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Botanik
Wie Pflanzen um Wasser konkurrieren

Ob Pflanzen längere Dürreperioden überleben, hängt nicht nur davon ab, wie tolerant sie gegenüber Trockenheit sind - sondern auch, neben welchen anderen Pflanzen sie wachsen. Denn entscheidend ist, wie gut sie sich im Konkurrenzkampf um die Ressource Wasser durchsetzen können.

Von Volker Mrasek |
    Wolliges Honiggras (Holcus lanatus) mit Regentropfen.
    Wolliges Honiggras - eine verbreitete Art mit mittlerer Toleranz gegenüber Trockenheit (picture alliance / Adelheid Nothegger)
    Was macht ein Forscher, wenn er wissen will, wie gut eine Pflanze mit Dürren klarkommt? Normalerweise untersucht er dann, welche Strategien sie entwickelt hat, um Trockenheit zu tolerieren - wie widerstandsfähig die Art selbst also ist. Doch das allein genüge nicht, sagt Ivan Nijs, Professor für Biologie an der Universität Antwerpen in Belgien. Denn Pflanzen lebten ja nicht als Eremiten, sondern umgeben von anderen Gewächsen in der Umwelt.
    "Ich habe mich also gefragt: Wenn eine Pflanze extremer Dürre ausgesetzt ist, spielt es dann eine Rolle, wer ihre Nachbarn sind?"
    14 Pflanzen in einer Box - und kaum Wasser
    Nijs' Arbeitsgruppe testete das in sogenannten Mesokosmen. Boxen mit Erde, insgesamt 14 Stück, in denen die Ökologen das Wollige Honiggras aussäten, eine Pflanze mit mittlerer Toleranz gegenüber Trockenheit. Drumherum platzierten die Forscher jedes Mal andere Gräser oder Kräuter - verbreitete Arten wie Hahnenfuß, Spitz- und Breitwegerich oder auch Weidel- und Wiesen-Rispengras: 14 verschiedene Nachbarn also.
    Dann setzte Nijs' Team die Mesokosmen vier Wochen lang Hitze und Trockenheit aus. Und prüfte am Ende, wie viel Blätter das Honiggras durch den ganzen Stress verloren hatte. Denn das ist eine wesentliche Schutzstrategie von Pflanzen bei Dürre: Blätter abzuwerfen und so den eigenen Wasserbedarf zu drosseln.
    "Ich hatte erwartet, dass sich die Blattverluste in den Versuchen allenfalls um 20 bis 30 Prozent unterscheiden würden. Tatsächlich war es eine Frage von Leben und Tod, welche Nachbarn das Wollgras hatte! Manchmal blieb es fast völlig unversehrt, manchmal war es am Ende fast abgestorben. Es ist wirklich erstaunlich, wie groß der Nachbarschaftseffekt sein kann!"
    Kampf um eine knapper werdende Ressource
    Belgien ist ein Land mit viel Wiesen und Weiden. Auch deshalb entschied sich Ivan Nijs für ein Gras als Modellpflanze.
    Der Ökologe schildert, welche Nachbarn dem Wolligen Honiggras im Experiment am stärksten das Wasser abgruben. Denn darum geht es ja am Ende: um die Konkurrenzkraft im Kampf um eine immer knapper werdende Ressource.
    Purpurrote Taubnessel (Lamium purpureum) mit Blüten im Naturpark Schönbuch in Baden-Württemberg.
    Die purpurrote Taubnessel - ein angenehmer Pflanzennachbar (picture alliance / Werner Schaal)
    Als schlechte Nachbarn erwiesen sich generell alle Arten mit einer großen Blattfläche, die selbst lange überlebten und dem Boden die ganze Zeit über viel Wasser entzogen, um ihr Blattwerk zu versorgen. Das galt vor allem für die anderen Grassorten. Man nimmt ihre Blätter zwar gar nicht als großflächig wahr, denn sie sind schlank und wachsen senkrecht. Tatsächlich kann die Blattfläche von Gräsern zehn- bis 20 mal so groß sein wie der Quadratmeter Erde, auf dem sie wachsen."
    Überleben hängt von der Nachbarschaft ab
    Als angenehme Nachbarn erwiesen sich dagegen Kräuter wie Acker-Vergissmeinnicht und Purpurrote Taubnessel. Konkurrenzschwache Arten, die schon früh verdorrten.
    Laut Nijs kann es aber auch den umgekehrten Fall geben: dass eine Pflanze bei Trockenheit von einem Nachbarn mit großer Blattfläche profitiert - wenn es sich dabei zum Beispiel um einen Baum handelt, der die Pflanze mit seinem Laub stark beschattet, sodass sich ihr eigener Hitzestress und Durst in Grenzen halten. Das alles sei leider noch nicht richtig untersucht, bedauert der Ökologe.
    "Wenn man wissen möchte, warum manche Arten bei einer Dürre überleben und andere sterben, oder wenn man vorhersagen möchte, wie es sein wird, wenn Trockenphasen künftig häufiger auftreten und länger andauern - dann muss man damit anfangen, sich für die Nachbarschaftsverhältnisse bei Pflanzen zu interessieren. Und nicht bloß Art A, B oder C isoliert im Labor testen. Ökologie ist nun mal viel komplizierter!"
    Nijs kann sich vorstellen, dass man eines Tages Pflanzen in Saat-Mischungen für Wiesen und Weiden so zusammenstellt, dass sie sich als Nachbarn hydrologisch gut vertragen, wie man sagen könnte, und nicht gegenseitig das Wasser abgraben, wenn es kritisch wird. Im Moment handele es sich aber noch um reine Grundlagenforschung.