Brüderle: Guten Tag, Frau Heuer.
Heuer: Was kann Horst Köhler, das Wolfgang Schäuble nicht kann?
Brüderle: Das war nicht die Fragestellung. Unser Ziel, unser Wunsch war, unseren Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Gerhard als Bundespräsidenten durchzusetzen und da wir eine strategische Zusammenarbeit als Alternative zur grün-roten Versagerregierung mit der Union bilden für 2006, waren wir eigentlich in der Erwartung, die Union würde unseren Kandidaten unterstützen, zumal Wolfgang Gerhard jemand ist, der auch für eine bürgerliche Grundhaltung in der Politik steht, das war leider bei der Union nicht möglich. Da muss man redlicher Weise sehen, die Union hat eine heftige Debatte gehabt, gestern Nacht ging es ja sehr spät, bis nach ein Uhr, bis man zu einer Entscheidung kommt. Weil sich dort unterschiedliche Motive im Auswahlprozess gemischt haben, es gibt dort drei oder vielleicht vier potentielle Kanzlerkandidaten, Frau Merkel, Herr Stoiber, Herr Koch, vielleicht noch Herr Wulff. Insofern war es eine gemixte Lage, es war ja nicht so, dass da eine geschlossene Unterstützung für Wolfgang Schäuble erkennbar war. Ein schwieriger Prozess und das Ergebnis war dann am Schluss ein klassischer Kompromiss, dass man sich auf Horst Köhler verständigt hat. Ein Mann mit großer Reputation, der nicht so sehr parteipolitisch in Erscheinung getreten ist. Er war Staatssekretär, er war Präsident des Deutschen Sparkassen-, Giroverbandes, Präsident der Osteuropabank, jetzt des Internationalen Währungsfonds, der aber auch immer Sensibilität hatte für wirtschaftliche, gesellschaftliche Veränderungen und das nicht nur als Marktgeschehen betrachtet hat sondern sich immer der ethischen und wertmäßigen Grundlagen eines Systems wie sozialer Marktwirtschaft, das ja auch ein Pendant auf internationaler Ebene braucht, damit die Dritte und Vierte Welt sich fair behandelt fühlt und es auch eine friedliche Weiterentwicklung gibt, gesehen hat. Insofern eine Wahl mit denen alle, glaube ich, gut leben können.
Heuer: Herr Brüderle, nun hat sich die politisch starke CDU gegen die politisch schwache, im Moment jedenfalls schwache, FDP durchgesetzt. Dennoch waren ja mehr Namen in der Pipeline, der prominenteste unter ihnen war Wolfgang Schäuble. Wieso war denn Herr Schäuble für die FDP unter gar keinen Umständen tragbar?
Brüderle: Ich teile ihre Bewertung nicht. Unser Wunschkandidat Gerhard, aber auch der vorgetragene Wunschkandidat der Union nicht.
Heuer: Wieso nicht, was sprach gegen Wolfgang Schäuble?
Brüderle: Das war nicht die Fragestellung, die Fragestellung war ...
Heuer: Das ist aber unsere Fragestellung, Herr Brüderle.
Brüderle: Ja aber die Antwort müssen Sie mir gestatten, wie ich sie gebe und wie ich sie für richtig halte. Meine Antwort ist, dass man in dem Prozess des Gesprächs miteinander eine Lösung finden musste, die auch sicherstellt, bei einer freien, geheimen Wahl am 23. Mai, dass dafür auch eine klare Mehrheit gesichert ist und die klare Mehrheit steht für Horst Köhler und das ist das Ergebnis eines schwierigen Findungsprozesses.
Heuer: Mit der CDU-Parteispendenaffäre und der Rolle Schäubles darin, hatte das Nein der FDP oder das Nein, das Sie zumindest erwartet haben aus den eigenen Reihen, nichts zu tun?
Brüderle: Das geht weder im Nachhinein, noch während des Prozess um eine öffentliche Bewertung von Kandidaten. Es geht darum, in einem Dialog von eigenständigen Parteien, die gemeinsam eine Alternative darstellen zur jetzigen Regierungsmehrheit, einen Kandidaten zu finden, der auch eine gesicherte Mehrheit in einer geheimen Wahl hat und das war das Ergebnis dieses Prozesses.
