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Konflikt im Boxsport
Weltverband suspendiert vier Nationalverbände

Wegen zahlreicher Skandale im Box-Weltverband IBA droht dem Boxsport, den Status als Olympische Sportart zu verlieren. Mehrere Nationalverbände haben deshalb einen neuen Verband gegründet: World Boxing. Als Reaktion darauf wurden sie von der IBA suspendiert.

Von Raphael Späth |
Koeln 02.11.2022 Cologne Boxing World Cup 2022 Pressekonferenz zum Cologne Boxing World Cup 2022 in der Motorworld in Köln Boxring in der Halle der Motorworld in Köln *** Cologne 02 11 2022 Cologne Boxing World Cup 2022 Press conference on the Cologne Boxing World Cup 2022 in the Motorworld in Cologne Boxing ring in the hall of the Motorworld in Cologne
Für die deutschen Amateurboxer und -boxerinnen haben die Suspendierungen im Wettkampfgeschehen keine Auswirkungen. (IMAGO / Norbert Schmidt / IMAGO / Norbert SCHMIDT)
Deutschland, Schweden, die Niederlande und Neuseeland: Gleich vier Nationalverbände wurden vom internationalen Box-Verband IBA bis auf Weiteres suspendiert. Die Verbände hätten gegen die Regularien des Weltverbandes verstoßen, so die offizielle Begründung.
Seit April gehören Funktionäre dieser Länder zum Interims-Exekutivkomitee von World Boxing. Ein Bündnis, das sich vom Weltverband abspalten und somit die olympische Zukunft des Boxens sichern will. Auf der Website von World Boxing wird als deutscher Vertreter DBV-Sportdirektor Michael Müller geführt. Er betont: Der deutsche Box-Verband könne die drastische Entscheidung des Welt-Boxverbandes IBA nicht nachvollziehen.
„Was wir nicht verstanden haben: Eine echte Anhörung hat es eigentlich nie gegeben. Es kam ein Schreiben mit extrem kurzen Fristsetzungen von drei oder vier Tagen. Da kann man natürlich keine vollumfängliche Stellungnahme formulieren und abgeben. Wir sind alle im Ehrenamt mit Ausnahme von mir natürlich als Sportdirektor, und dazu bedarf es angemessener Zeit. Das hat es leider nicht gegeben.“

Sportlicher Betrieb läuft weiter

Auf den sportlichen Betrieb hat die Suspendierung der Nationalverbände aber vorerst keinen Einfluss.
„Unsere Mannschaften können auch mit dem Deutschland-Adler und der Bezeichnung „Germany“ an den Start gehen. Im Siegesfall wird auch die Nationalhymne gespielt. Also von daher ist das erstmal soweit unschädlich.“
Die IBA zeigt sich im offiziellen Statement auch offen für eine Aufhebung der Sanktionierung. Allerdings nur, wenn Funktionäre dieser Länder in keinen konkurrierenden Verbänden tätig sind. Dazu verlangt die IBA ein Schreiben, in dem die Nationalverbände jegliche anderen Organisationen abseits der IBA öffentlich verurteilen. Der Vorstand des Deutschen Box-Verbandes will noch in dieser Woche beraten, wie es weitergeht, erzählt DBV-Sportdirektor Michael Müller.
„Wir haben natürlich auch eine persönliche Überzeugung, eine klare Haltung. Und wer so etwas fordert, der muss sich halt natürlich schon Gedanken machen: Was ist realistisch und was ist unrealistisch?“
Eine endgültige Lossagung von der IBA würde für die deutschen Athletinnen und Athleten zumindest mit Hinblick auf die Olympischen Spiele 2024 keinerlei sportliche Konsequenzen haben. Das Internationale Olympische Komitee hatte die IBA schon 2019 nach mehreren Korruptions-Skandalen suspendiert. Box-Turniere bei Olympischen Spielen werden seitdem vom IOC organisiert, auch die Qualifikation für Paris 2024 findet unabhängig vom Weltverband statt. Die erste Chance auf einen Olympia-Platz haben die deutschen Athletinnen und Athleten schon Ende Juni bei den European Games in Krakau.