Gerd Breker: US-Präsident George Bush beginnt heute seine neuntägige Nahostreise. Bei seinem ersten Besuch in Israel und in den Palästinensergebieten seit seinem Amtsantritt will Bush nach seinen eigenen Worten die Friedensverhandlungen vorantreiben. In getrennten Gesprächen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Olmert und Palästinenserpräsident Abbas werde er darauf drängen, dass harte Entscheidungen in komplexen Fragen getroffen werden. Die allgemeinen Erwartungen allerdings sind gering. Warum sollte gegen Ende seiner Amtszeit gelingen, was in den sieben Jahren zuvor gar nicht erst versucht wurde.
Am Telefon begrüße ich nun Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik. Guten Tag Herr Perthes!
Volker Perthes: Schönen guten Tag.
Breker: Skepsis auf allen Seiten, aber seit Annapolis ist Bewegung in die Sache gekommen. US-Präsident Bush hat schon Positives bewirkt?
Perthes: Das mag man in den USA so sehen. Richtig ist, dass sich etwas bewegt hat und dass nun auch Präsident Bush in Bewegung gekommen ist, beginnend tatsächlich mit der Vorbereitung und dann Durchführung der Annapolis-Konferenz und jetzt mit seinem Besuch, wo sich viele fragen, ob er nicht eigentlich viel zu spät kommt, also sieben Jahre zu spät, oder nicht zu früh kommt, wenn es darum geht, am Ende eines Verhandlungsprozesses, der ja nun begonnen hat - und das ist sicherlich die qualitative Veränderung gegenüber der Situation vor zwei, drei, vier Jahren -, tatsächlich die Köpfe noch einmal zusammenzuschlagen beziehungsweise die letzten Unklarheiten zu beseitigen in einem Gespräch, was wirklich die Top-Leader, die Führungspersönlichkeiten der drei hier beteiligten politischen Einheiten betrifft.
Breker: Ein Verhandlungsprozess, Herr Perthes, hat begonnen, aber Hamas bleibt draußen. Das macht es den Israelis und den Amerikanern vielleicht leichter, aber dient es auch der Sache? Hilft es in der Sache?
Perthes: Es gibt ja eine ganze Menge Probleme dieses Verhandlungsprozesses. Einen haben Sie genannt: Hamas bleibt draußen und man kann natürlich nicht Frieden machen zwischen Israel und Palästina, indem man nur mit einem Teil der palästinensischen Gesellschaft, Öffentlichkeit, Politik oder nur mit einem Teil des Gebietes des zukünftigen Palästinas spricht, also mit den Vertretern der Westbank. Dies ist richtig.
Andere Schwierigkeiten sind die Schwäche der Verhandlungspartner hier, von Herrn Olmert, über dessen Koalition schon geredet worden ist, und von Herrn Abbas, der eben keine Koalition mehr hat und auch in dem Gebiet, wo er ansässig ist, nicht die volle territoriale Kontrolle hat. Gleichwohl ich will das noch einmal betonen: wir haben zwischen dem Zusammenbruch der Camp-David-Verhandlungen im Jahre 2000, als sich Präsident Clinton in seinem letzten Amtsjahr darum bemüht hat, Frieden zu stiften zwischen Israelis und Palästinensern, zwischen dem Zusammenbruch der Verhandlungen 2000 und der Annapolis-Konferenz keinen eigentlichen Friedensprozess mehr gehabt, wo die Parteien überhaupt miteinander verhandelt haben. Sie haben über dritte vielleicht miteinander Botschaften ausgetauscht und sie haben unilaterale Maßnahmen durchgeführt.
Ich glaube die Katastrophe des Jahres 2006 - Libanon-Krieg, Rückkehr der israelischen Armee in den Gaza-Streifen - hat den Beteiligten gezeigt, dass es ohne Verhandlungen nicht geht und dass man letztlich mit seinem Counter Part reden muss, auch wenn man immer wieder sagt er sei zu schwach oder der sei nicht ehrlich genug oder er wollte eigentlich etwas anderes als er sagt. Aber man muss mit den Gegnern auf der anderen Seite verhandeln.
