Bosbach: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Warum stellen Sie in Ihrem Antrag das Thema politischer Islamismus so sehr in den Mittelpunkt?
Bosbach: Es wird zu recht darauf hingewiesen, dass wir beim Thema Islam und Auswirkungen auf Staat und Gesellschaft differenziert argumentieren müssen und zu der notwendigen Differenzierung gehört die Feststellung, dass wir auf der einen Seite den Islam als Religion oder Religionsgemeinschaft haben und auf der anderen Seite den Islamismus als in erster Linie politische Bewegung. Diese Bewegung hat das Ziel unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu zerstören und einen islamistischen Gottesstaat zu errichten. Auf der einen Seite brauchen wir mehr Integration, auf der anderen Seite mehr Entschlossenheit gegen solche politischen Bestrebungen.
Meurer: Wie stark ist ihrer Meinung nach der politische Islamismus in Deutschland verbreitet?
Bosbach: In Deutschland leben über drei Millionen Muslime, über 700.000 haben inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit, der größte Teil von ihnen ist friedlich, rechtstreu oder bemüht sich zumindest um Integration. Aber wir haben auch 24 islamistische Organisationen in Deutschland, die wir kennen, mit über 30.000 Anhängern, davon gelten 3.000 als gewaltbereit und wir dürfen ihren Einfluss auf die gemäßigten Muslime nicht unterschätzen.
Meurer: Wann ist jemand für Sie ein politischer Islamist?
Bosbach: Der Islamist unterscheidet sich von dem Moslem dadurch, dass er sagt, für mich ist nicht das entscheidend, was eine demokratisch gewählte verfassungsgebende Versammlung festgelegt hat, sondern für mich gilt ausschließlich Koran und die Worten und Taten des Propheten als Maßstab für mein privates Handeln aber auch für jede staatliche Ordnung. Da gilt nicht das Gesetz, Recht und Gesetz der Bundesrepublik Deutschland, sondern die Scharia, das islamische Recht. Ein gläubiger Moslem kann durchaus auch unsere staatliche Ordnung akzeptieren, unsere Rechtsordnung, sich rechtstreu verhalten, für einen Islamisten ist das ein Widerspruch in sich. Deswegen gibt es ja auch kein islamistisches Land, dass eine Demokratie ist, das sind entweder Monarchien oder Diktaturen oder Theokratien.
Meurer: Was müsste denn getan werden, um den politischen Islamismus zu bekämpfen?
Bosbach: Auf der einen Seite brauchen wir mehr Integration für diejenigen, die sich rechtmäßig hier aufhalten und um Integration bemühen, aber auf der anderen Seite müssen wir viel konsequenter gegen diejenigen vorgehen, die Aufenthaltsrecht in Deutschland dazu missbrauchen Hass zu predigen. Oder nehmen Sie mal ein ganz anderes Beispiel, das gibt es auch bei uns, nicht nur in islamischen Ländern, Zwangsverheiratung von jungen Mädchen, da können wir nicht sagen andere Länder, andere Sitten, das sollten wir unter Strafe stellen.
Meurer: Der Kampf gegen den Islamismus, Herr Bosbach, ist das eine, auf der anderen Seite, wenn ständig über Islamismus geredet wird, wenn es um die Ausländer geht, die hier in Deutschland leben und teilweise ja die deutsche Staatsbürgerschaft haben, fördert das nicht ein Vorurteil, dass man denkt, unter jedem Kopftuch stecke ein Islamist.
Bosbach: Nein, genau nicht. Sagen Sie, ich glaube, wenn man unseren Antrag liest, wird man auch diese Differenzierung finden. Und ich greife das Beispiel Kopftuch sehr gerne auf. Wenn sich eine Muslima aus welchen Gründen auch immer dazu entscheidet, ein Kopftuch zu tragen, dann habe ich das nicht zu kommentieren, schon mal gar nicht zu kritisieren, das ist eine Entscheidung der ganz privaten Lebensführung. Aber etwas völlig anderes ist doch, wenn eine Lehrerin, eine Richterin, eine Staatsanwältin nur mit Kopftuch in den Dienst gehen möchte, in den Staatsdienst, denn das Kopftuch, das muslimische, das Hals und Nacken bedeckt, hat längst seine politische Unschuld verloren spätestens seit Ayatollah Khomeini von Paris nach Teheran gekommen ist. Das ist ein politisches Symbol auch für die Unterdrückung der Frau und das können wir im Staatsdienst nicht tolerieren.
Meurer: Wenn andererseits immer vom Kopftuch die Rede ist, von Islamismus und die in Deutschland lebenden Türken sich daran stoßen, dass eben nur noch diese Begriffe die Diskussion beherrschen, schadet das dann nicht im Gegenteil der Integration?
