Gerwald Herter: Die eine oder andere Frage bleibt natürlich offen, der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen (CDU), kann sie uns beantworten. Mit ihm bin ich nun verbunden. Guten Tag, Herr Carstensen!
Peter Harry Carstensen: Guten Tag!
Herter: Die SPD bleibt hart: Ohne die Stimmen der Sozialdemokraten im Landtag wird es aber nichts mit der Zweidrittelmehrheit, also keine Auflösung. Was machen Sie dann?
Carstensen: Also erst mal wissen wir nicht, ob die SPD hart bleibt. Wir haben das ja immer nur von Herrn Stegner gehört. Die SPD-Fraktion ist ein bisschen größer als Herr Stegner, und der Kollege Bartels, Bundestagsabgeordneter der SPD aus Kiel, kein Unbedeutender in der SPD, hat auch schon empfohlen, dass wir zu Neuwahlen kommen, und ich halte das auch für richtig.
Herter: Es gibt ja noch andere Wege, zu Neuwahlen zu kommen, und Herr Stegner könnte Sie dann vor sich hertreiben sozusagen und Sie zum Rücktritt zwingen, oder?
Carstensen: Nein, das kann er sicherlich nicht, und die Idee, einen Rücktritt von Peter Harry Carstensen, ich glaube, einem Ministerpräsident, der in Schleswig-Holstein recht erfolgreich war und der sicherlich die Krise nicht verursacht hat, das würde die Bevölkerung auch in großes Erstaunen versetzen. Nein, darum geht es überhaupt nicht. Wir warten die Abstimmung ab und dann können wir immer noch sehen, was dann gemacht werden kann.
Herter: Vertrauensfrage wäre auch noch eine andere Möglichkeit, ein Ausweg, warum nehmen Sie den nicht?
Carstensen: Ich habe gerade eben gesagt, dass wir das Abstimmungsergebnis abwarten, und ich glaube, man muss es auch einmal sehen, dass wir eine außerordentlich transparente Situation oder einen transparenten Weg gewählt haben. Das Demokratischste, was wir haben, sind Neuwahlen, sind Wahlen. Und wir haben gesagt, wir wollen also gar nicht über Ecken und Kanten dieses machen, sondern wir wollen anbieten, dass das Parlament sich auflöst und die gesamte Opposition - die Grünen, der SSD, die FDP, die CDU - ist für Neuwahlen, ist für die Auflösung des Parlaments. Und wer die Debatte miterlebt hat, der weiß auch, dass sie notwendig ist. Ich weiß auch nicht, wie die SPD begründen will, dass sie dem nicht zustimmt, denn sie hat also gestern eine Debatte geführt, die also wirklich mit konstruktiver Arbeit im Parlament und für Schleswig-Holstein nichts mehr zu tun hat.
Herter: Ja, wenn sich die SPD so verhält, dann ist es doch unwahrscheinlich, dass sie Ihrem Wunsch folgt?
Carstensen: Ja, wir wollen doch erst mal warten, wir wollen doch erst mal abwarten, wie das Ergebnis dort ist. Und wie die SPD sich so verhält, heißt ja, dass sie eben das Zerrüttetsein dort auch dokumentiert. Und ich glaube, ich will mal ein paar sachliche Dinge dazu sagen: Wir kommen in eine außerordentlich schwierige Situation im Land Schleswig-Holstein. Wir haben damals einen Riesenschuldenberg von der SPD, gerade von Herrn Stegner, der war Finanzminister, mit übernommen, und wir kommen in eine Situation, wo wir in einer Wirtschaftskrise sind, wo wir ein dramatisches Einbrechen der Steuereinnahmen im Land Schleswig-Holstein haben werden, und wir haben schwere und einschneidende Entscheidungen zu treffen.
Herter: Aber gerade das ist doch ein Grund dafür, dass die Koalition weiter bestehen sollte?
