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Brexit
Wie wichtig ist der Handel mit den USA für Großbritannien?

Ein vermeintlich rettender Gedanke beim Austritt aus der EU war es bisher, dass Großbritannien dann mit den USA ein eigenes Freihandelsabkommen abschließen könnte. Der Auftritt Donald Trumps in London war da ernüchternd - aber auch sonst wären die Vorteile eines solchen Abkommens eher gering.

Von Mischa Ehrhardt | 13.07.2018
    Theresa May empfängt Donald Trump
    Theresa May empfängt Donald Trump (POOL afp)
    Die diplomatische Abrissbirne des amerikanischen Präsidenten heißt gewöhnlich Twitter. In diesem Fall ist die Steigerung des Tweets ein Interview.
    "Wir würden ja dann mit der EU verhandeln und nicht mit Großbritannien, das wird wahrscheinlich einem Handelsvertrag den Todesstoß versetzen. Den Vertrag mit den USA wird es wahrscheinlich nicht geben."
    Trump sagte hier in einem Interview nicht nur, dass der Plan für den Brexit, den Theresa May mit aller Anstrengung gerade vorgelegt hat, schlecht sei. Er sagte vor allem, dass er in diesem Fall dann doch eher einen Handelsvertrag mit der EU schließen wolle als mit Großbritannien. Mal abgesehen davon, ob Trump wirklich meint, was er sagt: Sollte Trump Großbritannien wirklich den Rücken kehren, beträfe das für Großbritannien einen stattlichen Teil seiner Exporte – nämlich fast ein Fünftel.
    Fast ein Fünftel der britischen Exporte gehen in die USA
    Umgekehrt gehen rund ein Zehntel der US-Importe nach Großbritannien. Vermutlich handelt es sich aber hier vor allem um ein taktisches Manöver des US-Präsidenten. Er sähe Großbritannien lieber weit weg von der EU; zumindest weiter, als die Pläne von Theresa May es nun vorsehen. Christian Apelt von der Landesbank Hessen Thüringen Helaba:
    "Trump mag generell die EU nicht. Er will lieber Handelsabkommen mit kleinen Ländern, weil die USA mit kleinen Ländern viel besser verhandeln können als mit großen Blocks. Er hat ein großes Interesse, dass die EU und die Briten ein eher schlechtes Verhältnis haben."
    Zudem relativieren sich die Außenhandelszahlen der USA und Großbritannien. Denn auch für den Fall, dass es kein Freihandelsabkommen zwischen beiden Nationen gäbe, würde der Warenfluss nicht zum Erliegen kommen. Er würde nur nicht steil ansteigen, wie das durch ein Freihandelsabkommen möglich wäre. Und schließlich dürfte Theresa May auch die Antwort auf die Frage kennen, wie schwer der Handelspartner EU wiegt im Vergleich zu den Fantasien in Richtung des Handelspartners USA.
    Der Versuch, den Anschluss nicht zu verlieren
    "Da ist auch viel Wunschdenken dahinter. Zum einen ist die Frage, was kann man überhaupt mit großen Abkommen mit Donald Trump aushandeln. Was kann man da überhaupt gewinnen. Zum anderen ist die Wirtschaftsstruktur in Großbritannien. Da sind die USA gar nicht so unterschiedlich, sodass man mit einem Abkommen auch gar nicht so viel gewinnen kann. Von daher ist da ein marginaler Gewinn bei den USA möglich, aber bei der EU ein großer Verlust", meint Volkswirt Christian Apelt. Das belegen auch die Zahlenverhältnisse.
    Denn fast die Hälfte aller Exporte von der Insel landet wo? Exakt: in Ländern der Europäischen Union. Im vergangenen Jahre waren es gut 44 Prozent. Das im Übrigen dürfte auch der Grund des Eiertanzes der britischen Premierministerin sein: Es ist der Versuch, durch den Brexit den Anschluss an Europa nicht zu verlieren. Und die Sache trotzdem so zu verkaufen, als sei Großbritannien in Zukunft vollkommen handels-unabhängig.