Heuer: Ist es nicht, Herr Brüderle, auch ein bisschen so, dass die FDP, zumal nach der verlorenen Hamburgwahl eine Machtdemonstration nötig hatte und Schäuble deshalb um jeden Preis verhindern musste?
Brüderle: Das hat damit überhaupt nichts zu tun, die Hamburger Wahl hat die Mehrheitsverhältnisse nicht verändert. Sie können nicht durch eine lokale Wahl, das ist eine Mischung von Landtags und Kommunalwahl, von einem geringen Prozentsatz der Gesamtbevölkerung der Republik, eine Entscheidung über das höchste Staatsamt ableiten. Das Entscheidende musste sein, von Anfang an, eine Persönlichkeit zu finden in schwieriger Zeit, in dem die Bürgerinnen und Bürger sich auch finden können und der ein Stück zusätzlicher Stabilitätsanker für das Staatsgeschehen im Lande ist. Aber der Prozess, wie er sich entwickelt hat, hat sich einmal mehr als Bestätigung für meine langjährige Auffassung erwiesen, die auch mittlerweile Auffassung der Bundes-FDP ist, es wäre der bessere Weg, den Bundespräsidenten unmittelbar durch das Volk, durch die Bürgerinnen und Bürger zu wählen, weil er damit auch eine stärkere, herausgehobener Stellung in der politischen Landschaft hätte.
Heuer: Das ist ein Vorschlag für die Zukunft, dennoch ist ja auch das Verfahren, das jetzt gilt, das Verfahren, das Sie gerade angewandt haben, zwischen Union und FDP den Kandidaten auszusuchen, öffentlich sehr kritisiert worden. Was sollen die Bürger eigentlich aus diesem Gewürge schließen, mit dem Horst Köhler dann schließlich gekürt wurde?
Brüderle: Das war leider auch in der Vergangenheit sehr ähnlich. Ich habe ja mehrere Bundespräsidentenwahlen erlebt, dass das schwierige Entscheidungsprozesse waren. Denken Sie mal daran, damals die Wahl von Heinemann, das wird am Tag vor der Wahl entschieden. Wir haben auch durch die Medienberichterstattung ein Klima gehabt, dass wir praktisch jetzt, Anfang März, eine Entscheidung treffen mussten, die eigentlich erst am 23. Mai getroffen wird. Wenn da ein anderes Umfeld gewesen wäre, hätte man sich auch mehr Zeit dafür lassen können. Aber es war so gelaufen, wie es gelaufen war, dass jetzt angezeigt war, eine Entscheidung herbeizuführen. Aber es bleibt für mich dabei, dass man den Weg ändern muss. Es ist ein kompliziertes Geschehen, Sie müssen bei 1200 Wahlfrauen, Wahlmännern eine Mehrheit in freier und geheimer Wahl zustande bringen. Deswegen bedarf das vieler Rückkoppelungs- und Querabsicherungsgespräche, damit dies auch stabil dann anschließend steht. Es wäre einfacher, wenn man das zukünftig in einem anderen Verfahren macht, dann wäre es auch nicht mehr in diesem komplizierten Vorklärungsprozessen, in dem Fall zwischen drei Parteien oder anderen Konstellationen, das ist immer nicht einfach, zumal immer die Versuchung besteht, auch durch die Medien , durch öffentliche Äußerungen, sich beim Thema oft auch durch Personen, die gar keine Stimme haben, die gar nicht Mitglieder der Bundesversammlung sind, persönlich profilierend sich darstellen zu wollen.
Heuer: Herr Brüderle, kurz zum Schluss. Was halten Sie eigentlich vom rot-grünen Gegenvorschlag, von Gesine Schwan?
Brüderle: Ich kenne Sie überhaupt nicht, ich stehe zu den Entscheidungen, die ich hier mit herbeigeführt habe, getragen habe. Ich werde Horst Köhler wählen.
Heuer: Rainer Brüderle war das, der stellvertretende Parteivorsitzende der FDP. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Brüderle.