Carstensen: So sehen wir das an sich auch, und ich habe ja vieles dafür getan, dass die Koalition auch bis jetzt Bestand gehabt hat, weil wir gesagt haben, wir müssen verantwortungsvoll damit umgehen. Aber wenn sich jemand dann immer aus der Verantwortung bei schwierigen Entscheidungen herausstiehlt und bei Koalitionsverhandlungen dafür sorgt, dass dort die Stimmung entsteht: Die Guten, das sind wir, wir haben dafür gesorgt, dass also nicht so schwierige Dinge dort gemacht werden, wir reden über Kindergarten, über gebührenfreie Kindergartenjahre und viele andere Dinge, und die Bösen sind die von der CDU, dann hat das nichts mehr mit einer Verantwortungsgemeinschaft zu tun.
Herter: Sie meinen Ralf Stegner?
Carstensen: Ich meine Ralf Stegner.
Herter: Grüßen Sie diesen Mann noch, sagen Sie dem noch guten Tag?
Carstensen: Ja, selbstverständlich, das ist völlig klar, dass ich ihn noch grüße.
Herter: Obwohl er so über die Bande spielt?
Carstensen: Ja, das ist ja eben das, was auch die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner ja auch sehen. Nein, wir müssen eine handlungsfähige Regierung haben, und zu einer handlungsfähigen Regierung gehört Vertrauen und gehört Verantwortung. Und dieses Vertrauen und die Verantwortung sehe ich bei der SPD nicht mehr, bei Ralf Stegner, bei der von ihm geführten SPD nicht mehr.
Herter: Ein Stein des Anstoßes war die Sonderzahlung an den Chef des HSH Nordbank in Höhe von 2,9 Millionen Euro. Die Bank wird mit Milliardenhilfen aus öffentlichen Mitteln unterstützt, weil sie in Schieflage ist. Warum dann eine Sonderzahlung, Herr Carstensen?
Carstensen: Ja, es hat einen alten Vertrag dort gegeben, auf den Herr Nonnenmacher gepocht hat, und ich bin nicht glücklich darüber. Ich finde, das ist unangemessen und das ist moralisch tief zu verurteilen. Aber ganz gleich, der SPD-Innenminister Lothar Hay hat gestern eine bemerkenswerte Erklärung im Parlament abgegeben, wo er deutlich gemacht hat, dass die SPD in dieser Entscheidung eingebunden ist, dass er eingebunden war - er ist mit Aufsichtsratsmitglied und der Innenminister ist ja nun kein unbedeutender Mensch in einer Regierung -, und dass er eingebunden war und dem ausdrücklich zugestimmt hat. Und dann verwundert es schon, wenn dann einer sagt, er habe mit Erstaunen dieses erst aus der Presse zur Kenntnis genommen. Nein, das ist nicht wahr. Und die SPD ist frühzeitig eingebunden gewesen, und wie gesagt, der Innenminister hat dem zugestimmt. Und ich finde, auch das muss man mal zur Kenntnis nehmen, und wenn sich dann die SPD, sprich Herr Stegner, aus der Verantwortung stiehlt, ist das unanständig.
Herter: Aber diese Zahlung wurde beschlossen, auch von Ihnen. Sie berufen sich auf juristische Gründe. Hat das nicht auch eine politische Seite? Mit Bankchefs kann man doch reden, wenn die Bank in Schieflage ist?
Carstensen: Das ist das, was wir versucht haben und was in Auftrag gegeben worden ist. Es ist Herrn Nonnenmacher ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt worden, und dieses Sonderkündigungsrecht hat er gezogen, bevor er die Erklärung unterschrieben hat, die beinhaltet, dass die Gehälter eingefroren werden auf einen bestimmten Betrag, der auch von dem SoFFin vorgegeben war.
Herter: Sind Sie ausgetrickst worden?
