Jörg Schönbohm: Ich bin nach der letzten Kommunalwahl vor fünf Jahren nach Brandenburg gegangen, weil die PDS vor der CDU war und die CDU drittstärkste Partei, und habe gesagt, das müssen wir ändern, und das haben wir gestern geändert. Dazu kamen glückliche Faktoren für uns, natürlich die Bundespolitik, aber etwas anderes darf man nicht vergessen: Wir haben die meisten Kandidaten insgesamt mit 4.700 gehabt, sind geschlossen aufgetreten und in einer Stadt wie Brandenburg-Havel im ersten Wahlgang 48,3 Prozent zu erzielen gegen fünf andere Kandidaten, zeigt, es hängt auch von den Persönlichkeiten ab. Also, von daher gesehen ist für uns der Zuwachs ein Ergebnis unserer Arbeit, der Verlust für die SPD ein Teil der mangelnden Glaubwürdigkeit der SPD insgesamt.
Wiese: Andererseits eine Wahlbeteiligung von nur rund 44 Prozent, das ist ja geradezu katastrophal.
Schönbohm: Ja, das hat man schon während des Wahlkampfes gespürt. Es ist ein Missvergnügen, die Menschen sagen, wir können doch nichts ändern, und ich habe insgesamt 60 Wahlkampfauftritte gehabt und den Menschen gesagt, Politik heißt nicht, Geld zu verteilen, das war lange Zeit in Brandenburg so, sondern Politik heißt zu sagen, was man machen will und wofür man das Geld auf die Finanzschwerpunkte setzt. Also, Zurückhaltung und Desinteresse war erkennbar und wir müssen uns darum bemühen, das Vertrauen der Menschen wieder zu gewinnen, damit sie sagen, dieses demokratische System funktioniert und wir können mit der Wahl unsere Stimme abgeben. Ein letzter Punkt: Ich habe all denen gesagt, die ihr unzufrieden seid, ihr könnt nicht mehr meckern, wenn ihr nicht wählen geht. In der Wahl müsst ihr eure Position klar machen. Und dann haben sie gesagt, es ist ja egal, was wir wählen, es ändert sich ja doch nichts. Und das müssen wir jetzt zeigen, dass sich was ändert. Am Beispiel Brandenburg-Havel, hoffe ich, können wir das in drei Wochen machen.
Wiese: Nun hatte, wie ich schon sagte, Platzeck das Ergebnis in erster Linie als Misstrauenssignal an die Bundesregierung in Berlin gewertet. Werten Sie es auch dann als Vertrauenssignal für die Bundes-CDU von Angela Merkel?
Schönbohm: Ich denke, man muss unsere Kommunalwahlen nicht überbewerten. Für den Ministerpräsidenten ist es klar, dass er sehr stark auf die Bundespolitik hinweisen muss. Ich habe in meinem Wahlkampf über Bundespolitik überhaupt nicht gesprochen, sondern über die Situation vor Ort. Ich glaube, es war eine Mischung. Für die SPD hängt der Verlust unstrittig mit der Bundespolitik zusammen. Die Union hier hat 5,2 Prozentpunkte gewonnen, das ist ganz schön, aber wir dürfen nicht vergessen, wir haben hier viele Bürgerbündnisse. Zum ersten Mal haben wir in Brandenburg über zehn Prozent Bürgerbündnisse und das zeigt, dass die Bürger sagen, wir können es selber besser als die etablierten Parteien. Das ist das Entscheidende. Für mich war der Wahlkampf sehr stark lokal orientiert mit den Einflüssen auf die SPD und dann die Bürgerbündnisse, aus denen hervorgeht, dass viele Bürger gesagt haben, diese Bürgerbündnisse können es besser als die etablierten Parteien, und da liegt eine Aufgabe, mit der wir uns auseinander setzen müssen.
Wiese: Was leiten Sie denn persönlich von dem Wahlergebnis für sich ab? Wie stehen Ihre Chancen, dass Sie Platzeck im nächsten Jahr ablösen? Auf der Sympathieskala der Brandenburger rangieren Sie als Wessi ja weit hinter Platzeck.
