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CDU-Finanzexperte verteidigt Steuerkonzept der Union

Der CDU-Finanzpolitiker Michael Meister hat die Steuerpläne der Union gegen den Vorwurf verteidigt, die Einschnitte zielten in erster Linie auf untere Einkommensgruppen. Die vorgesehene Streichung von steuerlichen Ausnahmetatbeständen wie Nacht- und Feiertagszuschlägen werde durch die Senkung des Eingangssteuersatzes und ein steuerfreies Existenzminimum ausgeglichen, sagte Meister.

Moderation: Elke Durak |
    Elke Durak: Sie sagen es wenigstens vor der Wahl, damit sich hinterher niemand wundert: Die Union denkt daran, die Steuerfreiheit für Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge zu streichen, sie stellt eine Kürzung der Pendlerpauschale und Veränderungen bei der Eigenheimzulage in Aussicht. Gestreckt über mehrere Jahre, aber immerhin doch. Dass sich die Union mit solchen Plänen befasst ist eigentlich nicht neu und wer wollte, konnte das schon vor längerer Zeit erfahren: Im vergangenen Jahr hatte die Union ein neues Steuerkonzept beschlossen und darüber auch gesprochen. Der künftige mögliche Koalitionspartner FDP geht noch einen Schritt weiter, will das Tarifrecht ändern, die Macht der Funktionäre in den Gewerkschaften brechen, so wurde es gesagt, Mitbestimmung und Vertragsrecht verändern. Die Gewerkschaften sind empört und nicht nur sie fragen sich, wie wird die Union darauf reagieren. Ich möchte mit Michael Meister darüber reden, er ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag, zuständig für Haushalt und Finanzen und nun am Telefon, guten Morgen.

    Michael Meister: Guten Morgen, Frau Durak.

    Durak: Beginnen wir mal mit dem neuesten, dem FDP-Vorstoß zur Änderung der Mitbestimmung des Tarifrechts. Wie weit wird die Union mit der FDP dabei mitgehen?

    Meister: Unsere Aufgabe ist es nicht, Programmatik der FDP zu übernehmen, sondern wir haben einen eigenen Gesetzentwurf unter dem Stichwort "Pakt für Deutschland" zum Thema Arbeitsmarktreform in den deutschen Bundestag eingebracht. Das hatten wir auch eingebracht beim Kanzlergespräch im März, dem so genannten Jobgipfel und dort haben wir uns dafür ausgesprochen, mehr Arbeitsplätze zu schaffen in Deutschland durch einen flexibleren Arbeitsmarkt. An der Stelle haben wir zum Beispiel eine Senkung der Arbeitslosenversicherung vorgeschlagen, wir haben uns dafür ausgesprochen, einen klaren rechtlichen Rahmen zu schaffen für betriebliche Bündnisse für Arbeit, dafür, eine Optionsregelung beim Kündigungsschutz einzuführen. Das sind beispielhafte Maßnamen, für die die Union steht. Die FDP muss für ihre eigene Programmatik stehen und dann werden wir schauen, wer wie viel Mehrheiten dafür bekommt.

    Durak: Nun hat das im Detail nicht jeder im Kopf. Geht denn die Union so weit, wie es BDA-Chef Dieter Hundt jetzt fordert, dass betriebliche Bündnisse für Arbeit Vorrang vor dem Flächentarifvertrag haben sollten?

    Meister: Wir haben gesagt, dass es möglich sein muss, wenn die Personalvertretung oder Betriebsrat, die Unternehmensleitung und das Personal sich verständigen auf eine vom Tarifvertrag abweichende Regelung, dass diese dann so lange Bestand haben soll, bis ein neuer Tarifvertrag beschlossen wird. Das ist die Herangehensweise, die wir pflegen.

    Durak: Wollen Sie die Macht der Gewerkschaften brechen?

    Meister: Ich glaube, die Gewerkschaften sind ein wesentlicher Teil des deutschen Arbeits- und Wirtschaftslebens. Wir versuchen sie als Partner zu sehen, wir halten nichts von dem Kriegsvokabular, was Herr Sommer in die Diskussion eingeführt hat, da wäre eine Diskussion, die sich um Arbeitsplätze und Wachstum in Deutschland Sorgen macht, angebrachter. Allerdings hoffen wir, dass wir die Gewerkschaften als Partner gewinnen, Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen und das ist unser vorrangiges Ziel, nicht Gegner aufzubauen.

    Durak: Pendlerpauschale, Eigenheimzulage, Steuerfreiheit auf Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge - das zielt vor allem auf untere Einkommen. Ist das nicht doch ein wenig einseitig?

    Meister: Wir haben zunächst einmal festgestellt, dass in den vergangenen Jahren die Steuerpolitik das deutsche Steuerrecht immer komplexer gemacht hat, es ist chaotisiert worden. Deshalb sagen wir, wir brauchen einen Neuanfang an dieser Stelle. Dabei haben wir gesagt, dass wir Ausnahmetatbestände umfassend abbauen wollen. Dies bedeutet, dass dadurch zunächst einmal eine Vereinfachung erreicht wird. Dies wollen wir an zwei Stellen an die Steuerpflichtigen zurückgeben: einmal über eine Senkung des Tarifs beginnend vom Eingangssteuersatz, was insbesondere untere Einkommen trifft, bis zum Spitzensteuersatz. Und wir haben gesagt, dass wir eine besondere Stärkung der Familien anstreben: Für jeden Menschen in Deutschland ein Existenzminimum was steuerfrei ist in Höhe von 8000 Euro. Dies würde insbesondere Familien gerade mit kleinen Einkommen stärken.