Breker: Nicht nur Olmert und Abbas sind schwach; auch US-Präsident Bush hat seine eigenen Probleme. Er hat den Krieg im Irak, er hat seine Probleme mit dem Iran wegen des Atomprogramms. Wie hart kann er eigentlich gegenüber den Israelis zum Beispiel auftreten?
Perthes: So hart wie er will. Er hat ja auch nichts mehr zu verlieren. Er steht nicht zur Wahl. Er kann sich jetzt noch darum kümmern, ob sein historisches Erbe in der vertrackten Situation liegt, die er im Irak hinterlassen hat, oder ob er tatsächlich es schafft, zwischen Israelis und Palästinensern zumindest im Grunde einen Ausgleich und ein Abkommen über die großen Themen - also Staatsgründung, Jerusalem, Flüchtlinge, Grenzen und so weiter - auf den Weg zu bringen oder sogar zur Unterzeichnung zu bringen. Er braucht keine Rücksichten zu nehmen, nicht auf eine Basis im eigenen Lande, auch nicht auf die Israelis, wenn er das nicht von sich aus will. Insofern ist die Forderung von manchen israelischen und palästinensischen Kommentatoren, dass Bush eigentlich eine Friedensregelung erzwingen müsste, also zumindest sehr viel mehr Druck ausüben müsste auf beide Parteien, durchaus berechtigt.
Breker: Aber ist es nicht so, dass man sich in Israel schlicht überlegen kann, auf Zeit zu spielen und sozusagen auf den nächsten US-Präsidenten oder die nächste Präsidentin zu warten?
Perthes: Ja, das kann man natürlich tun und es gibt immer Kräfte, die eigentlich kein Friedensabkommen wollen, die auf Zeit spielen. Gleichzeitig sehen wir schon, dass wir Beteiligte hier haben, die erheblich gelernt haben aus den Entwicklungen der letzten ein, zwei Jahre. Ich glaube Premierminister Olmert gehört durchaus dazu. Nehmen Sie die Äußerung von Herrn Olmert, dass Jerusalem am Ende eines Friedensprozesses geteilt sein müsste. Das ist für die Friedensmacher in Israel und Palästina nichts Neues, keine neue Einsicht, aber dass ein israelischer Ministerpräsident das gegenüber einer israelischen Zeitung öffentlich sagt, das ist schon neu und das ist ganz wichtig. Das könnte sogar eine vertrauensbildende Maßnahme gegenüber den Palästinensern sein, zumindest wenn man nicht gleichzeitig dann neue Bauprojekte im besetzten Teil der Stadt Jerusalem legalisiert oder auf den Weg bringt.
Breker: Der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland Avi Primor nennt das, was da jetzt geschehen wird, eine einzige Show-Veranstaltung. Ist er zu pessimistisch?
Perthes: Ich glaube, Herr Bush kann das ein großes Stück weit selbst entscheiden, ob es nur eine solche Show-Veranstaltung bleibt - die Möglichkeit besteht dazu -, oder ob er tatsächlich die Chance nutzt, eine gewisse Dynamik, die mit Annapolis begonnen hat, weiterzuführen und ihr seine Unterstützung zu geben. Das heißt tatsächlich für das letzte Jahr seiner Amtszeit, sehr, sehr stark involviert zu bleiben, gelegentlich einmal tatsächlich Köpfe zusammenzuschlagen und sich nicht davon abhalten zu lassen, dass alle Beteiligten sagen, sie seien skeptisch und die Zeit reichte nicht mehr aus.
Wahrscheinlich ist es tatsächlich so, dass er keine andere Chance hat, ein positives historisches Erbe zu hinterlassen, als zu versuchen, zwischen Israelis und Palästinensern noch etwas auf den Weg zu bringen. Mir scheint jedenfalls - und das ist der große Vorteil, den er gegenüber Präsident Clinton in seinem letzten Amtsjahr hat -, dass die Beteiligten, mit denen er es zu tun hat, also Präsident Abbas, Premierminister Olmert, auch die Führer der arabischen Staaten in der Umgebung, sehr viel hilfreicher sind, vielleicht einfach weil sie gelernt haben in den letzten Jahren, als dass sieben Jahre vorher der Fall gewesen ist.