Carstensen: Nein, das kann man nicht sagen, ausgetrickst nicht. Aber ich fühle mich sehr schlecht bei dieser Entscheidung. Aber manchmal gibt es Entscheidungen, wo Sie nur zwei Dinge haben: Entweder hätten wir 2,8 Millionen gezahlt und Herr Nonnenmacher wäre weg gewesen, dann hätten wir fast drei Millionen verloren und den Vorstandsvorsitzenden, und dieses in einer Situation, wo die Bankenaufsicht uns im Fell saß schon wegen der Vorstandsbesetzung. Und hier haben wir einen Teil bezahlt, und das muss man eben auch wissen, einen Teil, und den anderen Teil in eine Pension umgewandelt, die erst gezogen werden kann, wenn er 60 ist. Aber ganz gleich, das kann man nicht erklären von der Summe, und ich halte das für außerordentlich problematisch, was Herr Nonnenmacher dort gemacht hat, aber trotz dem ist diese Situation - so hat Herr Hay, der Innenminister der SPD, auch das heute so erklärt -, trotzdem war die Situation und die Entscheidung für das Land und für die Länder günstiger als die andere Entscheidung.
Herter: Mit wem wollen Sie denn nach dem 27. September, wenn tatsächlich Wahlen stattfinden, regieren, wenn nicht mit der SPD?
Carstensen: Also wir haben den großen Vorteil, dass nach den Umfragen wir uns manchen Partner aussuchen können, aber ich glaube, die größte Schnittmenge haben wir selbstverständlich mit der FDP. Insofern ist das natürlich auch das Ziel, dass wir die ersten Gespräche auch mit der FDP dort machen und auch zu einer Koalition mit der FDP kommen.
Herter: Da müssen Sie selber auf ein gutes Ergebnis kommen. Werden Sie vom Bundestrend profitieren können?
Carstensen: Das kann ich Ihnen nicht sagen, das weiß ich nicht. Aber das ist eben bei Wahlen so. Ich bin viel zu tief Demokrat, als dass ich dort in eine Taktiererei dort reingehe, sondern ich sage, Wahlen sind demokratisch, und die Wahlen werden uns ein Ergebnis geben. Und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es für uns ein gutes Ergebnis sein wird und dass wir mit der FDP auch eine gute Koalition bilden können.
Herter: Und andere Koalitionen würden Sie aber nicht ausschließen?
Carstensen: Ich habe überhaupt keine Veranlassung, über andere Koalitionen nachzudenken. Wir warten auf das Ergebnis, und ich sage Ihnen, unser Wunschkoalitionär ist die FDP.
Herter: Angesichts der Verschuldung und der Schwierigkeiten, die es auch im nächsten Jahr geben wird, wird es für keine Koalition leicht sein, überhaupt künftig zu regieren, zu gestalten, Politik zu gestalten. Warum wollen Sie persönlich wieder antreten?
Carstensen: Also ich glaube, man hat auch ein bisschen Verantwortung für sein Heimatland. Ich liebe dieses Land. Und ich bin in der Lage gewesen, mit dieser, gerade auch mit der Großen Koalition, in die ich viel Herzblut reingesetzt habe, gute Ergebnisse zu zeigen. Wir haben den Verkehrsstau aufgelöst, wir haben die Verschuldung, die Nettoneuverschuldung reduziert. Wir haben dafür gesorgt, dass Arbeitsplätze geschaffen wurden. Wir waren früher immer schlechter als der Bundesdurchschnitt, jetzt sind wir besser. Wir sind bei der Zahl der Arbeitslosen besser als der Bundesdurchschnitt geworden.
Herter: Aber bei den Schulden sind Sie doch in der Klemme?
Carstensen: Na ja, natürlich sind wir in der Klemme, ich weiß ja auch, was wir übernommen haben. Herr Stegner ist Finanzminister gewesen, und wenn Sie sich mal vergegenwärtigen, dass ich das Land und die Regierung übernommen habe bei 5,2 Milliarden, 5,2 Milliarden Steuereinnahmen, hat der Herr Stegner einen Haushalt vorgelegt mit 550 Millionen Deckungslücke, Nettoneuverschuldung. Und als wir anfingen, fanden wir in der Kasse eine zusätzliche Deckungslücke von 940 Millionen Euro.
Herter: Und jetzt haben Sie über 20 Milliarden Schulden?