    Durak: Wenn ich das richtig berechne und vergleiche, trifft es also untere Einkommen, die keine Familien haben, besonders?

    Meister: Das kann man so eindeutig nicht sagen, es hängt sehr stark davon ab, welche Gestaltungsmöglichkeiten ein Steuerpflichtiger in Anspruch genommen hat. In der Regel ist es so, dass von den Ausnahmetatbeständen im Steuerrecht insbesondere Menschen mit höheren oder höchsten Einkommen Gebrauch machen können, weil sie über das Knowhow oder auch die Beratungskapazitäten verfügen. Ich glaube, dass eine Vereinfachung des Steuerrechts insbesondere an dieser Stelle Grenzen setzen wird.

    Durak: Inwiefern?

    Meister: Wenn es wenig Gestaltungsmöglichkeiten gibt, gibt es auch wenig Möglichkeiten, von Ausnahmetatbeständen Gebrauch zu machen und bisher ist es eben nicht so, dass die unteren Einkommen in besonderer Weise steuergestaltend tätig geworden sind, sondern es waren eher Menschen, die höhere Einkommen hatten. Deshalb glaube ich, dass es schon alle Einkommensschichten trifft von unten bis oben und dass insbesondere wichtig ist, dass die Menschen wieder verstehen, warum sie wie viele Steuern bezahlen. Beim heutigen Steuerrecht ist das so komplex und unverständlich, dass das kein Mensch mehr versteht.

    Durak: Wie wollen Sie denn die Kürzung der Pendlerpauschale in Ihren Flächenländern durchbringen? Wer flexibel ist und weit zur Arbeit fährt und dabei unter einem schwachbrüstigen Nahverkehr zu leiden hat, wird doch besonders betraft.

    Meister: Wir haben zunächst mal gesagt, dass bis 50 Kilometer die Pendlerpauschale weiter existieren soll, das heißt, für Menschen, die einen weiteren Fahrweg haben, werden die ersten 50 Kilometer gerechnet und wir haben in der Beschlusslage gegenwärtig, dass es zu einer Absenkung auf 25 Cent kommen soll. Man muss das allerdings immer in Verbindung sehen mit der Tarifsenkung. Wir schlagen ja auch vor, dass der Eingangssteuersatz von heute 15 auf dann 12 Prozent gesenkt werden soll, man muss es in Verbindung sehen mit der Familienleistung, die ich vorhin ansprach und ich glaube, dann ist es auch in Flächenländern zu vermitteln.

    Durak: Die FDP spielt ja ordentlich auf und präsentiert sich als starker, wenn auch kleiner möglicher Koalitionspartner, will sich querstellen bei einer Mehrwertsteuererhöhung. Möglicherweise hat die Union am Ende keine andere Wahl als in die große Koalition zu gehen.

    Meister: Ich glaube, Deutschland braucht eine Änderung, eine Kurskorrektur, dies wird weder mit Rot-Grün noch mit einer großen Koalition möglich sein. Wenn wir mehr Arbeitsplätze schaffen und Wachstum ankurbeln wollen, wieder Wohlstand gewinnen und nicht verlieren wie seither, dann wird die Option sein, eine Koalition zwischen Union und FDP, allerdings auch mit dem Gewicht, dass die Union mit hoher Wahrscheinlichkeit der große und starke Partner ist und dies werden wir dann auch versuchen, bei der Kursbestimmung mit einzubringen.

    Durak: Und wenn die FDP sich weiter querstellt?

    Meister: Ich denke schon, dass der FDP auch bewusst ist, dass es eine einmalige Chance ist, hier für Deutschland tatsächlich im Bereich Arbeitsmarkt, Wachstum Veränderungen bewirken zu können und ich gehe davon aus, dass auch bei der FDP der Wille da ist, diese gemeinsame Chance von Union und FDP zu nutzen und sie nicht zu vertun.

    Durak: Ein Wort noch zu Edmund Stoiber und Friedrich Merz: Seit dem Wochenende wissen wir, dass Merz es ganz genau wissen will, nämlich ob Stoiber ein Ministeramt will und zwar sollte er das vor der Wahl erklären, darauf hätten die Wähler einen Anspruch. Haben die Wähler diesen?

    Meister: Ich gehe davon aus, dass wir zunächst mal am 11. Juli das klären, was das wichtigste ist, nämlich dass wir eine klare Ansage machen, die über vier Jahre belastbar ist bezüglich der inhaltlichen Aussagen unseres Programms. Wir werden uns anschließend - und das ist das Mandat, was Angela Merkel als Kanzlerkandidatin hat - auch mit Sicherheit Personalvorschläge bekommen für diejenigen, die in einer Art Kompetenzteam dann glaubwürdig für diese Programmatik stehen werden und die umsetzen sollen und ich gehe davon aus, dass in diesem Zusammenhang auch klargelegt wird, wer welche Aufgabe in Zukunft in Berlin übernimmt.

    Durak: Also doch vor der Wahl?

    Meister: Ich gehe davon aus, dass sowohl die programmatischen wie auch die personellen Ansagen dem Wähler vor der Wahl angesagt werden.