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Burnout in jeder vierten Kita

Zu viele Kinder, die betreut werden müssen, Lärm und Stress: Diese Faktoren führen bei Erziehern in Kitas häufig zu Burn-out-Syndromen. In Thüringen können sie sich jetzt berufsbegleitend zu Facherziehern für Gesundheit ausbilden lassen, um die Dauerbelastung besser zu bewältigen.

Von Blanka Weber | 30.01.2013
    Es ist Vormittag in der Kita Rasselbande in Erfurt. Knapp 20 Kinder zwischen zwei und drei Jahren kommen vom Spielen im Schnee zurück. Manuela Langenhan ist Erzieherin und könnte 20 Hände gleichzeitig haben, um all die nassen Füße zu versorgen, die Mützen zu sortieren und die Nasen zu putzen.

    Es ist wie in vielen Kitas bundesweit – nämlich personell einfach eng! Gemeinsam mit einer Praktikantin und einer Kollegin kümmert sie sich um die Gruppe – wenn alle Kinder da sind – sind es 24. Einfach zu viele, sagt sie.

    "Die Kollegen arbeiten ja auch nicht voll, und ich finde das sehr, sehr stressig, körperlich bin ich abends wirklich ziemlich erledigt."

    Seit 30 Jahren ist Manuela Langenhan im Beruf. Eben weil es ihr und den Kolleginnen wichtig ist, qualifiziert sie sich in den kommenden beiden Jahren – berufsbegleitend - zur Facherzieherin für Gesundheit, um die Dauerbelastung in ihrem Beruf besser zu bewältigen.

    2010 stiegen die Fehlzeiten der Erzieherinnen um 17 Prozent, 2011 um 6 Prozent - das geht aus dem Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse hervor. Unsere Statistik ist der Grund dafür, dass wir präventiv fördern wollen, sagt die Sprecherin der Krankenkasse vom Thüringer Landesverband, Teresa Urban.

    "Aus dieser Praxis ist jetzt die Idee dieses Coaching-Programms geboren, dieses Weiterbildungsprogramm. Weil wir uns erhoffen, dass wir noch mehr Effekte erzielen mit unseren Angeboten, wenn wir von Anfang an feste Ansprechpartner haben in den Einrichtungen, die das Thema Gesundheitsförderung auf dem Plan haben und umsetzen wollen."

    Annika Meyen ist solch eine feste Ansprechpartnerin und wird auch den Alltag von Manuela Langenhan partiell begleiten. An dem Tag ist es das 2. Mal:

    "Mein erster Eindruck ist sehr offen, sehr engagierte Erzieher, fröhlich an der Arbeit."

    Sie nimmt den Tagesablauf unter die Lupe, will Impulse geben – wie man gesünder arbeiten kann.
    Vom Essen bis Lösung gegen Rückenschmerzen:
    "Es geht nicht immer nur um die Kinder, es geht auch um die Erzieher. Das wird noch viel zu sehr als Extra-Thema aufgefasst. Dass da noch wenig erkannt wird, dass Gesundheitsförderung ein Querschnittsthema ist und sozusagen überall mitläuft. Wenn man das gut integriert, Strukturen schafft, dass es dann der Alltag ist."

    Die Strukturen beginnen schon beim guten Sitzen, sagt sie. Wer sich ständig bücken muss – bekommt auch Haltungsprobleme. Meist helfen Drehstühle und erleichtern den Alltag, weiß sie. Auch helle, schöne Räume sind wichtig, leicht verstellbares Möbel, Licht und Platz. Ein häufiges Problem: der Lärm:

    "Das versuchen einige Kitas durch den Ansatz der offenen Arbeit zu entlasten, das man viele Räume nutzen kann, wo die Kinder sich Interessen geleitet durch das Haus bewegen können, versucht man Wege durch eine Lärmbelästigung zu entgehen - auch die Neubauten haben das alles jetzt schon drin, Deckendämmung und dergleichen."

    Geht es nach den Erzieherinnen, so müsste es mehr Pausen geben. Einfach mitten im Trubel am Mittag eine Halbzeit setzen, wünscht sich Manuela Langenhan, um einfach mal 'runterzufahren':

    "Ich könnte mir auch einen Gesundheitszirkel vorstellen, unter Mittag, man nimmt die Kollegen zusammen und macht einfach mal eine Entspannung, mal eine Hörgeschichte oder eine Bewegungsstunde oder man geht mal in den Park und nimmt die Natur bewusst auf."

    Es ist Mittagszeit. Manuela Langenhan hebt die 20 Liegen einzeln vom Stapel – für die Mittagsruhe ihrer Bienchengruppe. In zwei Jahren wird sie ihre Ausbildung abschließen, gefördert von der Krankenkasse und dem Europäischen Sozialfonds.