Schönbohm: Nein, ich rangiere nicht als Wessi, ich rangiere hier als konsequenter Mann. Ich habe eine Kommunalreform durchgesetzt, die die SPD nicht geschafft hatte, als sie die absolute Mehrheit hatte. Ich habe eine Polizeireform gemacht, die dringend notwendig war, die die SPD auch nicht geschafft hat. Also, jeder weiß, dass ich in Brandenburg geboren bin, dass ich seit 1990 in den neuen Bundesländern und hier in Brandenburg bin. Also, dieses Wessi-Ossi spielt keine Rolle mehr. Es geht jetzt darum, der eine entscheidet und wirkt dadurch härter und der andere wirkt sympathischer. Und damit kann man in schwierigen Zeiten, meine ich, als Spitzenkandidat ganz gut leben. Ich würde mal sagen, wir haben eine Kommunalreform gemacht, da sind von 1.479 Gemeinden noch 422 politisch über geblieben. Und wir haben trotzdem diesen Zuwachs gehabt und uns hat man trotzdem geglaubt, dass wir es ernst meinen. Also, ich finde, wir können sagen, die Voraussetzung ist sehr gut, in Brandenburg ist nichts mehr unmöglich und da kann auch die CDU stärkste Partei werden. Das habe ich schon vor vier Wochen gesagt und das sage ich heute noch überzeugter.
Wiese: Es ist ja keine Frage, dass Sie sich sicherlich nach diesem Wahlergebnis auch bestätigt fühlen, Platzeck als Spitzenkandidat heraus zu fordern und dann nächster Ministerpräsident in Brandenburg zu werden. Was würden Sie denn anders machen, Herr Schönbohm? Würden Sie die Bundesregierung aggressiver angehen als Platzeck?
Schönbohm: Die Bundesregierung ist ja nun aus dem selben Holz geschnitzt wie der Ministerpräsident, beide aus der gleichen Partei. Von daher gesehen ist das ein bisschen schwieriger. Also da würde ich jetzt öffentlich überhaupt keine Ratschläge geben, denn bis zur Wahl sind es noch elf Monate, wir haben bis dahin noch einmal einen Haushalt aufzustellen, wir haben noch wichtige Gesetze zu verabschieden, und jetzt müssen wir abwarten, dass wir die große Koalition nicht mehr belasten. Die Wähler haben einen Fingerzeig gegeben. Wir werden daran arbeiten, die SPD wird daran arbeiten und bis dahin müssen wir noch gemeinsame Dinge machen. Und was wir anders machen, können wir dann sagen, wenn wir in den Wahlkampf gehen und wenn wir das genau in allen Einzelheiten erklären, jetzt nicht.
Wiese: Sie geben ja ein Stichwort, Herr Schönbohm, Belastung der großen Koalition. Wie weit ist denn eigentlich so ein Wahlergebnis wie das gestrige, in dem der eine Koalitionspartner abgestraft wird und der andere belohnt wird, eine Belastung für so ein Bündnis?
Schönbohm: Ja, das ist eben menschlich auch schwierig, nicht? Man muss auch einfach verstehen, ein Verlust. Bei der letzten Landtagswahl hatte die SPD 15 Prozentpunkte verloren. Bei dieser Kommunalwahl hat sie auch 15 Prozentpunkte verloren. Das heißt, die Partei muss sich erst mal besinnen und das hat natürlich Auswirkungen. Ich denke, wir müssen uns jetzt darüber klar werden, wo die gemeinsame Schnittmenge für die Brandenburger Politik und Politik in Brandenburg liegt, und das werden wir deutlich heraus arbeiten. Die Politikverdrossenheit steigt, wenn wir nicht in der Lage sind, gemeinsame Antworten auf die Herausforderung zu finden. Die größte Herausforderung ist doch Arbeitslosigkeit. Dann haben wir im Schulsystem eine Menge Defizite, die dort abgeschafft und beendet werden müssen. Wir haben ganz wichtige Aufgaben und wenn wir die nicht schaffen, ist die Zahl der Nichtwähler bei der Landtagswahl genauso groß und dann haben wir auch ein Problem für das Land. Also von daher gesehen gibt es nur einen Weg der Vernunft gemeinsam bis zu Landtagswahl.
