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Bundeskriminalamt
Hausdurchsuchungen wegen Hasskommentaren

Das Bundeskriminalamt ist mit Razzien gegen Hasskommentare im Internet vorgegangen. Die Polizei durchsuchte Wohnräume von rund 60 Beschuldigten in 14 Bundesländern. Im Zentrum der Ermittlungen steht offenbar eine Facebook-Gruppe, in der über lange Zeit der Nationalsozialismus verherrlicht wurde sowie fremdenfeindliche oder rechtsextremistische Inhalte ausgetauscht wurden.

    Die Internetseite von facebook ist auf einem Laptop zu sehen.
    Facebook steht wegen Hass-Botschaften von Nutzern in der Kritik. (picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    Das Bundeskriminalamt und das Bayerische Landeskriminalamt koordinieren die Aktion. Besondere Bedeutung habe ein von der Staatsanwaltschaft Kempten geführtes Ermittlungsverfahren, teilte das BKA mit. Dabei gehe es um eine geheime Facebook-Gruppe, in der Nutzer den Nationalsozialismus verherrlicht sowie fremdenfeindliche, antisemitische oder rechtsextremistische Inhalte ausgetauscht hätten. In diesem Zusammenhang durchsuchen den Angaben zufolge Polizeidienststellen in 13 Bundesländern die Wohnräume von etwa 40 Beschuldigten. Zudem gab es seitens des BKA noch weitere Aktionen in anderen Fällen.
    Bürger sensibilisieren
    Ziel des Einsatzes sei es, dem stark zunehmenden "Verbalradikalismus" und den damit verbundenen Straftaten im Netz entgegenzutreten, teilte das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden mit. Die vermeintliche Anonymität im Netz lasse die Hemmschwelle beim Verfassen von Hasspostings sinken. Mit dem Einsatztag sollten auch die Bürger sensibilisiert werden, erklärte das BKA. Wer im Internet auf Hasspostings stößt, solle Anzeige erstatten.
    "Die Fallzahlen politisch rechts motivierter Hasskriminalität im Internet sind auch im Zuge der europäischen Flüchtlingssituation deutlich gestiegen", sagte BKA-Präsident Holger Münch. "Die Hasskriminalität im Netz darf nicht das gesellschaftliche Klima vergiften." Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte seien häufig das Ergebnis einer Radikalisierung, die auch in sozialen Netzwerken beginne: "Wir müssen deshalb einer Verrohung der Sprache Einhalt gebieten und strafbare Inhalte im Netz konsequent verfolgen."
    Das BKA stützt sich bei seinen Ermittlungen gegen Hasskommentare auf eine Definition des Bundesinnenministeriums:
    Justizminister Heiko Maas begrüßte die Aktion. "Das entschlossene Vorgehen der Behörden sollte jedem zu denken geben, bevor er bei Facebook in die Tasten haut", sagte er. "Den Verfassern von strafbaren Hass-Postings drohen empfindliche Strafen. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Für Straftaten im Netz gibt es keine Toleranz." Maas mahnte aber, auch die Zivilgesellschaft sei in der Verantwortung, gegen radikale Hetze vorzugehen. "Analog wie digital gilt: Wir dürfen den radikalen Hetzern nicht das Feld überlassen. Die schweigende Mehrheit darf nicht länger schweigen."
    Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mahnte, es gebe keine rechtsfreien Räume in Deutschland. "Wir haben moralische Grundsätze - offline wie online", sagte er. Sprachliche Gewalt sei inakzeptabel und bereite den Boden für reale Gewalt. "Auch das Strafrecht gilt im Internet."
    Facebook in der Pflicht
    Der Umgang mit Hasskommentaren in sozialen Netzwerken ist seit Langem ein Problem. Auch die Internet-Unternehmen selbst werden dabei in die Pflicht genommen: Ende Mai hatten Facebook sowie der Kurznachrichtendienst Twitter und Googles Videoplattform YouTube in einer Absprache mit der EU-Kommission zugesagt, Hinweisen auf Hasskommentare und Terror-Propaganda europaweit rasch nachgehen. "Stichhaltige Anträge" auf Entfernung illegaler Hetz-Einträge sollen in weniger als 24 Stunden geprüft werden. In Deutschland hat sich Facebook bereits dazu verpflichtet, Hasskommentare innerhalb von 24 Stunden zu löschen.
    Am Wochenende hatte die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche (NR) Facebook den Negativpreis "Verschlossene Auster" verliehen, weil die Firma ihrer Ansicht nach zu wenig gegen die Hasskommentare tut.
    (cvo/tj)