater Arbeitgeber. Airbus, und es geht um Strukturprägung natürlich der Wirtschaftsstruktur der Region Bremen durch Airbus. Deswegen sind wir hoch alarmiert, aber auch hoch entschlossen, unsere Möglichkeiten und nicht nur unsere, sondern ich denke auch die deutschen Möglichkeiten zu nutzen.
Spengler: Welche Möglichkeiten haben Sie denn?
Böhrnsen: Ich glaube es ist nicht nur legitim, es ist unverzichtbar, dass Deutschland seine industriepolitischen Interessen und die Belange der deutschen Standorte konsequent und selbstbewusst vertritt. In den deutschen Airbus-Werken wird, ich sagte es eben schon, Spitzenqualität auf höchstem technologischen Niveau produziert. Wenn man der airbusinternen Studie glauben darf, dann gehören die deutschen Airbus-Standorte zu den besten des Konzerns. Man muss es klar aussprechen, denke ich: Frankreich hat in den letzten Jahren seinen Einfluss bei Airbus immer weiter ausgedehnt, und man muss befürchten, dass durch das Einsparprogramm "Power Eight" eine weitere Verschiebung der Gewichte droht. Dem muss man nach meiner Auffassung entgegentreten, auch indem man deutsche Rüstungsaufträge an Airbus zur Disposition stellt.
Spengler: Also das heißt, was Bundeswirtschaftsminister Glos angedroht hat, das halten Sie für richtig?
Böhrnsen: Ich halte das für legitim und für unverzichtbar.
Spengler: Ist denn diese Poltermethode richtig?
Böhrnsen: Das hat nichts mit Poltermethode zu tun, sondern Airbus ist ein industriepolitisches europäisches Projekt und darauf angewiesen, dass es eine gleichberechtigte Partnerschaft der Beteiligten untereinander gibt, insbesondere der französischen und der deutschen Standorte. Nach allem, was man aus Airbus weiß, ist es so, dass dieses Gleichgewicht in eine Schieflage gekommen ist.
Spengler: Herr Böhrnsen, leidet denn nicht gerade das Unternehmen Airbus an diesen nationalen Kleinstaatereien?
Böhrnsen: Sagen wir mal, die Geburtsstunde von Airbus besteht darin, dass es ein europäisches Projekt ist. Die Zukunft von Airbus besteht darin, dass wir die 16 Standorte, an denen Airbus produziert, in eine nach jeweiliger Produktivität, aber natürlich auch nach den technologischen Interessen und industriepolitischen Interessen der jeweiligen Länder geordneten Weise aufstellen.
Spengler: Das heißt, Länderproporz ist nötig in diesem Unternehmen?
Böhrnsen: Nein. Es geht nicht nur um Proporz, sondern es geht doch auch um die Zukunftsfähigkeit der jeweiligen Luftfahrtindustrien. Darf ich das mal am Standort Bremen erläutern: Wir haben Airbus in Bremen natürlich unterstützt, nicht durch Subventionen, sondern indem wir die Forschungskapazitäten mit aufgebaut haben, damit die Flügelentwicklung hier am Standort Bremen in dieser technologisch hochqualifizierten Weise möglich ist. So ist das auch an anderen Standorten, etwa Stade oder Hamburg, der Fall. Es geht um die Zukunftsfähigkeit der deutschen Luftfahrtindustrie, und deswegen darf es keine Sonderopfer Deutschland geben, sondern wenn es jetzt schon eines solchen Restrukturierungsprogrammes bedarf, muss es eine gerechte Lastenverteilung zwischen den europäischen Ländern geben. Die ist nur dadurch zu erreichen, dass die deutschen Interessen an den deutschen Airbus-Standorten auch konsequent vertreten werden.
Spengler: Sitzt Paris da am längeren Hebel, einfach weil der französische Staat selbst am Unternehmen beteiligt ist? Deutschland ist ja nicht am Unternehmen beteiligt, nur indirekt über DaimlerChrysler.
Böhrnsen: Das mag mit ein Grund sein. Damit hängt ja auch zusammen, dass jetzt in Deutschland eine große Anstrengung unternommen wird, um die 7,5 Prozent Anteile, die DaimlerChrysler abgeben will, eben in Deutschland zu lassen. Das ist, glaube ich, schon ein guter Beginn, dass private und öffentliche Teilnehmer an diesen 7,5 Prozent gefunden worden sind, übrigens alle Bundesländer, in denen Airbus-Standorte sind. Aber das zeigt ja auch noch mal das Grundprinzip, nach dem Airbus funktioniert, und an diesem Prinzip darf im Interesse der Zukunftsfähigkeit der deutschen Luftfahrtindustrie auch nichts verändert werden.
Spengler: Ist dieses Prinzip, wenn man das sich jetzt anguckt, diese Schwierigkeiten, nicht im Grunde gescheitert, das Prinzip eines europäischen Konzerns mit verschiedenen Standorten?
Böhrnsen: Ich würde ja zugestehen: Wenn man sich an das Reißbrett setzt und einen Konzern entwirft, der Flugzeuge produziert, würde man möglicherweise nicht auf den Gedanken kommen, einen solchen Konzern so aufzustellen. Aber das ist nicht die Realität. Die Realität ist die Entwicklung von Airbus zu einem, das muss man ja auch mal dazu sagen, hoch produktiven Unternehmen. Wir müssen immer wieder erinnern: Dass Airbus jetzt in Turbulenzen gekommen ist, liegt nicht an irgendeiner Absatzkrise auf dem Flugzeugmarkt oder liegt nicht an den Produkten, die sind hervorragend. Sondern die schwierige Situation ist durch Managementfehler beim Airbus A380 verursacht worden, und diese Managementfehler dürfen erstens nicht auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zweitens nicht auf Kosten der Zukunftsfähigkeit des deutschen Luftfahrtindustriestandortes gehen.
Spengler: Das war Bremens Regierungschef und Bürgermeister Jens Böhrnsen von der SPD. Herr Böhrnsen, herzlichen Dank für das Gespräch.