Wiese: Das war der Innenminister von Brandenburg, Jörg Schönbohm, CDU, vielen Dank für das Gespräch.
Wiese: Andererseits eine Wahlbeteiligung von nur rund 44 Prozent, das ist ja geradezu katastrophal.
Schönbohm: Ja, das hat man schon während des Wahlkampfes gespürt. Es ist ein Missvergnügen, die Menschen sagen, wir können doch nichts ändern, und ich habe insgesamt 60 Wahlkampfauftritte gehabt und den Menschen gesagt, Politik heißt nicht, Geld zu verteilen, das war lange Zeit in Brandenburg so, sondern Politik heißt zu sagen, was man machen will und wofür man das Geld auf die Finanzschwerpunkte setzt. Also, Zurückhaltung und Desinteresse war erkennbar und wir müssen uns darum bemühen, das Vertrauen der Menschen wieder zu gewinnen, damit sie sagen, dieses demokratische System funktioniert und wir können mit der Wahl unsere Stimme abgeben. Ein letzter Punkt: Ich habe all denen gesagt, die ihr unzufrieden seid, ihr könnt nicht mehr meckern, wenn ihr nicht wählen geht. In der Wahl müsst ihr eure Position klar machen. Und dann haben sie gesagt, es ist ja egal, was wir wählen, es ändert sich ja doch nichts. Und das müssen wir jetzt zeigen, dass sich was ändert. Am Beispiel Brandenburg-Havel, hoffe ich, können wir das in drei Wochen machen.
Wiese: Nun hatte, wie ich schon sagte, Platzeck das Ergebnis in erster Linie als Misstrauenssignal an die Bundesregierung in Berlin gewertet. Werten Sie es auch dann als Vertrauenssignal für die Bundes-CDU von Angela Merkel?
Schönbohm: Ich denke, man muss unsere Kommunalwahlen nicht überbewerten. Für den Ministerpräsidenten ist es klar, dass er sehr stark auf die Bundespolitik hinweisen muss. Ich habe in meinem Wahlkampf über Bundespolitik überhaupt nicht gesprochen, sondern über die Situation vor Ort. Ich glaube, es war eine Mischung. Für die SPD hängt der Verlust unstrittig mit der Bundespolitik zusammen. Die Union hier hat 5,2 Prozentpunkte gewonnen, das ist ganz schön, aber wir dürfen nicht vergessen, wir haben hier viele Bürgerbündnisse. Zum ersten Mal haben wir in Brandenburg über zehn Prozent Bürgerbündnisse und das zeigt, dass die Bürger sagen, wir können es selber besser als die etablierten Parteien. Das ist das Entscheidende. Für mich war der Wahlkampf sehr stark lokal orientiert mit den Einflüssen auf die SPD und dann die Bürgerbündnisse, aus denen hervorgeht, dass viele Bürger gesagt haben, diese Bürgerbündnisse können es besser als die etablierten Parteien, und da liegt eine Aufgabe, mit der wir uns auseinander setzen müssen.
Wiese: Was leiten Sie denn persönlich von dem Wahlergebnis für sich ab? Wie stehen Ihre Chancen, dass Sie Platzeck im nächsten Jahr ablösen? Auf der Sympathieskala der Brandenburger rangieren Sie als Wessi ja weit hinter Platzeck.
