Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv


Kita-Ausbau unter Hochdruck

Noch steht nicht fest, wie viele Plätze fehlen, wenn Eltern ab dem 1. August einen Rechtsanspruch auf die Betreuung ihrer unter dreijährigen Kinder haben. Sicher ist, dass nicht alle Kommunen den Anspruch erfüllen können. Sie suchen nach Lösungen, um den Eltern zu helfen und Schadensersatzklagen zu vermeiden.

Von Stefan Maas | 15.01.2013
    Eine gute Nachricht gibt es. Seit dem Jahr 2006 hat sich die Zahl der Kinder, die in Kitas und in der Tagespflege betreut werden, fast verdoppelt. Auf beinahe 560.000. Die schlechte Nachricht: Das ist bei Weitem nicht genug. Denn wenn ab dem 1. August dieses Jahres Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ihre Kinder unter drei Jahren haben, dann fehlen laut Städte- und Gemeindebund etwa 150.000 Plätze. Diese Zahl stammt aus dem März des vergangenen Jahres, eine neuere gibt es erst wieder im März. Noch rechtzeitig, um den Bedarf für den August zu ermitteln, sagt Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes.

    "Ich erwarte, dass wir dann einen genauen Überblick haben. Und ich erwarte dann – und das ist ja auch das Ergebnis der Gutachten –, dass sich die Verantwortlichen, das sind nicht nur die Kommunen, sondern auch Bund und Länder, zu einem weiteren Krippengipfel zusammenfinden und überlegen: Wo können wir wie helfen."

    Besonders problematisch dürfte die Situation in den großen Städten sein. Die Kommunen täten zwar alles, um möglichst viele zusätzliche Plätze zu schaffen. Eine Idee: Betreuung in Teilzeit. "Kita-Platz-Sharing" - sagt Stephan Articus, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. Doch auch das sei wahrscheinlich nicht ausreichend:

    "Es wird Lücken geben und es wird aufgrund der Lücken, aufgrund der Absagen und der mangelnden Möglichkeiten, alle Elternwünsche zu erfüllen, wird es natürlich Klagen geben."

    Zwei Rechtsgutachten, die der Städtetag gemeinsam mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund heute vorstellte, zeigen zwar, dass nicht jede Klage Aussicht auf Erfolg hat. So müssen Eltern den Kommunen etwa rechtzeitig mitteilen, dass sie einen Platz brauchen und ihnen einen Vorlauf von mindestens drei Monaten zugestehen. In einer Übergangszeit sogar noch etwas länger. Gibt es keinen Kita-Platz, müssen sie einen Tagespflegeplatz akzeptieren. Denn Kita und Betreuung durch Tagesmutter oder -vater sind gleichwertig.

    "Und sie können nicht einen Anspruch darauf erheben, dass sie einen Platz in einer bestimmten Einrichtung erhalten."

    Doch auch den Kommunen werden durch den Rechtsanspruch klare Regeln vorgegeben: Leere kommunale Kassen schränken die Pflicht zur Erfüllung des Rechtsanspruches nicht ein, heißt es in einem Gutachten. Wenn Eltern einen Betreuungsplatz brauchen, etwa weil sie wieder eine Arbeit aufnehmen, dann muss die Kommune, die diesen Bedarf nicht erfüllen kann, mit Schadensersatzforderungen rechnen. "Bestimmte Beträge sind bei der Erstattung abzuziehen", heißt es zwar in einem Gutachten. Die sonst fällig werdenden Elternbeiträge für den Betreuungsplatz etwa. Und auch das Betreuungsgeld. Und doch könnte es für manche ohnehin klamme Kommune teuer werden. Diese Kosten dürften nicht alleine an den Kommunen hängen bleiben. Erklärt Stephan Articus, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages.

    "Wenn es dennoch zu Klagen kommt, sehen wir auch den Bund und auch die Länder in der Pflicht."

    Immerhin seien sie es gewesen, die den Anspruch beschlossen und den Zeitrahmen gesetzt hätten.