
Nach langen Querelen in der Union setzt Kanzlerin Angela Merkel jetzt darauf, mit Rückhalt von CDU und CSU die Bewältigung der Flüchtlingskrise in Angriff nehmen zu können. Zwar rückte CSU-Chef Horst Seehofer in einer sonst versöhnlichen Rede nicht von der Forderung nach einer Obergrenze bei der Flüchtlingszahl ab. Er entschärfte aber vorerst das Zerwürfnis mit der CDU über ein Limit, indem er vor den etwa 1.000 Delegierten betonte: "Ich glaube, durch Ihren Beschluss gestern sollte es möglich sein, (...) hier gemeinsam die nächsten Wochen und Monate zu gestalten."
Die Kanzlerin sagte nach dem Kongress vor Journalisten mit Blick auf die CSU: "Ich konzentriere mich auf die Gemeinsamkeiten." Die Union sei am stärksten, wenn sie gemeinsame Sache mache. "Es gibt eine gute Grundlage, dies zu tun." Merkel sieht sich gestärkt für die Aufgaben in der Flüchtlingskrise. "Mein Gefühl ist: Dieser Parteitag hat uns allen gutgetan." Sie ergänzte später: "Das ist schon Rückenwind."
Nach einem Beschluss vom Montag lehnt die CDU eine Flüchtlings-Obergrenze ab, setzt sich aber für eine "spürbare Reduzierung" ein. Merkel sagte nun, die CDU habe sich als Partei von Maß und Mitte präsentiert, gemeinsame Positionen für die großen Herausforderungen gefunden - "und wir haben versucht, die verschiedenen Sichtweisen zueinanderzubringen". Es seien nicht nur Sorgen artikuliert, sondern auch Antworten gefunden worden.
"Wir haben eine exzellente Kanzlerin"
Die Kanzlerin vermied gemeinsame Jubel-Fotos mit Seehofer. So blieb sie bei der Rede des bayerischen Ministerpräsidenten auf ihrem Platz auf der Bühne sitzen, obwohl Seehofer mehrfach Gesten zu einem gemeinsamen Auftritt vor dem Rednerpult machte. Seehofers Ansprache wurde von den CDU-Delegierten mit freundlichem, aber vergleichsweise sparsamem Beifall bedacht. Den größten Applaus bekam er, als er sagte: "Wir haben eine exzellente Kanzlerin. Unsere Kanzlerin vertritt uns erstklassig in der ganzen Welt. Sie ist in Deutschland hoch geschätzt und ich sage ausdrücklich: auch im Freistaat Bayern."
Mit Blick auf die CDU sagte Seehofer: "Ich bin froh um die Bereitschaft zu reduzieren." Auch die Warnung im CDU-Beschluss sei richtig, dass selbst ein so reiches Land wie Deutschland auf Dauer überfordert sein könnte. Zugleich mahnte er: "Ich gebe nichts auf, das haben Sie auch nicht von mir erwartet."
Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach kritisierte im DLF, dass der Leitantrag nicht ausreichend sei. Zwar stehe er inhaltlich hinter dem Papier, jedoch erwähne es wichtige Punkte nicht. Etwa die Frage, was passiere, wenn die Suche nach einer europäischen Lösung der Krise scheitere.
Nationalhymne ins Grundgesetz
Mit einem Parteitagsbeschluss will die CDU erreichen, dass die Nationalhymne im Grundgesetz verankert wird. Zudem sprechen sich die Christdemokraten für eine gesetzliche Impfpflicht für Kleinkinder aus. Die Bundesregierung soll demnach Pflichtimpfungen unter anderem gegen Diphtherie, Tetanus, Kinderlähmung, Keuchhusten, Mumps, Masern und Röteln und Windpocken einführen.
(pg/kis)