Breker: Im Deutschlandfunk war das der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik Volker Perthes. Herr Perthes, danke für dieses Gespräch.
Perthes: Vielen Dank auch!
Am Telefon begrüße ich nun Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik. Guten Tag Herr Perthes!
Volker Perthes: Schönen guten Tag.
Breker: Skepsis auf allen Seiten, aber seit Annapolis ist Bewegung in die Sache gekommen. US-Präsident Bush hat schon Positives bewirkt?
Perthes: Das mag man in den USA so sehen. Richtig ist, dass sich etwas bewegt hat und dass nun auch Präsident Bush in Bewegung gekommen ist, beginnend tatsächlich mit der Vorbereitung und dann Durchführung der Annapolis-Konferenz und jetzt mit seinem Besuch, wo sich viele fragen, ob er nicht eigentlich viel zu spät kommt, also sieben Jahre zu spät, oder nicht zu früh kommt, wenn es darum geht, am Ende eines Verhandlungsprozesses, der ja nun begonnen hat - und das ist sicherlich die qualitative Veränderung gegenüber der Situation vor zwei, drei, vier Jahren -, tatsächlich die Köpfe noch einmal zusammenzuschlagen beziehungsweise die letzten Unklarheiten zu beseitigen in einem Gespräch, was wirklich die Top-Leader, die Führungspersönlichkeiten der drei hier beteiligten politischen Einheiten betrifft.
Breker: Ein Verhandlungsprozess, Herr Perthes, hat begonnen, aber Hamas bleibt draußen. Das macht es den Israelis und den Amerikanern vielleicht leichter, aber dient es auch der Sache? Hilft es in der Sache?
Perthes: Es gibt ja eine ganze Menge Probleme dieses Verhandlungsprozesses. Einen haben Sie genannt: Hamas bleibt draußen und man kann natürlich nicht Frieden machen zwischen Israel und Palästina, indem man nur mit einem Teil der palästinensischen Gesellschaft, Öffentlichkeit, Politik oder nur mit einem Teil des Gebietes des zukünftigen Palästinas spricht, also mit den Vertretern der Westbank. Dies ist richtig.
Andere Schwierigkeiten sind die Schwäche der Verhandlungspartner hier, von Herrn Olmert, über dessen Koalition schon geredet worden ist, und von Herrn Abbas, der eben keine Koalition mehr hat und auch in dem Gebiet, wo er ansässig ist, nicht die volle territoriale Kontrolle hat. Gleichwohl ich will das noch einmal betonen: wir haben zwischen dem Zusammenbruch der Camp-David-Verhandlungen im Jahre 2000, als sich Präsident Clinton in seinem letzten Amtsjahr darum bemüht hat, Frieden zu stiften zwischen Israelis und Palästinensern, zwischen dem Zusammenbruch der Verhandlungen 2000 und der Annapolis-Konferenz keinen eigentlichen Friedensprozess mehr gehabt, wo die Parteien überhaupt miteinander verhandelt haben. Sie haben über dritte vielleicht miteinander Botschaften ausgetauscht und sie haben unilaterale Maßnahmen durchgeführt.
Ich glaube die Katastrophe des Jahres 2006 - Libanon-Krieg, Rückkehr der israelischen Armee in den Gaza-Streifen - hat den Beteiligten gezeigt, dass es ohne Verhandlungen nicht geht und dass man letztlich mit seinem Counter Part reden muss, auch wenn man immer wieder sagt er sei zu schwach oder der sei nicht ehrlich genug oder er wollte eigentlich etwas anderes als er sagt. Aber man muss mit den Gegnern auf der anderen Seite verhandeln.
Breker: Nicht nur Olmert und Abbas sind schwach; auch US-Präsident Bush hat seine eigenen Probleme. Er hat den Krieg im Irak, er hat seine Probleme mit dem Iran wegen des Atomprogramms. Wie hart kann er eigentlich gegenüber den Israelis zum Beispiel auftreten?