Bosbach: Nein, das schadet der Integration nicht, wenn wir, was der Antrag tut und das werden wir auch heute in der Debatte deutlich machen, genügend differenzieren. Wir sagen ja, auf der einen Seite haben wir auch eine Bringschuld als Staat und Gesellschaft, Integration ist kein Selbstläufer und wenn wir Integration fordern, dann müssen wir auch mehr Integration fördern, da hat es in der Vergangenheit auch viele Versäumnisse gegeben. Aber das heißt doch nicht, dass wir dort wegsehen, wo das Aufenthaltsrecht in Deutschland dazu missbraucht wird, den politischen Islamismus zu predigen, zu forcieren, der im übrigen auch eine Belastung für die rechtstreuen Muslime ist. Es kann doch nicht sein, dass Menschen zu uns kommen, die sagen, eure Rechtsordnung, Demokratie und vor allem eure Sozialleistungen nehmen wir gerne in Anspruch, aber wir denken gar nicht daran, uns an Recht und Gesetz zu verhalten. Die weisen sich selber aus.
Meurer: Was tun Sie dafür, Herr Bosbach, dass Ausländer, die in Deutschland oder Bürger ausländischer Herkunft das Gefühl vermittelt bekommen, sie seien hier willkommen?
Bosbach: Also daran kann es ja schon deshalb keine Zweifel geben, weil wir ein Ausländerecht haben und ein Staatsangehörigkeitsrecht haben, das so tolerant und liberal ist wie kaum in einem anderen Land der Erde. Vergleichen Sie doch einmal bitte das türkische Ausländerecht mit dem deutschen Ausländerecht. Wir haben nach dem Zweiten Weltkrieg mehr Menschen aufgenommen als jedes andere Land der Erde. Deswegen sagen wir ja auch, diejenigen die kommen, aus welchen Gründen auch immer - im Übrigen, gibt es ja auch viele Deutsche, die in Ausland gehen. Es kommen ja nicht nur Menschen zu uns, sondern viele Deutsche verlassen ja auch unser Land, es leben heute in Spanien mehr Deutsche als Spanier bei uns - die sind uns willkommen, die haben auch unsere Kultur in den vergangenen Jahrhunderten bereichert. Aber wenn Menschen aus anderen Kulturkreisen kommen und das war in den vergangenen Jahrzehnten überwiegend der Fall, dann gibt es Probleme, vor denen dürfen wir nicht die Augen verschließen und die müssen wir sogar ansprechen dürfen, ohne dass es sofort heißt, das sei ausländerfeindlich.
Meurer: Was sagen Sie zur Äußerung von Helmut Schmidt, dem Altbundeskanzler, schließen Sie sich ihm an, dass es ein Fehler war Gastarbeiter zu holen.
Bosbach: Mit Verlaub, das hat er nicht gesagt, sondern er hat gesagt, es war ein Fehler, Gastarbeiter aus anderen Kulturkreisen zu holen. Darüber kann man streiten, aber der Streit ist doch müßig, warum, die Menschen sind doch hier, sie leben doch mit uns gemeinsam. Und deswegen weiß ich nicht, ob diese Äußerung so politisch klug war, denn es geht doch dann nicht mehr um die Frage, ob wir miteinander leben, sondern wie wir miteinander leben und das Rad der Geschichte können wir doch nicht mehr zurückdrehen.
Meurer: In Ihrem Antrag, Herr Bosbach, schreiben Sie ja, Muslime seien in Deutschland zu einem festen, wichtigen und wertvollen Bestandteil unserer Gesellschaft geworden, was leisten Muslime in unserer Gesellschaft an positiven Punkten?
Bosbach: Damit meine ich nicht nur, dass es mittlerweile über 20.000 Selbständige oder Unternehmer gibt in Deutschland, die ja auch Deutschen Arbeitsplätze anbieten. Sondern sehen Sie doch einmal die Geschichte unseres Landes an, wir hatten ständig Einflüsse von außen. Carl Zuckmayr hat das in "Des Teufels General" hinreißend beschrieben. Also Einheit in Vielfalt und da hat natürlich jeder, der zu uns gekommen ist und auch Bestandteile seiner Kultur mitgebracht hat, ein bisschen unsere eigene Kultur geprägt. Aber daneben brauchen wir natürlich einen gemeinsamen Wertekonsens, der von allen akzeptiert werden muss, ansonsten gibt es nur Konflikte und kein friedliches Miteinander.
Meurer: Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Wolfgang Bosbach bei uns im Deutschlandfunk. Besten Dank Herr Bosbach und auf Wiederhören.
