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Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
2.000 Entscheidungen am Tag

Die Kritik am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge reißt nicht ab: Der Bayerische Rundfunk berichtet, das Amt weiche bei der Einstellung neuer Mitarbeiter von bislang gültigen Regeln in den Auswahlverfahren ab. Doch wie arbeitet die Behörde eigentlich? Ein Besuch.

Von Judith Dauwalter | 05.02.2016
    Der Eingang vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
    Der Eingang vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. (picture alliance / dpa Armin Weigel)
    Im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BaMF, brennen die Bürolichter bis in die Abendstunden. Der Druck ist groß. Die Beschäftigten bemühen sich, die vielen Asylanträge abzuarbeiten. Das Erfolgsrezept für schnellere Asylverfahren sind für Amtschef Frank-Jürgen Weise vor allem zusätzlich Mitarbeiter. Über 7.000 sollen es bis Mitte dieses Jahres sein - aktuell arbeiten im BaMF 3.400 Menschen. Deswegen muss das Amt jetzt schnell neues Personal einstellen. Dem Bayerischen Rundfunk liegt eine interne Beschlussvorlage vor. Darin geht es um die bisherigen Auswahlverfahren. Denn:
    "Die Bewerber, die jetzt ausgewählt und eingestellt werden, durchlaufen keines dieser Auswahlverfahren und werden im Vergleich zu den "regulären" Bewerbern bevorteilt, was einen Verstoß gegen Artikel 33, Absatz 2 des Grundgesetzes darstellt."
    Denn zu öffentlichen Ämtern muss jeder Bundesbürger gleichen Zugang haben. Und das ist nicht der Fall, wenn neue Bewerber anders ausgewählt werden als die bisherigen - schneller und von anderen Gremien. Ein klarer Verstoß gegen geltende Gesetze, den auf der Vorlage sogar BaMF-Führungskräfte unterzeichnet haben. Außerdem verletze man auch die Mitbestimmungsrechte der Personalvertreter, indem man sie nicht vorab über die Änderungen informiere. Dazu kommt:
    "Im Arbeitsvertrag soll eine Klausel zur Bereitschaft zu Mehr- und Schichtarbeit aufgenommen werden. Eine solche Klausel steht jedoch nicht in Einklang mit der gültigen 'Dienstvereinbarung über die Regelung von Arbeitszeit', die zwischen dem BaMF und dem Gesamtpersonalrat geschlossen wurde."
    Neues Computerprogramm hilft beim Bewältigen der Anträge
    In dem Papier steht deshalb auch: Der Personalrat werde solchen Maßnahmen wohl nicht zustimmen. Eine offizielle Stellungnahme zu den im Papier aufgelisteten Änderungen bei der Auswahl neuer Mitarbeiter war aus dem BaMF bisher nicht zu bekommen.
    Die BaMF-Zentrale, ein lang gezogener Backsteinbau im Nürnberger Süden, liegt an der viel befahrenen Frankenstraße. Drinnen auf den langen Fluren gibt es in der letzten Zeit auch ein paar positive Stimmen: Begrüßt werden technische Neuerungen. Das BaMF-interne Computerprogramm kann jetzt endlich die sprunghaft angestiegene Zahl der Anträge bewältigen. Vor allem stürzt es nicht mehr ab, wenn sich viele Mitarbeiter gleichzeitig einloggen. Und Amtschef Weise freut sich über das neue Datenaustauschverbesserungsgesetz, beschlossen vor einer Woche.
    "Minister de Maizière hat uns mit dem Gesetz so gute Voraussetzungen geschaffen, dass wir in einem wirklich absolut vertretbaren und auch notwendigen Maß zwischen Bundesbehörden, Ländern Daten bezogen auf die Menschen austauschen dürfen. Das ist für unsere Arbeit eine große Erleichterung."
    Kritik am BaMF reißt nicht ab
    Und - wenn es funktioniert - eine erhebliche Beschleunigung: Denn Flüchtlingsdaten sollen ab dem Sommer endlich zentral gespeichert und nicht mehr mehrfach erfasst werden. Alle beteiligten Behörden sollen darauf zugreifen können. Ein bisschen haben all die Neuerungen schon bewirkt, auch an den Zahlen: Mittlerweile fallen – behauptet die Behörde – 2.000 Entscheidungen pro Tag. Das seien doppelt so viele wie noch vor vier Monaten. Flüchtlingsorganisationen dagegen vermuten: Das liege vor allem daran, dass "schnelle" Verfahren von Syrern oder Westbalkan-Flüchtlingen vorrangig bearbeitet werden. Und so reißt die Kritik am BaMF auch in den ersten Wochen des neuen Jahres nicht ab. Seine Pläne für dieses Jahr, 2016, will BaMF-Chef Frank-Jürgen Weise am Vormittag in Berlin vorstellen. Dort wird er sich wohl auch dazu äußern müssen, wie er die neuen Einstellungsverfahren doch noch mit geltenden Gesetzen in Einklang bringen will.