Brüderle: Bitte sehr, Frau Heuer.
Heuer: Was kann Horst Köhler, das Wolfgang Schäuble nicht kann?
Brüderle: Das war nicht die Fragestellung. Unser Ziel, unser Wunsch war, unseren Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Gerhard als Bundespräsidenten durchzusetzen und da wir eine strategische Zusammenarbeit als Alternative zur grün-roten Versagerregierung mit der Union bilden für 2006, waren wir eigentlich in der Erwartung, die Union würde unseren Kandidaten unterstützen, zumal Wolfgang Gerhard jemand ist, der auch für eine bürgerliche Grundhaltung in der Politik steht, das war leider bei der Union nicht möglich. Da muss man redlicher Weise sehen, die Union hat eine heftige Debatte gehabt, gestern Nacht ging es ja sehr spät, bis nach ein Uhr, bis man zu einer Entscheidung kommt. Weil sich dort unterschiedliche Motive im Auswahlprozess gemischt haben, es gibt dort drei oder vielleicht vier potentielle Kanzlerkandidaten, Frau Merkel, Herr Stoiber, Herr Koch, vielleicht noch Herr Wulff. Insofern war es eine gemixte Lage, es war ja nicht so, dass da eine geschlossene Unterstützung für Wolfgang Schäuble erkennbar war. Ein schwieriger Prozess und das Ergebnis war dann am Schluss ein klassischer Kompromiss, dass man sich auf Horst Köhler verständigt hat. Ein Mann mit großer Reputation, der nicht so sehr parteipolitisch in Erscheinung getreten ist. Er war Staatssekretär, er war Präsident des Deutschen Sparkassen-, Giroverbandes, Präsident der Osteuropabank, jetzt des Internationalen Währungsfonds, der aber auch immer Sensibilität hatte für wirtschaftliche, gesellschaftliche Veränderungen und das nicht nur als Marktgeschehen betrachtet hat sondern sich immer der ethischen und wertmäßigen Grundlagen eines Systems wie sozialer Marktwirtschaft, das ja auch ein Pendant auf internationaler Ebene braucht, damit die Dritte und Vierte Welt sich fair behandelt fühlt und es auch eine friedliche Weiterentwicklung gibt, gesehen hat. Insofern eine Wahl mit denen alle, glaube ich, gut leben können.
Heuer: Herr Brüderle, nun hat sich die politisch starke CDU gegen die politisch schwache, im Moment jedenfalls schwache, FDP durchgesetzt. Dennoch waren ja mehr Namen in der Pipeline, der prominenteste unter ihnen war Wolfgang Schäuble. Wieso war denn Herr Schäuble für die FDP unter gar keinen Umständen tragbar?
Brüderle: Ich teile ihre Bewertung nicht. Unser Wunschkandidat Gerhard, aber auch der vorgetragene Wunschkandidat der Union nicht.
Heuer: Wieso nicht, was sprach gegen Wolfgang Schäuble?
Brüderle: Das war nicht die Fragestellung, die Fragestellung war ...
Heuer: Das ist aber unsere Fragestellung, Herr Brüderle.
Brüderle: Ja aber die Antwort müssen Sie mir gestatten, wie ich sie gebe und wie ich sie für richtig halte. Meine Antwort ist, dass man in dem Prozess des Gesprächs miteinander eine Lösung finden musste, die auch sicherstellt, bei einer freien, geheimen Wahl am 23. Mai, dass dafür auch eine klare Mehrheit gesichert ist und die klare Mehrheit steht für Horst Köhler und das ist das Ergebnis eines schwierigen Findungsprozesses.
Heuer: Mit der CDU-Parteispendenaffäre und der Rolle Schäubles darin, hatte das Nein der FDP oder das Nein, das Sie zumindest erwartet haben aus den eigenen Reihen, nichts zu tun?
Brüderle: Das geht weder im Nachhinein, noch während des Prozess um eine öffentliche Bewertung von Kandidaten. Es geht darum, in einem Dialog von eigenständigen Parteien, die gemeinsam eine Alternative darstellen zur jetzigen Regierungsmehrheit, einen Kandidaten zu finden, der auch eine gesicherte Mehrheit in einer geheimen Wahl hat und das war das Ergebnis dieses Prozesses.