Meurer: Warum stellen Sie in Ihrem Antrag das Thema politischer Islamismus so sehr in den Mittelpunkt?
Bosbach: Es wird zu recht darauf hingewiesen, dass wir beim Thema Islam und Auswirkungen auf Staat und Gesellschaft differenziert argumentieren müssen und zu der notwendigen Differenzierung gehört die Feststellung, dass wir auf der einen Seite den Islam als Religion oder Religionsgemeinschaft haben und auf der anderen Seite den Islamismus als in erster Linie politische Bewegung. Diese Bewegung hat das Ziel unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu zerstören und einen islamistischen Gottesstaat zu errichten. Auf der einen Seite brauchen wir mehr Integration, auf der anderen Seite mehr Entschlossenheit gegen solche politischen Bestrebungen.
Meurer: Wie stark ist ihrer Meinung nach der politische Islamismus in Deutschland verbreitet?
Bosbach: In Deutschland leben über drei Millionen Muslime, über 700.000 haben inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit, der größte Teil von ihnen ist friedlich, rechtstreu oder bemüht sich zumindest um Integration. Aber wir haben auch 24 islamistische Organisationen in Deutschland, die wir kennen, mit über 30.000 Anhängern, davon gelten 3.000 als gewaltbereit und wir dürfen ihren Einfluss auf die gemäßigten Muslime nicht unterschätzen.
Meurer: Wann ist jemand für Sie ein politischer Islamist?
Bosbach: Der Islamist unterscheidet sich von dem Moslem dadurch, dass er sagt, für mich ist nicht das entscheidend, was eine demokratisch gewählte verfassungsgebende Versammlung festgelegt hat, sondern für mich gilt ausschließlich Koran und die Worten und Taten des Propheten als Maßstab für mein privates Handeln aber auch für jede staatliche Ordnung. Da gilt nicht das Gesetz, Recht und Gesetz der Bundesrepublik Deutschland, sondern die Scharia, das islamische Recht. Ein gläubiger Moslem kann durchaus auch unsere staatliche Ordnung akzeptieren, unsere Rechtsordnung, sich rechtstreu verhalten, für einen Islamisten ist das ein Widerspruch in sich. Deswegen gibt es ja auch kein islamistisches Land, dass eine Demokratie ist, das sind entweder Monarchien oder Diktaturen oder Theokratien.
Meurer: Was müsste denn getan werden, um den politischen Islamismus zu bekämpfen?
Bosbach: Auf der einen Seite brauchen wir mehr Integration für diejenigen, die sich rechtmäßig hier aufhalten und um Integration bemühen, aber auf der anderen Seite müssen wir viel konsequenter gegen diejenigen vorgehen, die Aufenthaltsrecht in Deutschland dazu missbrauchen Hass zu predigen. Oder nehmen Sie mal ein ganz anderes Beispiel, das gibt es auch bei uns, nicht nur in islamischen Ländern, Zwangsverheiratung von jungen Mädchen, da können wir nicht sagen andere Länder, andere Sitten, das sollten wir unter Strafe stellen.
Meurer: Der Kampf gegen den Islamismus, Herr Bosbach, ist das eine, auf der anderen Seite, wenn ständig über Islamismus geredet wird, wenn es um die Ausländer geht, die hier in Deutschland leben und teilweise ja die deutsche Staatsbürgerschaft haben, fördert das nicht ein Vorurteil, dass man denkt, unter jedem Kopftuch stecke ein Islamist.
Bosbach: Nein, genau nicht. Sagen Sie, ich glaube, wenn man unseren Antrag liest, wird man auch diese Differenzierung finden. Und ich greife das Beispiel Kopftuch sehr gerne auf. Wenn sich eine Muslima aus welchen Gründen auch immer dazu entscheidet, ein Kopftuch zu tragen, dann habe ich das nicht zu kommentieren, schon mal gar nicht zu kritisieren, das ist eine Entscheidung der ganz privaten Lebensführung. Aber etwas völlig anderes ist doch, wenn eine Lehrerin, eine Richterin, eine Staatsanwältin nur mit Kopftuch in den Dienst gehen möchte, in den Staatsdienst, denn das Kopftuch, das muslimische, das Hals und Nacken bedeckt, hat längst seine politische Unschuld verloren spätestens seit Ayatollah Khomeini von Paris nach Teheran gekommen ist. Das ist ein politisches Symbol auch für die Unterdrückung der Frau und das können wir im Staatsdienst nicht tolerieren.
Meurer: Wenn andererseits immer vom Kopftuch die Rede ist, von Islamismus und die in Deutschland lebenden Türken sich daran stoßen, dass eben nur noch diese Begriffe die Diskussion beherrschen, schadet das dann nicht im Gegenteil der Integration?