Carstensen: Wir haben 23, über 23 Milliarden Schulden. Das ist die Situation, die wir haben, und wir zahlen eine Milliarde an Zinsen. Und wenn ich nur die Hälfte zahlen würde, wäre das schon viel zu viel. Und wenn wir diese Hälfte, 500 Millionen, aufteilen würden, könnten 200 Millionen für die Universitäten, 200 Millionen für die Schulen und 100 Millionen für die Kindergärten, wäre ich sehr froh, aber wir müssen das leider an Zinsen bezahlen. Und da hat einer, der jetzt uns die großen Schwierigkeiten macht, einen nicht unerheblichen Anteil.
Herter: Haben Sie nicht viel zu lange gezögert, damit diese Koalition zu beenden?
Carstensen: Ich bin sehr froh über diese Frage, denn sie beinhaltet natürlich auch ... Mir wird ja der Vorwurf gemacht, ich hätte taktiert. Und ich habe sehr lange versucht, diese Koalition zu halten, jawohl, das ist richtig. Da kann man nun lange drüber spekulieren, ob es zu lange gewesen ist, aber ich habe es lange versucht. Wir hatten Verantwortung und wir haben Verantwortung für das Land, und die wollte ich gemeinsam wahrnehmen. Aber dazu gehört, dass man auch eine Verantwortungsgemeinschaft hat, ich sage es noch mal, und dazu gehört, dass alle sich auch hinter unbeliebte Entscheidungen stellen und sich nicht irgendwo einen schlanken Fuß machen und sagen: So, mit der haben wir nichts zu tun, das ist das, was wir nicht mögen. Wir mögen auch nicht dort den Menschen Weihnachtsgeld abnehmen oder vielleicht reduzieren in manchen Haushalten. Das ist kein Vergnügen. Aber wenn es denn sein muss, dann muss man in einer Koalition auch gemeinsam dafür stehen. Nun stellen Sie sich mal einen Betrieb vor, wo es einen Vorstand gibt von mehreren Leuten, und diese kommen in große Schwierigkeiten, und einer ist dazwischen, der dem gesamten Vorstand immer wieder Knüppel zwischen die Beine schmeißt, dann würden sie den auch raussetzen. Und das ist die Situation, die wir im Moment haben.
Peter Harry Carstensen: Guten Tag!
Herter: Die SPD bleibt hart: Ohne die Stimmen der Sozialdemokraten im Landtag wird es aber nichts mit der Zweidrittelmehrheit, also keine Auflösung. Was machen Sie dann?
Carstensen: Also erst mal wissen wir nicht, ob die SPD hart bleibt. Wir haben das ja immer nur von Herrn Stegner gehört. Die SPD-Fraktion ist ein bisschen größer als Herr Stegner, und der Kollege Bartels, Bundestagsabgeordneter der SPD aus Kiel, kein Unbedeutender in der SPD, hat auch schon empfohlen, dass wir zu Neuwahlen kommen, und ich halte das auch für richtig.
Herter: Es gibt ja noch andere Wege, zu Neuwahlen zu kommen, und Herr Stegner könnte Sie dann vor sich hertreiben sozusagen und Sie zum Rücktritt zwingen, oder?
Carstensen: Nein, das kann er sicherlich nicht, und die Idee, einen Rücktritt von Peter Harry Carstensen, ich glaube, einem Ministerpräsident, der in Schleswig-Holstein recht erfolgreich war und der sicherlich die Krise nicht verursacht hat, das würde die Bevölkerung auch in großes Erstaunen versetzen. Nein, darum geht es überhaupt nicht. Wir warten die Abstimmung ab und dann können wir immer noch sehen, was dann gemacht werden kann.
Herter: Vertrauensfrage wäre auch noch eine andere Möglichkeit, ein Ausweg, warum nehmen Sie den nicht?
