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Brexit-Abstimmung
Britisches Unterhaus lehnt alle acht Anträge ab

Das Chaos in London geht weiter: Die Abgeordneten im britischen Unterhaus haben gegen alle Brexit-Optionen gestimmt. Gut abgeschnitten hat allerdings der Antrag für ein zweites Referendum. Premierministerin Theresa May dagegen will ihren Deal nicht aufgeben.

Von Christine Heuer | 28.03.2019
Das Foto zeigt das britische Unterhaus mit Premierministerin Theresa May.
Theresa May und das britische Unterhaus bei der Abstimmung zum Brexit (dpa-Bildfunk / AP / House of Commons)
Keiner der acht Anträge hat sich durchgesetzt im Unterhaus. Aber die Mehrheit der Abgeordneten favorisiert einen weichen Brexit. Und der Antrag für ein zweites Referendum hat gut abgeschnitten. Er bekam nur 27 mehr Nein- als Ja-Stimmen.
Freude bei den Remainern, die das Volk noch einmal befragen möchten. Ärger bei den Brexiteers, die das genauso wenig wollen wie den Versuch des Parlaments, die Kontrolle zu übernehmen. Der Tory Oliver Letwin steht für diesen Versuch. Im Parlament hatte er es gestern Abend schwer, gegen die empörten Zwischenrufe seiner Parteifreunde vom Brexit-Flügel anzusprechen.
"Wenn das Parlament am Montag eine Mehrheit für einen der Anträge findet, wäre das im Interesse unserer Wähler, sagt er. Und löst damit einen Tumult aus.
Das Parlament sucht weiter nach einer Alternative zu Theresa Mays Austrittsvertrag mit der Europäischen Union. Und die Premierministerin sucht weiter einen Weg, ihren Deal doch noch durchzubekommen. Dafür bietet sie einen Deal mit den Brexiteers an: May tritt zurück, dafür sagen die Hardliner Ja zu ihrem Vertrag. Es soll eine sehr emotionale Fraktionssitzung gewesen sein, in der die Premierministerin das gestern anbot. Mit Erfolg: Führende Mitglieder im Brexit-Club sind nun bereit einzuschwenken. Allen voran Boris Johnson, der gern Mays Nachfolge antreten würde. Jacob Rees-Mogg band seine Zusage an eine Bedingung:
"Es hängt maßgeblich von der DUP ab, und was die entscheidet. Ich lasse sie nicht im Stich. Wenn die DUP zustimmt oder sich enthält, dann, denke ich, hat Mays Vertrag eine gute Chance."
Deal oder Verschiebung des Brexit
Aber die DUP stimmt nicht zu, sie enthält sich auch nicht, sie will wieder Nein sagen, wenn die Premierministerin im Parlament abstimmen lässt. Arlene Foster, Vorsitzende der nordirischen Splitterpartei, die Mays Regierung stützt, gestern Abend:
"Der Backstop macht es uns unmöglich, Ja zu sagen. Und wissen Sie was? Ich bedaure das. Wir wollten einen Deal, der für das gesamte Königreich funktioniert, auch für Nordirland. Und nun können wir nicht zustimmen, nur weil die Premierministerin sich für den Backstop entschieden hat. Wir sind wieder im Dezember 2017."
Falls die DUP dabei bleibt, sind Mays Chancen gestern kaum gestiegen. Selbst mit den 10 Stimmen der Nordiren wäre es alles andere als sicher, dass May eine dritte Abstimmung gewinnt. Dafür fehlen ihr insgesamt 75 Stimmen. 25 bis 35 davon, vielleicht sogar mehr, müsste sie sich bei der Opposition holen, vor allem bei Labour, weil die härtesten Hardliner für den Brexit auf keinen Fall mitmachen werden.
Startet die Premierministerin trotzdem einen dritten Anlauf im Parlament, und wenn ja, wann? Diesen Freitag, nächste Woche oder kurz vor dem 12. April, um den Zeitdruck zu erhöhen? Die Alternative im Brexit-Chaos lautet im Moment: Mays Deal oder eine lange Verschiebung, wenn das Parlament sich durchsetzt. Die Brexiteers finden beides gleich schlimm. Oder etwa nicht?