Wagner: Das heißt, bis jetzt war er gut, aber für danach nicht mehr gut genug. War das ein Aufstand der Jungen?
Renner: Es war kein Aufstand der Jungen und es geht auch nicht darum, ob er danach noch gut genug gewesen wäre, sondern ich denke, es ist ganz klar, dass wenn jemand lange im Amt war, wenn er die so genannte Rentengrenze erreicht hat, dass auch darüber nachgedacht werden muss, wie es weitergeht. Und da gibt es sicherlich dann auch eine Frage: Kann jemand mit 66 1/2 bis in die 70er hinein, um dann 20 Jahre Ministerpräsident zu sein, noch einmal antreten. Da haben viele von uns, und das waren mit Abstand die meisten innerhalb der Partei, gesagt, "Es ist sicher jetzt gut einen Generationswechsel und eine Erneuerung an der Spitze herbeizuführen."
Wagner: Mal jenseits der Altersfrage, könnte es sein, dass Sie und Ihre Parteifreunde, die für den Generationswechsel jetzt plädiert hatten, nicht eher im Hinterkopf die Endphase Helmut Kohls hatten. Von dem Grünen Fritz Kuhn ist ja überliefert: "unser Kohl heißt Erwin."
Renner: Bei mir persönlich, der ich auch im Bundesvorstand der Partei sitze und 97/98 dieses "Drama" erlebt habe, hat sich dort schon ein Trauma festgesetzt und ich habe gesehen, wie es kommen konnte und kommen musste und deshalb habe ich auch Erwin Teufel schon persönlich gesagt, dass ich der Meinung bin, wir sollten uns dies ersparen. Und ich denke, er hat allen Grund und wir haben allen Grund, ihn als Großen unserer Partei zu verabschieden. Aber wie bei jedem Berufsleben gibt es auch Zeiten des Abschieds.
Wagner: Es läuft ja nun offensichtlich, wenn man das Gesetz der Serie in Ihrem Bundesland beachtet und beachten will, auf den Fraktionschef Günther Oettinger zu. Ist das schon ausgemachte Sache?
Renner: Wir haben zwei Kandidaten und ich meine zwei ganz hervorragende Kandidaten mit unserer stellvertretenden Bundesvorsitzenden Kultusministerin Annette Schavan und dem Fraktionsvorsitzenden Günther Oettinger und ich denke, das wird jetzt natürlich eine Auseinandersetzung geben, "Wem trauen wir insgesamt dies besser zu?" Ich rate uns aber, dass wir diese Frage relativ schnell klären, denn wir haben quälende Wochen der Frage, "Wie geht es weiter?" hinter uns. Jetzt sollten wir die Frage, wie des dann tatsächlich weitergeht, personell sehr schnell entscheiden und nicht bis in den Februar warten, wie wir es ursprünglich vorgesehen haben, denn im Dezember ist Bundesparteitag mit Neuwahlen. Da sollten wir wissen, mit wem wir in die Zukunft gehen. Ich denke, je früher wir das tun, desto besser, denn ein quälender Prozess gibt auch Zerreißphasen innerhalb der Partei und wir brauchen jetzt wieder Phasen der Ruhe.
Wagner: Wie soll es denn entschieden werden? Könnte es zu einer Kampfabstimmung im Februar kommen?
Renner: Ich denke, dass wir nicht im Februar entscheiden, sondern dass wir noch relativ zeitnah, in diesem Jahr entscheiden. Möglicherweise wird es eine Kampfabstimmung geben. Ich habe damit keine Probleme. Es gibt welche, die eine Mitgliederbefragung befürworten. Der Landesvorstand hat aber beschlossen, als er den Zeitplan beschlossen hat, dass er im übrigen zum ersten mal in der Geschichte der CDU Baden-Württemberg den Spitzenkandidaten vor einem Landesparteitag küren will. Ich denke, wir sollten an diesem Verfahren festhalten, weil es keine Argumente gibt, die neu hinzugekommen wären, um davon abzuweichen.
Wagner: Frau Schavan kann ja vieles, da gestehen ja auch politische Gegner zu, außer Schwäbisch, aber daran aufgehängt, sie gilt auch als eine, die ledig und kinderlos vielleicht nicht ganz in die schwäbische Provinz zu transportieren ist. Andererseits hat sie wahrscheinlich die stärkste CDU-Organisation in Süd-West hinter sich, nämlich die 17.000 Mitglieder starke Frauenunion. Wie sieht das Rennen aus?
Renner: Ich weiß nicht, wie das Rennen aussieht und ich würde davor warnen, zu stigmatisieren. Man kann nicht an den Lebensumständen oder am Ehestand von einer Person, oder daran, welchen Dialekt er spricht, festmachen, ob er geeignet ist oder nicht, sondern letztendlich muss für uns alle gelten, "Wer ist der oder die Beste für das Land? Wer ist die rundeste Persönlichkeit, um die CDU auch erfolgreich in den Wahlkampf 2006 zu führen?" Wer hinter wem steht, ist im Moment überhaupt nicht ausgemacht. Ich denke, dass auch die Frauen nicht automatisch alle Annette Schavan wählen, genauso, wie anderen immer die Nähe zu Günther Oettinger zusagt, ihn automatische zu wählen. Wir wissen aber, wen wir haben. Beide kennen wir seit vielen Jahren, das heißt, es braucht keinen langen Vorstellungsprozess. Ich glaube, die meisten von uns wissen auch, wem sie es zutrauen sollen.
Wagner: Wer hinter wem steht, bundespolitisch betrachtet wissen wir das allerdings. Ihr Fraktionschef Oettinger gilt als politischer Freund Roland Kochs, während Frau Schavan das Vertrauen von Angela Merkel genießt. Fürchten sie allzu starke bundespolitische Einflüsse?
Renner: Das glaube ich nicht. Angela Merkel hat erklärt, dass sie sich nicht einmischt in die Personalfrage, sondern uns zutraut, dass wir die richtige Entscheidung treffen und ich bin überzeugt, dass sie die Größe und die Gabe hat, mit beiden Kandidaten auszukommen.
Wagner: Gibt es eigentlich programmatische Unterschiede zwischen beiden?
Renner: Ich denke, dass es zwischen beiden programmatisch vielleicht weniger Unterschiede gibt, aber es sind zwei unterschiedliche Persönlichkeiten. Günter Oettinger, der dynamische, eher an Späth erinnernde Politiker, der ein schneller Denker, schnell in menschlichen Entscheidungen ist. Annette Schavan, die im Zentralrat der Deutschen Katholiken sitzt, mit christlicher Prägung herauskommt. Da sind schon Unterschiede in den Persönlichkeiten, die, finde ich, sehr charmant sind.