Carstensen: Ich habe gerade eben gesagt, dass wir das Abstimmungsergebnis abwarten, und ich glaube, man muss es auch einmal sehen, dass wir eine außerordentlich transparente Situation oder einen transparenten Weg gewählt haben. Das Demokratischste, was wir haben, sind Neuwahlen, sind Wahlen. Und wir haben gesagt, wir wollen also gar nicht über Ecken und Kanten dieses machen, sondern wir wollen anbieten, dass das Parlament sich auflöst und die gesamte Opposition - die Grünen, der SSD, die FDP, die CDU - ist für Neuwahlen, ist für die Auflösung des Parlaments. Und wer die Debatte miterlebt hat, der weiß auch, dass sie notwendig ist. Ich weiß auch nicht, wie die SPD begründen will, dass sie dem nicht zustimmt, denn sie hat also gestern eine Debatte geführt, die also wirklich mit konstruktiver Arbeit im Parlament und für Schleswig-Holstein nichts mehr zu tun hat.
Herter: Ja, wenn sich die SPD so verhält, dann ist es doch unwahrscheinlich, dass sie Ihrem Wunsch folgt?
Carstensen: Ja, wir wollen doch erst mal warten, wir wollen doch erst mal abwarten, wie das Ergebnis dort ist. Und wie die SPD sich so verhält, heißt ja, dass sie eben das Zerrüttetsein dort auch dokumentiert. Und ich glaube, ich will mal ein paar sachliche Dinge dazu sagen: Wir kommen in eine außerordentlich schwierige Situation im Land Schleswig-Holstein. Wir haben damals einen Riesenschuldenberg von der SPD, gerade von Herrn Stegner, der war Finanzminister, mit übernommen, und wir kommen in eine Situation, wo wir in einer Wirtschaftskrise sind, wo wir ein dramatisches Einbrechen der Steuereinnahmen im Land Schleswig-Holstein haben werden, und wir haben schwere und einschneidende Entscheidungen zu treffen.
Herter: Aber gerade das ist doch ein Grund dafür, dass die Koalition weiter bestehen sollte?
Carstensen: So sehen wir das an sich auch, und ich habe ja vieles dafür getan, dass die Koalition auch bis jetzt Bestand gehabt hat, weil wir gesagt haben, wir müssen verantwortungsvoll damit umgehen. Aber wenn sich jemand dann immer aus der Verantwortung bei schwierigen Entscheidungen herausstiehlt und bei Koalitionsverhandlungen dafür sorgt, dass dort die Stimmung entsteht: Die Guten, das sind wir, wir haben dafür gesorgt, dass also nicht so schwierige Dinge dort gemacht werden, wir reden über Kindergarten, über gebührenfreie Kindergartenjahre und viele andere Dinge, und die Bösen sind die von der CDU, dann hat das nichts mehr mit einer Verantwortungsgemeinschaft zu tun.
Herter: Sie meinen Ralf Stegner?
Carstensen: Ich meine Ralf Stegner.
Herter: Grüßen Sie diesen Mann noch, sagen Sie dem noch guten Tag?
Carstensen: Ja, selbstverständlich, das ist völlig klar, dass ich ihn noch grüße.
Herter: Obwohl er so über die Bande spielt?
Carstensen: Ja, das ist ja eben das, was auch die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner ja auch sehen. Nein, wir müssen eine handlungsfähige Regierung haben, und zu einer handlungsfähigen Regierung gehört Vertrauen und gehört Verantwortung. Und dieses Vertrauen und die Verantwortung sehe ich bei der SPD nicht mehr, bei Ralf Stegner, bei der von ihm geführten SPD nicht mehr.
Herter: Ein Stein des Anstoßes war die Sonderzahlung an den Chef des HSH Nordbank in Höhe von 2,9 Millionen Euro. Die Bank wird mit Milliardenhilfen aus öffentlichen Mitteln unterstützt, weil sie in Schieflage ist. Warum dann eine Sonderzahlung, Herr Carstensen?