Heuer: Ist es nicht, Herr Brüderle, auch ein bisschen so, dass die FDP, zumal nach der verlorenen Hamburgwahl eine Machtdemonstration nötig hatte und Schäuble deshalb um jeden Preis verhindern musste?
Brüderle: Das hat damit überhaupt nichts zu tun, die Hamburger Wahl hat die Mehrheitsverhältnisse nicht verändert. Sie können nicht durch eine lokale Wahl, das ist eine Mischung von Landtags und Kommunalwahl, von einem geringen Prozentsatz der Gesamtbevölkerung der Republik, eine Entscheidung über das höchste Staatsamt ableiten. Das Entscheidende musste sein, von Anfang an, eine Persönlichkeit zu finden in schwieriger Zeit, in dem die Bürgerinnen und Bürger sich auch finden können und der ein Stück zusätzlicher Stabilitätsanker für das Staatsgeschehen im Lande ist. Aber der Prozess, wie er sich entwickelt hat, hat sich einmal mehr als Bestätigung für meine langjährige Auffassung erwiesen, die auch mittlerweile Auffassung der Bundes-FDP ist, es wäre der bessere Weg, den Bundespräsidenten unmittelbar durch das Volk, durch die Bürgerinnen und Bürger zu wählen, weil er damit auch eine stärkere, herausgehobener Stellung in der politischen Landschaft hätte.
Heuer: Das ist ein Vorschlag für die Zukunft, dennoch ist ja auch das Verfahren, das jetzt gilt, das Verfahren, das Sie gerade angewandt haben, zwischen Union und FDP den Kandidaten auszusuchen, öffentlich sehr kritisiert worden. Was sollen die Bürger eigentlich aus diesem Gewürge schließen, mit dem Horst Köhler dann schließlich gekürt wurde?
Brüderle: Das war leider auch in der Vergangenheit sehr ähnlich. Ich habe ja mehrere Bundespräsidentenwahlen erlebt, dass das schwierige Entscheidungsprozesse waren. Denken Sie mal daran, damals die Wahl von Heinemann, das wird am Tag vor der Wahl entschieden. Wir haben auch durch die Medienberichterstattung ein Klima gehabt, dass wir praktisch jetzt, Anfang März, eine Entscheidung treffen mussten, die eigentlich erst am 23. Mai getroffen wird. Wenn da ein anderes Umfeld gewesen wäre, hätte man sich auch mehr Zeit dafür lassen können. Aber es war so gelaufen, wie es gelaufen war, dass jetzt angezeigt war, eine Entscheidung herbeizuführen. Aber es bleibt für mich dabei, dass man den Weg ändern muss. Es ist ein kompliziertes Geschehen, Sie müssen bei 1200 Wahlfrauen, Wahlmännern eine Mehrheit in freier und geheimer Wahl zustande bringen. Deswegen bedarf das vieler Rückkoppelungs- und Querabsicherungsgespräche, damit dies auch stabil dann anschließend steht. Es wäre einfacher, wenn man das zukünftig in einem anderen Verfahren macht, dann wäre es auch nicht mehr in diesem komplizierten Vorklärungsprozessen, in dem Fall zwischen drei Parteien oder anderen Konstellationen, das ist immer nicht einfach, zumal immer die Versuchung besteht, auch durch die Medien , durch öffentliche Äußerungen, sich beim Thema oft auch durch Personen, die gar keine Stimme haben, die gar nicht Mitglieder der Bundesversammlung sind, persönlich profilierend sich darstellen zu wollen.
Heuer: Herr Brüderle, kurz zum Schluss. Was halten Sie eigentlich vom rot-grünen Gegenvorschlag, von Gesine Schwan?
Brüderle: Ich kenne Sie überhaupt nicht, ich stehe zu den Entscheidungen, die ich hier mit herbeigeführt habe, getragen habe. Ich werde Horst Köhler wählen.
Heuer: Rainer Brüderle war das, der stellvertretende Parteivorsitzende der FDP. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Brüderle.
Brüderle: Bitte sehr, Frau Heuer.