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CAS-Entscheidung
Russlands ausgeklügeltes Staatsdoping-System funktioniert

Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) hat die lebenslangen Sperren von 28 russischen Sportlern aufgehoben. Mit dem Freispruch sei juristisch belegt: Wer sich auf ein staatliches Doping-Manipulationssystem wie in Russland berufe, könne dafür nicht individuell bestraft werden, kommentiert Jonas Reese im Dlf.

Von Jonas Reese | 01.02.2018
    Eine Frau hält eine russische Fahne vor dem IOC-Gebäude in Lausanne.
    Eine Frau hält eine russische Fahne vor dem IOC-Gebäude in Lausanne. (dpa-Bildfunk / AP / KEYSTONE / Christophe Bott)
    Eine Blamage des IOC vor Gericht? Ganz und gar nicht. Etwas Besseres hätte den Herrschern der Ringe rund eine Woche vor Beginn der Olympischen Winterspiele wohl kaum passieren können. Russlands Sportler, die bewiesenermaßen Teil eines staatlichen Dopingsystems waren, sind rehabilitiert. Möglicherweise dürfen sie sogar in Südkorea an den Start gehen.
    Jetzt ist juristisch belegt: Wer sich auf ein staatliches Doping-Manipulationssystem wie in Russland beruft, der kann dafür nicht individuell bestraft werden. Wenn so ein Betrugssystem funktioniert, ist die Beweislast gegen den einzelnen Sportler kaum mehr ausreichend für eine Sperre.
    Insofern ist dieser Freispruch für die 28 russischen Sportler zynisch-genial. Er ist das juristische Gütesiegel: Russlands ausgeklügeltes Staatsdoping-System funktioniert.
    Nicht weniger genial war das Vorgehen des Internationalen Olympischen Komitees bislang in der ganzen Causa. Das IOC wollte wieder mal nicht die gesamte russische Nation von den Spielen ausschließen. Weil: Auch wenn man den staatlich orchestrierten Betrug als "beispiellosen Angriff auf die Integrität der Spiele bezeichnet hatte." Ein ganzes Land auszusperren, hieße auch unschuldige Sportler zu bestrafen. Diese Form von Geiselhaft beabsichtige man natürlich nicht. Also prüfte man jeden Einzelfall und sprach zahlreiche lebenslange Sperren aus.
    Genau das, was Bach und Putin erreichen wollten
    Das Urteil des Sportgerichtshofs sendet nun genau das gegenteilige Signal: Einzelne Sportler werden offensichtlich freigesprochen, gerade weil sie einem staatlichen System unterlagen. Oder einfacher: Bei einer Kollektivschuld dürfe man nicht den Einzelnen bestrafen.
    Jetzt wird also kein Mitglied des russischen Staatsdopings bestraft. Also genau das, was IOC-Präsident Thomas Bach und sein Freund Wladimir Putin erreichen wollten.
    Man kennt diesen Zustand ja schon von den Sommerspielen 2016 in Brasilien. Auch da weigerte sich Bach, im Gegensatz zu anderen, die Russen komplett auszuschließen. Auch hier herrschte bis kurz zu Beginn der Spiele Chaos und Konfusion darüber, wer nun starten darf und wer nicht.
    Aber jetzt knapp vier Jahre später darf man konstatieren: Bach hat seine Lektion gelernt. In Rio konnte man es ganz klar dem IOC als Schwäche auslegen, Doping-Russland nicht komplett auszusperren. Dieses Mal aber hat Bach es besser gemacht. Jetzt kann er sagen: Wir wollten ja bestrafen, aber die Gerichte haben uns blockiert.
    Es bleibt also beim Alten: Allen Beteuerungen, Empörungen, Untersuchungen und zig eingesetzten Kommissionen zum Trotz: Das Internationale Olympische Komitee, die Herrscher der Ringe, haben Russlands Staats-Doping-System als solches anerkannt und benannt. Aber es gibt keine Folgen. Null!