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Bundestagsentscheidung
Reform der EU-Agrarpolitik in Deutschland

Rückzugsflächen für die Natur, Subventionen nur noch für Betriebe, die die Umwelt schonen: Die neue Agrarpolitik der Europäischen Union ist mit dem Anspruch angetreten, deutlich grüner zu sein als ihre Vorgänger. Die Umsetzung der neuen Linie ist aber Sache der Nationalstaaten. Was auf Deutschlands Äckern künftig passiert, darüber entscheidet heute der Bundestag.

Von Stefan Maas | 22.05.2014
    Symbolisch steht ein Schild mit der Aufschrift "Genfood" vor einem gentechnisch veränderten Maiskolben auf einem Feld nahe Ramin im Landkreis Uecker-Randow.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte inzwischen, als Kanzlerin müsse sie sich auch damit befassen, ob die Bürger gentechnisch veränderte Pflanzen akzeptierten. (picture-alliance / ZB)
    Richtig zufrieden ist kaum einer mit dem Kompromissvorschlag, über den der Bundestag heute am Abend abstimmen wird. Doch um die Antwort auf die Frage, welche ökologischen Bedingungen Landwirte auf ihren Flächen erfüllen müssen, um im vollen Umfang von EU-Geldern, den Direktzahlungen, zu profitieren, haben die Umwelt- und Agrarpolitiker der Großen Koalition bis zum Schluss hart gerungen. Denn bei der nationalen Umsetzung der Gemeinsamen Europäischen Agrarreform geht es um viele Milliarden, die bis 2020 fließen werden.
    Und rund ein Drittel des Geldes aus den Direktzahlungen an deutsche Landwirte - etwa 10 Milliarden Euro - sind an Ökovorgaben gekoppelt. Denn das war ursprünglich das große Ziel der Reform. Greening - Die Landwirtschaft ökologischer zu machen.
    "Dieses Greening, das am Anfang von Dacian Ciolos, dem EU-Agrarkommissar intendiert wurde, zumindest für Deutschland sind wir da gescheitert."
    Sagt Stefan Zwoll, der Geschäftsführer des Bundes ökologischer Lebensmittelwirtschaft. Gut ist es nicht, aber mit dem Kompromiss ist es zumindest nicht mehr ganz so schlecht wie vorher von den Agrarpolitikern der Großen Koalition ausgehandelt, meint der grüne Friedrich Ostendorf.
    "Jetzt hat es zumindest im Bereich des Grünlandes eine wirksame Grünlandschutzvereinbarung gegeben."
    Flächenausgleich für umgewandeltes Ackerland
    Dauer-Grünland sind landwirtschaftlich genutzte Flächen, auf denen dauerhaft Gras und krautige Pflanzen wachsen, auf denen Tiere weiden oder die durch Mähen beerntet werden. In Zukunft muss genehmigt werden, wenn diese Flächen in Ackerland umgewandelt werden sollen. Dafür muss ein Flächenausgleich her.
    Zweiter Knackpunkt: Die Ökologischen Vorrangflächen. Die sollen gerade in landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen ökologische Vielfalt garantieren. Daher, das war die Forderung, sollte auf diesen Flächen zum Beispiel kein Düngemittel eingesetzt werden dürfen. Das geht jetzt doch, bemängeln die Kritiker. Ebenso wie den Anbau von Zwischenfrüchten. Das sei eh oft gängige Praxis, sagen die Kritiker. Und keine zusätzliche ökologische Maßnahme. Damit sei der Effekt für die Umwelt dahin. Bernhard Krüsken, der Geschäftsführer des Bauernverbandes ist recht zufrieden:
    "Das politische Ziel war etwas zu tun für die Biodiversität. Aber nicht nur. Sondern darüber hinaus auch eine Eiweisstrategie für Europa und für Deutschland umzusetzen. Und das eben nicht zur faktischen Stilllegung zu machen."
    Gentechnisch veränderte Pflanzen mit niedriger Akzeptanz
    Das sei mit den jetzigen Vorgaben erfüllt. Ein weiteres Thema, das heute den Bundestag beschäftigt, hält er längst für eine rein akademische Diskussion: Es geht um den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland. Wegen der aktuellen Haftungsregelungen und der geringen Akzeptanz bei den Verbrauchern tue sich das eh kein Landwirt freiwillig an, sagt der Verbandsfunktionär. Eine Meinung, die der CSU-Politiker und Landwirt Artur Auernhammer teilt:
    "Ich kann nicht etwas anbauen, was der Verbraucher nicht will."
    Nach langem Hin und Her haben sich CDU, CSU und SPD auf ein grundsätzliches nationales Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen verständigt. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf EU-Ebene für die sogenannte Opt-Out-Klausel einzusetzen, die es den einzelnen Mitgliedstaaten erlaubt, den Anbau von in der EU zugelassenem Genmais zu verbieten.
    Bei einer EU-Abstimmung zur Genmais-Sorte 1507 hatte sich Deutschland enthalten, weil CSU und SPD gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen sind, die CDU eher dafür. Doch auch Angela Merkel, die dem Thema aufgeschlossen gegenübersteht, erklärte inzwischen, als Kanzlerin müsse sie sich auch damit befassen, ob die Bürger gentechnisch veränderte Pflanzen akzeptierten. Und diese Akzeptanz liege in weiter Ferne.