Bosbach: Nein, das schadet der Integration nicht, wenn wir, was der Antrag tut und das werden wir auch heute in der Debatte deutlich machen, genügend differenzieren. Wir sagen ja, auf der einen Seite haben wir auch eine Bringschuld als Staat und Gesellschaft, Integration ist kein Selbstläufer und wenn wir Integration fordern, dann müssen wir auch mehr Integration fördern, da hat es in der Vergangenheit auch viele Versäumnisse gegeben. Aber das heißt doch nicht, dass wir dort wegsehen, wo das Aufenthaltsrecht in Deutschland dazu missbraucht wird, den politischen Islamismus zu predigen, zu forcieren, der im übrigen auch eine Belastung für die rechtstreuen Muslime ist. Es kann doch nicht sein, dass Menschen zu uns kommen, die sagen, eure Rechtsordnung, Demokratie und vor allem eure Sozialleistungen nehmen wir gerne in Anspruch, aber wir denken gar nicht daran, uns an Recht und Gesetz zu verhalten. Die weisen sich selber aus.
Meurer: Was tun Sie dafür, Herr Bosbach, dass Ausländer, die in Deutschland oder Bürger ausländischer Herkunft das Gefühl vermittelt bekommen, sie seien hier willkommen?
Bosbach: Also daran kann es ja schon deshalb keine Zweifel geben, weil wir ein Ausländerecht haben und ein Staatsangehörigkeitsrecht haben, das so tolerant und liberal ist wie kaum in einem anderen Land der Erde. Vergleichen Sie doch einmal bitte das türkische Ausländerecht mit dem deutschen Ausländerecht. Wir haben nach dem Zweiten Weltkrieg mehr Menschen aufgenommen als jedes andere Land der Erde. Deswegen sagen wir ja auch, diejenigen die kommen, aus welchen Gründen auch immer - im Übrigen, gibt es ja auch viele Deutsche, die in Ausland gehen. Es kommen ja nicht nur Menschen zu uns, sondern viele Deutsche verlassen ja auch unser Land, es leben heute in Spanien mehr Deutsche als Spanier bei uns - die sind uns willkommen, die haben auch unsere Kultur in den vergangenen Jahrhunderten bereichert. Aber wenn Menschen aus anderen Kulturkreisen kommen und das war in den vergangenen Jahrzehnten überwiegend der Fall, dann gibt es Probleme, vor denen dürfen wir nicht die Augen verschließen und die müssen wir sogar ansprechen dürfen, ohne dass es sofort heißt, das sei ausländerfeindlich.
Meurer: Was sagen Sie zur Äußerung von Helmut Schmidt, dem Altbundeskanzler, schließen Sie sich ihm an, dass es ein Fehler war Gastarbeiter zu holen.
Bosbach: Mit Verlaub, das hat er nicht gesagt, sondern er hat gesagt, es war ein Fehler, Gastarbeiter aus anderen Kulturkreisen zu holen. Darüber kann man streiten, aber der Streit ist doch müßig, warum, die Menschen sind doch hier, sie leben doch mit uns gemeinsam. Und deswegen weiß ich nicht, ob diese Äußerung so politisch klug war, denn es geht doch dann nicht mehr um die Frage, ob wir miteinander leben, sondern wie wir miteinander leben und das Rad der Geschichte können wir doch nicht mehr zurückdrehen.
Meurer: In Ihrem Antrag, Herr Bosbach, schreiben Sie ja, Muslime seien in Deutschland zu einem festen, wichtigen und wertvollen Bestandteil unserer Gesellschaft geworden, was leisten Muslime in unserer Gesellschaft an positiven Punkten?
Bosbach: Damit meine ich nicht nur, dass es mittlerweile über 20.000 Selbständige oder Unternehmer gibt in Deutschland, die ja auch Deutschen Arbeitsplätze anbieten. Sondern sehen Sie doch einmal die Geschichte unseres Landes an, wir hatten ständig Einflüsse von außen. Carl Zuckmayr hat das in "Des Teufels General" hinreißend beschrieben. Also Einheit in Vielfalt und da hat natürlich jeder, der zu uns gekommen ist und auch Bestandteile seiner Kultur mitgebracht hat, ein bisschen unsere eigene Kultur geprägt. Aber daneben brauchen wir natürlich einen gemeinsamen Wertekonsens, der von allen akzeptiert werden muss, ansonsten gibt es nur Konflikte und kein friedliches Miteinander.
Meurer: Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Wolfgang Bosbach bei uns im Deutschlandfunk. Besten Dank Herr Bosbach und auf Wiederhören.