Schönbohm: Nein, ich rangiere nicht als Wessi, ich rangiere hier als konsequenter Mann. Ich habe eine Kommunalreform durchgesetzt, die die SPD nicht geschafft hatte, als sie die absolute Mehrheit hatte. Ich habe eine Polizeireform gemacht, die dringend notwendig war, die die SPD auch nicht geschafft hat. Also, jeder weiß, dass ich in Brandenburg geboren bin, dass ich seit 1990 in den neuen Bundesländern und hier in Brandenburg bin. Also, dieses Wessi-Ossi spielt keine Rolle mehr. Es geht jetzt darum, der eine entscheidet und wirkt dadurch härter und der andere wirkt sympathischer. Und damit kann man in schwierigen Zeiten, meine ich, als Spitzenkandidat ganz gut leben. Ich würde mal sagen, wir haben eine Kommunalreform gemacht, da sind von 1.479 Gemeinden noch 422 politisch über geblieben. Und wir haben trotzdem diesen Zuwachs gehabt und uns hat man trotzdem geglaubt, dass wir es ernst meinen. Also, ich finde, wir können sagen, die Voraussetzung ist sehr gut, in Brandenburg ist nichts mehr unmöglich und da kann auch die CDU stärkste Partei werden. Das habe ich schon vor vier Wochen gesagt und das sage ich heute noch überzeugter.
Wiese: Es ist ja keine Frage, dass Sie sich sicherlich nach diesem Wahlergebnis auch bestätigt fühlen, Platzeck als Spitzenkandidat heraus zu fordern und dann nächster Ministerpräsident in Brandenburg zu werden. Was würden Sie denn anders machen, Herr Schönbohm? Würden Sie die Bundesregierung aggressiver angehen als Platzeck?
Schönbohm: Die Bundesregierung ist ja nun aus dem selben Holz geschnitzt wie der Ministerpräsident, beide aus der gleichen Partei. Von daher gesehen ist das ein bisschen schwieriger. Also da würde ich jetzt öffentlich überhaupt keine Ratschläge geben, denn bis zur Wahl sind es noch elf Monate, wir haben bis dahin noch einmal einen Haushalt aufzustellen, wir haben noch wichtige Gesetze zu verabschieden, und jetzt müssen wir abwarten, dass wir die große Koalition nicht mehr belasten. Die Wähler haben einen Fingerzeig gegeben. Wir werden daran arbeiten, die SPD wird daran arbeiten und bis dahin müssen wir noch gemeinsame Dinge machen. Und was wir anders machen, können wir dann sagen, wenn wir in den Wahlkampf gehen und wenn wir das genau in allen Einzelheiten erklären, jetzt nicht.
Wiese: Sie geben ja ein Stichwort, Herr Schönbohm, Belastung der großen Koalition. Wie weit ist denn eigentlich so ein Wahlergebnis wie das gestrige, in dem der eine Koalitionspartner abgestraft wird und der andere belohnt wird, eine Belastung für so ein Bündnis?
Schönbohm: Ja, das ist eben menschlich auch schwierig, nicht? Man muss auch einfach verstehen, ein Verlust. Bei der letzten Landtagswahl hatte die SPD 15 Prozentpunkte verloren. Bei dieser Kommunalwahl hat sie auch 15 Prozentpunkte verloren. Das heißt, die Partei muss sich erst mal besinnen und das hat natürlich Auswirkungen. Ich denke, wir müssen uns jetzt darüber klar werden, wo die gemeinsame Schnittmenge für die Brandenburger Politik und Politik in Brandenburg liegt, und das werden wir deutlich heraus arbeiten. Die Politikverdrossenheit steigt, wenn wir nicht in der Lage sind, gemeinsame Antworten auf die Herausforderung zu finden. Die größte Herausforderung ist doch Arbeitslosigkeit. Dann haben wir im Schulsystem eine Menge Defizite, die dort abgeschafft und beendet werden müssen. Wir haben ganz wichtige Aufgaben und wenn wir die nicht schaffen, ist die Zahl der Nichtwähler bei der Landtagswahl genauso groß und dann haben wir auch ein Problem für das Land. Also von daher gesehen gibt es nur einen Weg der Vernunft gemeinsam bis zu Landtagswahl.
Wiese: Das war der Innenminister von Brandenburg, Jörg Schönbohm, CDU, vielen Dank für das Gespräch.