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Bouffier irritiert mit AfD-Äußerung

Er schließe nichts aus, hatte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) in einem Fernsehduell gesagt - mit Blick auf eine Koalition mit der Alternative für Deutschland (AfD). Nun rudert er zurück. Die AfD hofft durch diese unerwartete Aufmerksamkeit auf einen Einzug ins Parlament.

Von Anke Petermann |
    Mangelnde Klarheit hatte Ministerpräsident Volker Bouffier (von der CDU) stets seinem sozialdemokratischen Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel vorgeworfen, und zwar in der Frage, ob der Rot-Grün mithilfe der Linkspartei an die Macht bringen wolle. Nun fällt der Amtsinhaber selbst mit maximaler Widersprüchlichkeit auf, und zwar in seiner Haltung zur eurokritischen Alternative für Deutschland, kurz AfD. Gestern Nachmittag nach der Aufzeichnung der HR-Fernseh-Runde mit den hessischen Spitzenkandidaten hatte Bouffier auf wiederholte Fragen von Grünen-Chef Tarek Al-Wazir gesagt:

    "Eine AfD, von denen ich nicht weiß, wer in Hessen dort überhaupt kandidiert, ich kenne dort niemanden, kenne nur das Programm, das ist im Rahmen der Demokratie, deshalb schließe ich nichts aus, aber das Problem wird sich nicht stellen."

    Am Ende zischte ein Kaffeeautomat im Sitzungssaal, doch Bouffiers Worte, da schließe er nichts aus, ließen alle aufhorchen: den liberalen Bündnispartner, die Kontrahenten zur Linken, die Journalisten. Als populistisch und brandgefährlich stuft schließlich Bouffiers Parteifreund Wolfgang Schäuble die rechtskonservativen Eurokritiker ein, die viele schon im Bundestag sehen. Bundeskanzlerin Merkel hatte eine Koalition mit den Neuen kategorisch ausgeschlossen. Nach einer ersten Korrektur der Hessen-CDU via Twitter folgte im ARD-Morgenmagazin die höchstpersönliche Selbstkorrektur des CDU-Spitzenkandidaten.

    Bouffier: "Damit’s ganz klar ist. Es wird keine Koalition mit der AfD geben, das Problem wird sich ja auch nicht stellen, weil die AfD nicht in den Hessischen Landtag kommt."

    Moderator: "Sie können jetzt einen Vorschlag umsetzen, den sie selbst gemacht haben, und zwar Ihrem Gegenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel. Dem haben Sie ja gesagt: ‚Geben Sie doch Ihr Ehrenwort, wenn Sie Rot-Rot-Grün ausschließen.‘ Herr Schäfer-Gümbel hat das übrigens nicht getan in dem (TV-) Duell. Würden Sie jetzt den Wählern in Hessen das Ehrenwort geben, dass es nicht mit der AfD zu einer Koalition kommt, im Falle des Falles?"

    Bouffier: "Uneingeschränkt ja."

    Die Eurokritiker können sich nur die Hände reiben über die Publicity, die ihnen der CDU-Frontmann mit seinem Schwenk an Tag vier und drei vor der Doppelwahl beschert. Bislang rangierte die AfD in den Koalitionsdebatten des hessischen Wahlkampfs unter ferner liefen. In den Umfragen liegt sie bei drei Prozent. Allerdings ist in der Woche vor der Doppelwahl zu beobachten, dass die neue Partei Plakatierung und Präsenz an Wahlkampfständen massiv verstärkt hat, in der nordhessischen Provinz genauso wie in der Finanzmetropole Frankfurt am Main.

    Vor allem, indem sie sich in den Fluglärm-Protest einmischt, versucht sie im Rhein-Main-Gebiet zu punkten. Denn unter den 100.000en, die von der neuen Landebahn des Frankfurter Flughafens seit zwei Jahren in unterschiedlicher Stärke mit Lärm belastet werden, ist durchaus konservative Wählerklientel, Senioren mit guter Rente, Betuchte aus feinen Frankfurter Villenvierteln. Für die aber sind Grüne und Linke, die den Ausbau stoppen bzw. rückgängig machen wollen, kaum wählbar. Dieser Klientel bietet sich ein Frankfurter Ausbaugegner als AfD-Kandidat an, auf Platz vier der Landesliste. Verstört über die neue Konkurrenz von rechts muss auch die FDP sein, die in Hessen bei fünf bis sechs Prozent gesehen wird. Und der CDU die Zweitstimme abtrotzen will. Da allerdings bleibt Bouffier hart.

    "Im Wahlkampf sind die Parteien Konkurrenten. Wir haben keine Stimme zu verschenken."

    Da wackelt der Amtsinhaber nicht. Vor und nach dem liberalen Debakel in Bayern vertrat er dieselbe Position.