Carstensen: Ja, es hat einen alten Vertrag dort gegeben, auf den Herr Nonnenmacher gepocht hat, und ich bin nicht glücklich darüber. Ich finde, das ist unangemessen und das ist moralisch tief zu verurteilen. Aber ganz gleich, der SPD-Innenminister Lothar Hay hat gestern eine bemerkenswerte Erklärung im Parlament abgegeben, wo er deutlich gemacht hat, dass die SPD in dieser Entscheidung eingebunden ist, dass er eingebunden war - er ist mit Aufsichtsratsmitglied und der Innenminister ist ja nun kein unbedeutender Mensch in einer Regierung -, und dass er eingebunden war und dem ausdrücklich zugestimmt hat. Und dann verwundert es schon, wenn dann einer sagt, er habe mit Erstaunen dieses erst aus der Presse zur Kenntnis genommen. Nein, das ist nicht wahr. Und die SPD ist frühzeitig eingebunden gewesen, und wie gesagt, der Innenminister hat dem zugestimmt. Und ich finde, auch das muss man mal zur Kenntnis nehmen, und wenn sich dann die SPD, sprich Herr Stegner, aus der Verantwortung stiehlt, ist das unanständig.
Herter: Aber diese Zahlung wurde beschlossen, auch von Ihnen. Sie berufen sich auf juristische Gründe. Hat das nicht auch eine politische Seite? Mit Bankchefs kann man doch reden, wenn die Bank in Schieflage ist?
Carstensen: Das ist das, was wir versucht haben und was in Auftrag gegeben worden ist. Es ist Herrn Nonnenmacher ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt worden, und dieses Sonderkündigungsrecht hat er gezogen, bevor er die Erklärung unterschrieben hat, die beinhaltet, dass die Gehälter eingefroren werden auf einen bestimmten Betrag, der auch von dem SoFFin vorgegeben war.
Herter: Sind Sie ausgetrickst worden?
Carstensen: Nein, das kann man nicht sagen, ausgetrickst nicht. Aber ich fühle mich sehr schlecht bei dieser Entscheidung. Aber manchmal gibt es Entscheidungen, wo Sie nur zwei Dinge haben: Entweder hätten wir 2,8 Millionen gezahlt und Herr Nonnenmacher wäre weg gewesen, dann hätten wir fast drei Millionen verloren und den Vorstandsvorsitzenden, und dieses in einer Situation, wo die Bankenaufsicht uns im Fell saß schon wegen der Vorstandsbesetzung. Und hier haben wir einen Teil bezahlt, und das muss man eben auch wissen, einen Teil, und den anderen Teil in eine Pension umgewandelt, die erst gezogen werden kann, wenn er 60 ist. Aber ganz gleich, das kann man nicht erklären von der Summe, und ich halte das für außerordentlich problematisch, was Herr Nonnenmacher dort gemacht hat, aber trotz dem ist diese Situation - so hat Herr Hay, der Innenminister der SPD, auch das heute so erklärt -, trotzdem war die Situation und die Entscheidung für das Land und für die Länder günstiger als die andere Entscheidung.
Herter: Mit wem wollen Sie denn nach dem 27. September, wenn tatsächlich Wahlen stattfinden, regieren, wenn nicht mit der SPD?
Carstensen: Also wir haben den großen Vorteil, dass nach den Umfragen wir uns manchen Partner aussuchen können, aber ich glaube, die größte Schnittmenge haben wir selbstverständlich mit der FDP. Insofern ist das natürlich auch das Ziel, dass wir die ersten Gespräche auch mit der FDP dort machen und auch zu einer Koalition mit der FDP kommen.
Herter: Da müssen Sie selber auf ein gutes Ergebnis kommen. Werden Sie vom Bundestrend profitieren können?
Carstensen: Das kann ich Ihnen nicht sagen, das weiß ich nicht. Aber das ist eben bei Wahlen so. Ich bin viel zu tief Demokrat, als dass ich dort in eine Taktiererei dort reingehe, sondern ich sage, Wahlen sind demokratisch, und die Wahlen werden uns ein Ergebnis geben. Und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es für uns ein gutes Ergebnis sein wird und dass wir mit der FDP auch eine gute Koalition bilden können.
Herter: Und andere Koalitionen würden Sie aber nicht ausschließen?
Carstensen: Ich habe überhaupt keine Veranlassung, über andere Koalitionen nachzudenken. Wir warten auf das Ergebnis, und ich sage Ihnen, unser Wunschkoalitionär ist die FDP.
