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Bundeswehr
Verteidigungsministerin räumt Fehler ihres Hauses ein

Die Bundeswehr schafft es trotz der bekannten Ausrüstungsmängel nicht, die ihr zur Verfügung stehenden Mittel vollständig auszugeben: 400 Millionen Euro dürften in diesem Jahr ungenutzt bleiben. Neue Waffensysteme werden zudem meist zu teuer und fast immer verspätet ausgeliefert. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen räumte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" auch ein, das Rüstungsmanagement müsse professionalisiert werden.

Von Theo Geers | 05.10.2014
    Soldaten gehen auf dem Nato-Flugplatz in Hohn (Schleswig-Holstein) auf eine Transall Transportmaschine zu.
    Die ersten Waffenausbilder der Bundeswehr für die Kurden im Nordirak sollen vom Nato-Flugplatz Hohn abfliegen. (picture alliance / dpa/ Daniel Reinhardt)
    Es geht Schlag auf Schlag, wobei sich die Kernfrage mit jedem Tag immer weiter zuspitzt: Passen die Pläne der Bundesregierung, die Bundeswehr demnächst in zwei weitere Auslandseinsätze zu schicken, noch mit den militärischen und logistischen Fähigkeiten der Truppe zusammen.
    Die Zweifel wachsen mit jedem Detail, das ans Licht kommt – und das fast täglich. Beispiel heute: Die Bundeswehr dürfte es trotz der bekannten Ausrüstungsmängel auch in diesem Jahr nicht schaffen, die ihr für Rüstungskäufe zur Verfügung stehenden Mittel vollständig auszugeben. Das schreibt die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Am Ende dieses Jahres dürften erneut 400 Millionen Euro ungenutzt übrig bleiben. Dabei sei der Etatposten für Beschaffungen schon bei der Aufstellung des Wehretats vorsorglich um 500 Millionen Euro niedriger angesetzt worden. Macht also de fakto 900 Millionen Euro, mit denen die Bundeswehr in diesem Jahr nichts anfangen kann. Das ist die jüngste peinliche Neuigkeit von heute.
    Gutachten über Missstände bei den Beschaffungsvorhaben
    Morgen wird Verteidigungsministerin von der Leyen die von ihr selbst in Auftrag gegeben Bestandsaufnahme zu den Missständen bei sieben zentralen Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr überreicht. Die Kernaussage dieses Gutachtens war dabei schon gestern in der "Süddeutschen Zeitung" nachzulesen.
    Und es war wieder einer dieser täglichen Nackenschläge: Der Bund bewege sich nicht auf Augenhöhe mit der Rüstungsindustrie, es gelinge ihm deshalb auch nicht, seine Kosten-, Termin- und Leistungsziele durchzusetzen. Heißt übersetzt: Neue Waffensysteme werden zu teuer und fast immer verspätet ausgeliefert. Und wenn sie ausgeliefert werden, sind sie häufig nur bedingt einsatzfähig.
    Dieses Bild passt so gar nicht zu den laufenden Prüfaufträgen über zwei weitere wahrscheinliche Auslandseinsätze der Bundeswehr. Am Freitagabend informierte Verteidigungsministerin von der Leyen darüber den Bundestag, sprich die Obleute der Parteien im Verteidigungsausschuss.
    Im Nordirak sollen Bundeswehrausbilder die kurdischen Kämpfer und die reguläre irakische Armee im Kampf gegen die Terrormiliz IS unterweisen. Im Osten der Ukraine soll die Bundeswehr mit Drohnen den brüchigen Waffenstillstand überwachen.
    Forderung nach Änderung der Bundeswehrreform
    Verteidigungsexperten der SPD haben derweil schon ein Elf-Punkte-Programm vorgelegt, wie die Bundeswehr das Dilemma aus Pannenserie und steigenden Anforderungen lösen könnte. Sie fordern, die seit Jahren laufende Bundeswehrreform zu ändern. Das Konzept müsse nicht mehr auf große Einsätze abgestellt werden, sondern auf eine große Zahl kleinerer, so Rainer Arnold, einer der Autoren des SPD-Papiers. Deswegen müsse die Bundeswehr bei der Logistik und beim Lufttransport gestärkt werden.
    Das alles ist leichter gesagt als getan. In dem Gutachten zu den Missständen bei wichtigen Rüstungsprojekten, das Morgen vorgelegt wird, ist das sehr klar. Wolle man die Missstände abstellen, werde ein entsprechendes Arbeitsprogramm mindestens für die kommenden zwei Jahre erhebliche Kräfte binden.
    Ursula von der Leyen sagte schon vor Tagen, dieser Montag werde für sie ein ungemütlicher Tag. Und dem folgt dann gleich ein ebenso ungemütlicher Dienstag.
    Dann tagt der Koalitionsausschuss – und dort wird die Ministerin erklären müssen, wie sie Ausrüstungsmängel und neue Auslandseinsätze unter einen Hut bringen will.