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Bundeswehr
Gedenkstätte abseits des Trubels

Es ist eine Gedenkstätte mitten im Grünen. Die Bundeswehr eröffnet heute feierlich den "Wald der Erinnerung" in Geltow bei Potsdam. Dort sollen Angehörige und Freunde von im Einsatz getöteten Soldaten Ruhe finden und trauern können. Er ist aber auch der Öffentlichkeit zugänglich.

Von Klaus Remme | 15.11.2014
    Holzkreuze stehen in einem Ehrenhain der neuen Gedenkstätte "Wald der Erinnerung" in Geltow (Brandenburg)
    Holzkreuze stehen in einem Ehrenhain der neuen Gedenkstätte "Wald der Erinnerung" in Geltow (Brandenburg) (picture alliance / dpa / Ralf Hirschberger)
    Werderscher Damm 21 in Schwielowsee bei Potsdam, jwd, wie man schon schön sagt. Hier kommt man nicht zufällig vorbei, hier muss man hinwollen. Es ist die Adresse der Henning von Treskow Kaserne, Sitz des Einsatzführungskommandos, von hier aus werden Auslandseinsätze der Bundeswehr gesteuert, hier ist in den vergangenen Monaten der Wald der Erinnerung entstanden. Befehlshaber Generalleutnant Hans-Werner Fritz erklärt:
    "Im Grunde genommen ging es um zwei Initiativen. Die eine Initiative kam von den Hinterbliebenen der gefallenen, verstorbenen Soldaten. Die andere Initiative hat sich fast automatisch daraus ergeben, dass wir an den verschiedenen Einsatzorten Ehrenmale für die Gefallenen, für die Toten errichtet haben, durch die Soldaten, die im Einsatz waren."
    Kernstück: fünf Ehrenhaine
    Diese Ehrenmale in den Feldlagern Afghanistans etwa mussten nach dem Abzug der deutschen Soldaten einen neuen Platz in der Heimat finden, sie sind ein Element der Anlage, die heute durch Ursula von der Leyen eröffnet wird. Findlinge und Steinmauern wurden aus den Einsatzgebieten nach Deutschland transportiert und hier wieder aufgebaut. Wiedererkennbarkeit war eine wichtige Vorgabe, erläutert Oberstleutnant Bernd Richter am Beispiel Kundus in Afghanistan und zeigt auf einen Steinhaufen, er hat die Bauphase als Verantwortlicher beim Einsatzführungskommando begleitet:
    "In Kundus, abgesehen von den Ausmaßen, sah es genauso aus, wie hier vor Ort. Die Schilder sind aus Kundus, der Stein ist aus Kundus. Das Kreuz, selbst diese Steine, die sie vor sich sehen, sind Originalsteine aus Kundus."
    Doch es geht nicht nur um Afghanistan. Der Besucher wird mit Schautafeln in einem offen gestalteten Empfangsgebäude über andere Einsätze, auf dem Balkan etwa, in Georgien oder in Kambodscha informiert. Der dann folgende Weg der Erinnerung wird von sieben Stelen gesäumt. Darauf die Namen und das Todesjahr der 104 bisher im Auslandseinsatz verstorbenen Soldaten, ohne Dienstgrad, in chronologischer Reihenfolge. Am Wegende ein sogenannter Ort der Stille, ein nach zwei Seiten offener Raum mit Ruhebänken, an der Rückwand ein bronzefarbenes Eisernes Kreuz, so wie es als Hoheitszeichen auf Fahrzeugen und Schiffen der Bundeswehr zu sehen ist. Ein Ort der Besinnung, nicht nur für die Angehörigen, wie Generalleutnant Fritz meint:
    "Wir waren zum Teil dabei, als es passiert ist. Und ich kann ihnen nur sagen, wenn sie morgens zum Frühstück gehen in eine Runde von Soldaten und abends nach einer Patrouille oder einem Einsatz zurückkommen und es fehlt einer - das ist richtig schlimm."
    Wünsche der Hinterbliebenen beachtet
    Rund um die Anlage entsteht gleichzeitig ein Friedwald für die über 3.000 Soldaten, die seit Gründung der Bundeswehr im Dienst ums Leben gekommen sind. Doch in der politischen Diskussion um das Gedenken ist die Kritik, hier werde ein Denkmal fernab von Reichstag und Kanzleramt quasi im Wald versteckt, nicht zu überhören. In erster Linie wurde hier denn auch offensichtlich den Wünschen der Hinterbliebenen Rechnung getragen. Tanja Menz, die ihren Sohn Konstantin im Februar 2011 in Afghanistan verlor, ist denn auch zufrieden:
    "Ich finde den Ort genau richtig. Für ganz viele Hinterbliebene und das war auch wirklich der Wunsch in der Arbeitsgruppe, dass es eben nicht mitten in der Stadt, im Zentrum ist. Ich glaube, wenn Hinterbliebene das erste Mal an diese Ehrenhaine kommen, ist das nicht möglich in einer riesigen Menschenmasse, die gerade fröhlich in der Stadt unterwegs ist. Da braucht man ein bisschen Ruhe, da braucht man Zeit zur Konzentration und einfach für sich selbst. Ich denke deshalb, dass der Ort hier sehr gut gewählt ist."
    Von Verstecken könne auch keine Rede sein, so der Befehlshaber im Einsatzführungskommando, Generalleutnant Fritz:
    "Ich freue mich über jeden, der hier her kommt, Kenntnis nimmt, von dem was wir haben. Und damit natürlich automatisch reflektiert: die Einsätze der Bundeswehr und auch den letzten Preis, den wir mit unserem Leben zahlen."
    Offen für jedermann also, 365 Tage im Jahr, heißt es. Gegen Personalausweis oder Führerscheint gibt es an der Kaserne einen Besucherausweis, wer will, wird begleitet, dafür wurden extra Dienstposten geschaffen.