Herter: Angesichts der Verschuldung und der Schwierigkeiten, die es auch im nächsten Jahr geben wird, wird es für keine Koalition leicht sein, überhaupt künftig zu regieren, zu gestalten, Politik zu gestalten. Warum wollen Sie persönlich wieder antreten?
Carstensen: Also ich glaube, man hat auch ein bisschen Verantwortung für sein Heimatland. Ich liebe dieses Land. Und ich bin in der Lage gewesen, mit dieser, gerade auch mit der Großen Koalition, in die ich viel Herzblut reingesetzt habe, gute Ergebnisse zu zeigen. Wir haben den Verkehrsstau aufgelöst, wir haben die Verschuldung, die Nettoneuverschuldung reduziert. Wir haben dafür gesorgt, dass Arbeitsplätze geschaffen wurden. Wir waren früher immer schlechter als der Bundesdurchschnitt, jetzt sind wir besser. Wir sind bei der Zahl der Arbeitslosen besser als der Bundesdurchschnitt geworden.
Herter: Aber bei den Schulden sind Sie doch in der Klemme?
Carstensen: Na ja, natürlich sind wir in der Klemme, ich weiß ja auch, was wir übernommen haben. Herr Stegner ist Finanzminister gewesen, und wenn Sie sich mal vergegenwärtigen, dass ich das Land und die Regierung übernommen habe bei 5,2 Milliarden, 5,2 Milliarden Steuereinnahmen, hat der Herr Stegner einen Haushalt vorgelegt mit 550 Millionen Deckungslücke, Nettoneuverschuldung. Und als wir anfingen, fanden wir in der Kasse eine zusätzliche Deckungslücke von 940 Millionen Euro.
Herter: Und jetzt haben Sie über 20 Milliarden Schulden?
Carstensen: Wir haben 23, über 23 Milliarden Schulden. Das ist die Situation, die wir haben, und wir zahlen eine Milliarde an Zinsen. Und wenn ich nur die Hälfte zahlen würde, wäre das schon viel zu viel. Und wenn wir diese Hälfte, 500 Millionen, aufteilen würden, könnten 200 Millionen für die Universitäten, 200 Millionen für die Schulen und 100 Millionen für die Kindergärten, wäre ich sehr froh, aber wir müssen das leider an Zinsen bezahlen. Und da hat einer, der jetzt uns die großen Schwierigkeiten macht, einen nicht unerheblichen Anteil.
Herter: Haben Sie nicht viel zu lange gezögert, damit diese Koalition zu beenden?
Carstensen: Ich bin sehr froh über diese Frage, denn sie beinhaltet natürlich auch ... Mir wird ja der Vorwurf gemacht, ich hätte taktiert. Und ich habe sehr lange versucht, diese Koalition zu halten, jawohl, das ist richtig. Da kann man nun lange drüber spekulieren, ob es zu lange gewesen ist, aber ich habe es lange versucht. Wir hatten Verantwortung und wir haben Verantwortung für das Land, und die wollte ich gemeinsam wahrnehmen. Aber dazu gehört, dass man auch eine Verantwortungsgemeinschaft hat, ich sage es noch mal, und dazu gehört, dass alle sich auch hinter unbeliebte Entscheidungen stellen und sich nicht irgendwo einen schlanken Fuß machen und sagen: So, mit der haben wir nichts zu tun, das ist das, was wir nicht mögen. Wir mögen auch nicht dort den Menschen Weihnachtsgeld abnehmen oder vielleicht reduzieren in manchen Haushalten. Das ist kein Vergnügen. Aber wenn es denn sein muss, dann muss man in einer Koalition auch gemeinsam dafür stehen. Nun stellen Sie sich mal einen Betrieb vor, wo es einen Vorstand gibt von mehreren Leuten, und diese kommen in große Schwierigkeiten, und einer ist dazwischen, der dem gesamten Vorstand immer wieder Knüppel zwischen die Beine schmeißt, dann würden sie den auch raussetzen. Und das ist die Situation, die wir im Moment haben.