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Bürger wollen ihr Wasser zurück

"Wir wollen unser Wasser zurück." Das hat das Bündnis "Wasser in Bürgerhand" heute in Berlin gefordert. Das Bündnis ist ein Zusammenschluss von Privatisierungskritikern in mehreren deutschen Städten. Denn der Energiekonzern RWE hat angekündigt, seine Wassersparte zu verkaufen – an private Investoren.

Von Andreas Baum | 10.04.2006
    Das Problem daran sei, so das Bündnis, dass die Bürger dann noch mehr die Kontrolle über ihr Wasser verlören, also dies ohnehin schon durch die Privatisierung der Fall sei. An der Börse könnte Wasser an Hedgefonds oder andere Finanzinvestoren verkauft werden, die dann wild spekulieren, mit einem Gut, von dem Menschen elementar abhängen. Das Bündnis, das sich heute zu Wort gemeldet hat, weist darauf hin, dass bei Wasser – anders als dies beim Strom denkbar wäre – keinen echter Wettbewerb herrsche. In der Regel gibt es nur eine Leitung, die ins Haus führt, mischen darf man aus hygienischen Gründen nicht, so dass der Wasserversorger de facto immer eine Art Monopolstellung innehat.

    In Deutschland gibt es nach Ansicht des Bündnisses viele Beispiele dafür, dass als Folge der Privatisierung die Preise steigen, gleichzeitig die Infrastruktur verkommt. Die größte Stadt, wo dies geschehen ist, ist Berlin. Hier wurde 1999 teilprivatisiert, um davon Schulden bezahlen zu können, zu haarsträubenden Bedingungen, meint die Initiative "Wasser in Bürgerhand". Deren Sprecher Jens Löwe sagt, dass seine Initiative darum kämpft, dass Wasser öffentlich bleibt, und zwar auf der ganzen Welt.

    "Das ganz generelle Problem besteht darin, dass bei Privatisierungen von Wasser so gut wie immer die Erhaltungsinvestitionen zurückgefahren werden und der Wasserpreis nach oben geht. Der zweite generelle Punkt ist, dass wir durch Privatisierung des Wassers die demokratische Kontrolle über selbiges verlieren. Im Berliner Fall kommen noch besondere Spitzen dazu, die darin bestehen, das in Berlin dem privaten Betreiber eine Gewinngarantie gegeben worden ist, die natürlich von der öffentlichen Hand bezahlt werden muss, was katastrophal ist."

    Nun steigen in Berlin die Wasserpreise. Und weil Verbraucher und Unternehmen daraufhin Wasser sparen, steigen die Preise weiter, weil eben dieser Gewinn erwirtschaftet werden muss: ein Teufelskreis. Man hat sich nun zusammengeschlossen, um das Wasser von RWE und anderen Konzernen zurückzufordern, dort wo diese Probleme drängend sind. Das betrifft in den Vereinigten Staaten und Kanada insgesamt 18 Millionen Bürger. Aber auch in Mülheim an der Ruhr und eben in Berlin will man nun die politische Entscheidung herbeiführen, dass die Wasserversorgung zurückgekauft wird. Dass dies funktionieren kann, zeigt das Beispiel einer anderen Großstadt.

    "Ich darf daran erinnern, dass auch die Stadt Potsdam rückabgewickelt hat. Das läuft ganz einfach so, dass eine entsprechende politische Willensbildung aufgebaut wird, und dass dann über einen Rückkaufpreis verhandelt wird und dann rückabgewickelt wird. Das ist das Vorgehen."

    In bestimmten Kommunen ist der Leidensdruck noch nicht hoch genug, sagt Jens Löwe. Da wird es noch dauern, bis die Forderung der Initiative, sich das Wasser von großen Konzernen zurückzuholen, Anklang findet. Aber es gibt eben auch Beispiele aus der ganzen Welt, die zeigen, dass die öffentliche Hand irgendwann gezwungen ist, sich das Trinkwasser zurückzuholen, weil die Verhältnisse untragbar geworden sind, etwa in Großbritannien.

    "London möchte auch rückabwickeln, weil die Infrastruktur in London durch RWE mittlerweile so runtergewirtschaftet ist, dass rückabgewickelt und repariert werden muss. Das heißt, der rote Faden ist immer der gleiche: Die Konzerne möchten, was ja auch völlig verständlich und legitim ist, Profit machen, und das machen sie eben, wenn sie möglichst wenig in die Infrastruktur investieren. Das ist in London der Fall gewesen mit RWE-Thames Water. Und die öffentliche Hand muss jetzt rückabwickeln und muss das ganze Leitungsnetz wieder sanieren."

    Gute Gründe also, sagt die Initiative, die Wasserversorgung wieder in die öffentliche Hand zu geben, bevor das Netz so heruntergewirtschaftet ist wie in London. Darüber hinaus will das Bündnis auf der ganzen Welt erreichen, dass das Wasser in der Hand derjenigen bleibt, die darauf angewiesen sind. Es soll nun eine Art von globalem Verhaltenskodex entwickelt werden, der die Privatisierung von Wasser quasi ächtet. Es fehlen nämlich Regeln, die festlegen, wie eine gesunde Balance zwischen öffentlicher und privater Finanzierung der Wasserversorgung herzustellen ist.