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Bosneag-See
EU verklagt Rumänien wegen Umweltverschmutzung

Die EU-Kommission hat Rumänien vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Das Land soll einen See sanieren, in dem jahrzehntelang giftige Bergbauabfälle eingelagert wurden. Obwohl die Rückstände inzwischen auch das Nachbarland Serbien belasten, weigert sich die rumänische Regierung, für Abhilfe zu sorgen.

Von Thomas Wagner | 29.10.2014
    Stein des Anstoßes ist ein knapp über 100 Hektar großer Klärteich: der sogenannte Bosneag-See in der Nähe der westrumänischen Gemeinde Moldova Noua.
    "Es ist ein Gebirge in der Gegend. Es ist sehr nahe an der Grenze zu Serbien, an der Donau. Es gibt ein Natura-2000-Gebiet in der Umgebung. Es ist wild, es ist schön. Es ist Natur." Und es müsste schon von daher geschützt werden, glaubt der rumänische Umwelt-Aktivist Florin Arhire.
    Allerdings stört die Industrieruine des ehemals staatlichen Bergbau-Unternehmens Moldomin die Naturidylle. Dort wurden bis vor zehn Jahren sogenannte Banatite zu einem Schmelzkonzentrat angereichert, bis das Staatsunternehmen pleite ging. Die schwermetallhaltigen Abfälle wurden in einer Art Klärteich gelagert, eben dem sogenannten Bosneag-See. Doch seit der Pleite des staatlichen Bergbauunternehmens blieb der See sich selbst überlassen - mit unschönem Inhalt:
    "Schlamm, Chemikalien, das ist so eine schlammige Suppe. Das ist giftig, natürlich."
    Austrocknung weitet Umweltbelastung aus
    Als ob das in unmittelbarer Nähe eines Natura-2000-Gebiets und der Donau noch nicht genug wäre, kommt ein weiteres hinzu: Seit der Pleite von Moldomin werden die Rückstände nicht mehr angewässert. Folge: Der Klärteich trocknet aus - mit höchst unerfreulichen Auswirkungen, so Cornel Sturza-Popovici, Präsident der rumänischen Umweltorganisation GEC Nera:
    "Im Laufe der Zeit blieb, nachdem der Teich immer weiter austrocknete, Staub zurück, giftiger, gefährlicher Staub. Und jetzt kommt eines hinzu: In dieser Region weht häufig ein starker Wind mit einer Geschwindigkeit so um die 40 Stundenkilometern. Und dieser Wind trägt den Staub in die gesamte Gegend ringsum, bis an die Donau, bis hin zu unserem Nachbarland Serbien. Rund 18.000 Bewohner sind direkt von dieser Verschmutzung betroffen."
    Eigentlich ein unhaltbarer Zustand, der allerdings zuerst auf serbischer Seite zu Protesten führte, während die Menschen auf rumänischer Seite der Donau-Region zunächst ahnungslos blieben. Dass die Verbreitung des giftigen Staubes aus den Bergbau-Rückständen gestoppt werden muss, ist schon lange klar. Nur: Wer soll dafür bezahlen? Für den Umweltaktivisten Florin Arhire liegt der Fall klar: "Das ist die Pflicht des Staates. Und die heißt: The polluter pays - but the polluter ist Rumänien."
    Rumänien verweigert Sanierung des Sees
    Doch der rumänische Staat weigert sich seit Jahren beharrlich, auch nur einen Euro zur Sanierung des ausgetrockneten Klärteiches mit all den umwelt- und gesundheitsgefährdenden Rückständen auszugeben - und das, obwohl Cornel Sturza-Popovici die zuständigen Ministerien in Bukarest mehrfach über die Problematik unterrichtet hat:
    "In diesem Punkt hat Rumänien ganz einfach die entsprechenden Vereinbarungen zum Umweltschutz mit der Europäischen Union nicht respektiert. Deshalb hat die Europäische Union zuerst ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Und nachdem auch das alles nichts genutzt hat, kündigte der EU-Umweltkommissar nun die entsprechenden rechtlichen Schritte gegen Rumänien an: Der Staat muss die Situation so entschärfen, dass von dem Klärteich mit den gefährlichen Rückständen keine weiteren Emissionen mehr in die Region Moldova Noua bis an die Donau ausgehen können."
    EU klagt vor dem EuGH
    Hochoffiziell hat deshalb die Vertretung der EU-Kommission in Bukarest die Einreichung der Klage gegen den rumänischen Staat vor dem Europäischen Gerichtshof bekannt gegeben. Reaktion der rumänischen Regierung: bislang Fehlanzeige. Allerdings kann sie ein mögliches Urteil nicht so einfach ignorieren. Täte sie es doch, könnte die EU-Kommission mit dem Zahlungsstopp für Fördergelder reagieren. Prinzipiell ist der Ausgang des Verfahrens zwar offen. Nach Meinung von Umweltaktivist Florin Arhire kann es aber nur ein Urteil geben:
    "Ich bin sicher, die EU-Kommission wird gewinnen. Und dann muss die Sanierung gemacht werden. Die Prozeduren der EU-Gerichte? Halbes Jahr, ein Jahr maximal. Sie werden klar gewinnen."
    Mag sein. Zu befürchten ist allerdings, dass der Wind an der Donau bis zu dem Urteilsspruch weiterhin den giftigen Staub aus dem ausgetrockneten Bosneag-See in die Umgebung bläst - Tag für Tag mit all den damit verbundenen Gefährdungen für Umwelt und Gesundheit.