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Brexit-Entscheidung
Eine "kurze Verschiebung" - und dann?

Jetzt hat die britische Premierministerin doch eingelenkt: Nachdem letzte Woche drei Abgeordnete aus Theresa Mays Partei ausgetreten waren, wird das Unterhaus wohl am 14. März über eine "kurze Verschiebung" des Brexit entscheiden. Was aber ist am Ende damit gewonnen?

Von Friedbert Meurer | 27.02.2019
May spricht am Rednerpult und blickt zur Seite. Dahinter sieht man Parlamentarier auf den Sitzbänken.
26.02.2019, Großbritannien, London: Dieses vom House Of Commons zur Verfügung gestellte Foto zeigt Theresa May, Premierministerin von Großbritannien, bei ihrer Rede über den Stand der Brexit-Verhandlungen im britischen Parlament. (House Of Commons / PA Wire / dpa)
Eine Frage wurde gestern in Westminster wohl am meisten diskutiert: Was verändert sich eigentlich dadurch, wenn der Brexit verschoben wird? Dass es dazu kommt, ist sehr wahrscheinlich. Das Unterhaus wird wohl am 14. März darüber abstimmen. Aber was kommt dann? Dass Großbritannien am 29. März ohne Vertrag die EU verlässt, ist jetzt nahezu ausgeschlossen. Aber Theresa May selbst warnt, dass es dann eben später zum sogenannten No Deal kommen kann.
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Mehr Beiträge zum Brexit finden Sie in unserem Portal "Countdown zum Brexit" (AFP / Tolga Akmen)
"Das Parlament sollte sich darüber im Klaren sein, dass eine kurze Verschiebung bis maximal Ende Juni eine einmalige Sache ist. Wenn wir nicht an den Europawahlen teilnehmen, wird es dann extrem schwierig, noch einmal den Brexit-Termin zu verschieben. Damit wird die Klippe in einigen Monaten nur noch steiler sein."
Ist Großbritannien also in Wahrheit keinen Inch weiter gekommen gestern? Richard Harrington ist einer der Staatssekretäre, die mit ihrer Rücktrittsdrohung May zum Kurswechsel gezwungen haben. "Die Annahme hat sich erledigt, dass wir ohne Vertrag die EU verlassen könnten. Das Parlament wird das verhindern, denn es weiß, dass No deal ein völliges Disaster wäre."
Brexiteers geben sich zurückhaltend
Ist No deal wirklich tot? Theresa May sagt nein – und die Brexiteers gaben sich gestern auffällig zurückhaltend. Sollte der Brexit wirklich verschoben werden, halten sie das zwar für Betrug am Wähler, aber letztlich doch nicht für allzu tragisch. Daniel Kaczinski: "Jede Verschiebung könnte die Büchse der Pandora öffnen. Wenn sie aber nur kurz dauert, also nur bis Juni, dann werden wir uns damit abfinden."
Theresa May hat auch deswegen eingelenkt, weil letzte Woche drei Abgeordnete aus ihrer Partei unter Protest ausgetreten waren. Ihr Vorwurf lautete, die Premierministerin laufe nur den Brexiteers hinterher und bemühe sich nicht um die Gemäßigten. Anna Soubry ist eine der drei, die eine neue Partei gründen wollen. "Es hat sich nichts geändert. Das ist eine Schande. Es geht nicht in erster Linie um die Interessen des Landes."
Am Ende das gleiche Chaos wie davor?
Noch ist nicht klar, wie lange der Brexit denn jetzt wirklich verschoben werden soll. Die Abgeordneten hoffen, dass sie es sein werden, die darüber entscheiden. Kenneth Clarke, ein Parteifreund Mays und Alterspräsident des Unterhauses: "Wie lange soll die Verzögerung dauern? Ich sehe die Gefahr, dass alle dann weiter nur vortäuschen etwas zu tun. Am Ende haben wir wieder genau das gleiche Chaos wie jetzt."
Heute wird es zu einer ganzen Reihe von Abstimmungen im Unterhaus kommen, wohl auch darüber, ein zweites Referendum anzusetzen. Labour-Chef Jeremy Corbyn gab vorgestern dem Druck seiner Partei nach. Aber eine Mehrheit wird der Antrag nicht bekommen. Zu viele auch bei Labour glauben, dass das Betrug am Wähler wäre.