Perthes: So hart wie er will. Er hat ja auch nichts mehr zu verlieren. Er steht nicht zur Wahl. Er kann sich jetzt noch darum kümmern, ob sein historisches Erbe in der vertrackten Situation liegt, die er im Irak hinterlassen hat, oder ob er tatsächlich es schafft, zwischen Israelis und Palästinensern zumindest im Grunde einen Ausgleich und ein Abkommen über die großen Themen - also Staatsgründung, Jerusalem, Flüchtlinge, Grenzen und so weiter - auf den Weg zu bringen oder sogar zur Unterzeichnung zu bringen. Er braucht keine Rücksichten zu nehmen, nicht auf eine Basis im eigenen Lande, auch nicht auf die Israelis, wenn er das nicht von sich aus will. Insofern ist die Forderung von manchen israelischen und palästinensischen Kommentatoren, dass Bush eigentlich eine Friedensregelung erzwingen müsste, also zumindest sehr viel mehr Druck ausüben müsste auf beide Parteien, durchaus berechtigt.
Breker: Aber ist es nicht so, dass man sich in Israel schlicht überlegen kann, auf Zeit zu spielen und sozusagen auf den nächsten US-Präsidenten oder die nächste Präsidentin zu warten?
Perthes: Ja, das kann man natürlich tun und es gibt immer Kräfte, die eigentlich kein Friedensabkommen wollen, die auf Zeit spielen. Gleichzeitig sehen wir schon, dass wir Beteiligte hier haben, die erheblich gelernt haben aus den Entwicklungen der letzten ein, zwei Jahre. Ich glaube Premierminister Olmert gehört durchaus dazu. Nehmen Sie die Äußerung von Herrn Olmert, dass Jerusalem am Ende eines Friedensprozesses geteilt sein müsste. Das ist für die Friedensmacher in Israel und Palästina nichts Neues, keine neue Einsicht, aber dass ein israelischer Ministerpräsident das gegenüber einer israelischen Zeitung öffentlich sagt, das ist schon neu und das ist ganz wichtig. Das könnte sogar eine vertrauensbildende Maßnahme gegenüber den Palästinensern sein, zumindest wenn man nicht gleichzeitig dann neue Bauprojekte im besetzten Teil der Stadt Jerusalem legalisiert oder auf den Weg bringt.
Breker: Der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland Avi Primor nennt das, was da jetzt geschehen wird, eine einzige Show-Veranstaltung. Ist er zu pessimistisch?
Perthes: Ich glaube, Herr Bush kann das ein großes Stück weit selbst entscheiden, ob es nur eine solche Show-Veranstaltung bleibt - die Möglichkeit besteht dazu -, oder ob er tatsächlich die Chance nutzt, eine gewisse Dynamik, die mit Annapolis begonnen hat, weiterzuführen und ihr seine Unterstützung zu geben. Das heißt tatsächlich für das letzte Jahr seiner Amtszeit, sehr, sehr stark involviert zu bleiben, gelegentlich einmal tatsächlich Köpfe zusammenzuschlagen und sich nicht davon abhalten zu lassen, dass alle Beteiligten sagen, sie seien skeptisch und die Zeit reichte nicht mehr aus.
Wahrscheinlich ist es tatsächlich so, dass er keine andere Chance hat, ein positives historisches Erbe zu hinterlassen, als zu versuchen, zwischen Israelis und Palästinensern noch etwas auf den Weg zu bringen. Mir scheint jedenfalls - und das ist der große Vorteil, den er gegenüber Präsident Clinton in seinem letzten Amtsjahr hat -, dass die Beteiligten, mit denen er es zu tun hat, also Präsident Abbas, Premierminister Olmert, auch die Führer der arabischen Staaten in der Umgebung, sehr viel hilfreicher sind, vielleicht einfach weil sie gelernt haben in den letzten Jahren, als dass sieben Jahre vorher der Fall gewesen ist.
Breker: Im Deutschlandfunk war das der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik Volker Perthes. Herr Perthes, danke für dieses Gespräch.
Perthes: Vielen Dank auch!