Dirk-Oliver Heckmann: Die Privatisierung der Deutschen Bahn AG, ein heikles Thema, handelt es sich bei dem Geschäft der Bahn doch um eine Dienstleistung, die wesentlich ist für das Funktionieren unserer Gesellschaft. Ohne die Bahn würde der Nah- und Fernverkehr in Deutschland zusammenbrechen. Wer es nicht geglaubt hat, dem haben das die Streiks der Lokführer deutlich vor Augen geführt. Und die Debatte um die Erwärmung der Erdatmosphäre hat deutlich gemacht, wie notwendig es wäre, den öffentlichen Nah- und Fernverkehr noch weiter auszubauen.
Nun hatten sich Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und die Verkehrspolitiker der Großen Koalition nach monatelangen zähen Verhandlungen endlich auf ein Verfahren verständigt. Demnach soll der Bund juristisch Eigentümer des Schienennetzes bleiben, die Bahn aber darf es bewirtschaften und in ihren Bilanzen ausweisen, zumindest 15 Jahre lang. Wichtig ist das für den geplanten Börsengang. Doch die Verkehrsminister der Länder, sie sind damit gar nicht einverstanden. Das war das Ergebnis eines Sondertreffens gestern.
Klaus Lippold ist Mitglied der CDU und Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestags, jetzt bei uns am Telefon. Schönen guten Morgen, Herr Lippold!
Klaus Lippold: Einen wunderschönen guten Morgen!
Heckmann: Herr Lippold, ist die Privatisierung der Bahn Ende 2008 damit in Gefahr?
Lippold: Ich glaube, dass es richtig ist, dass die Länderverkehrsminister noch einmal deutlich gemacht haben, dass das bislang von Tiefensee vorgelegte Modell so nicht realisiert werden sollte. Es ist so, dass auch bei den Bundestagsabgeordneten nach wie vor erhebliche Bedenken bestehen, ganz erhebliche Bedenken bestehen, dass dieses Modell funktioniert, und vor allen Dingen, dass mit diesem Modell das Eigentum des Bundes wirklich sichergestellt ist. Und wir wollen nicht, dass hier die Gefahr besteht, dass Eigentum an Heuschrecken verschleudert wird.
Heckmann: Die Frage dennoch bleibt, ist die Privatisierung, die geplant ist, der Börsengang Ende 2008, aus Ihrer Sicht damit in Gefahr?
Lippold: Der Börsengang grundsätzlich nicht, wenn der Bund, vertreten durch das Verkehrsministerium und die Bahn, sich flexibel zeigt. Das sehe ich im Moment noch nicht im nötigen Umfang. Wenn es hier so weit kommt, dass auf die Bedenken der Parlamentarier genauso wie auf die erheblichen Bedenken, im beiden Falle erheblichen Bedenken, der Länder eingegangen wird, dann kann man den Zeitplan einhalten. Aber ansonsten ist dieses, wie gesagt, durchaus mit einem Fragezeichen versehen.
Heckmann: Was nicht so ganz nachvollziehbar ist, Herr Lippold, ist die Tatsache, der Gesetzentwurf, das Konzept ist ja unter Mitwirkung der Verkehrspolitiker der Großen Koalition entstanden. Stehlen Sie sich da ein bisschen aus der Verantwortung?
Lippold: Wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung, weil wir deutlich machen, dass wir ihn so nicht für genügend halten. Das ist der ganz entscheidende Punkt. Und bislang war das Ministerium nicht bereit, unsere Vorstellungen zur Verbesserung in notwendigem Umfang aufzugreifen. Und das machen wir nach wie vor klar und sagen es deutlich: Hier muss noch ganz erheblich nachgebessert werden, wenn es mit diesem Entwurf etwas werden soll.
Heckmann: In welchen Punkten genau?
Lippold: Insbesondere bei der Frage zum Beispiel, dass sichergestellt ist, dass wir am Ende der vereinbarten Zeit, in der die Bahn das Netz wirtschaftlich betreiben darf, das Eigentum an den Bund zu Konditionen zurückfällt, die nicht über den Konditionen liegen, zu denen er verkauft hat. Das ist ganz einfach. Wir müssen auch wissen, was erzielen wir überhaupt durch den Verkauf von 49,9 Prozent zum Beispiel oder 25 Prozent? Wenn wir keine Erlösprognose haben, kann es sein, dass wir ein Immobilienvermögen von 130 Milliarden geschätzt für eine Größenordnung von 4 bis 8 Milliarden verkaufen. Das kann es nicht sein.
Heckmann: Das heißt, Sie sehen die Gefahr, dass jetzt beim Börsengang das Eigentum des Bundes eben verkauft wird und bei einem Rückkauf Milliardensummen eingesetzt werden müssen, die eigentlich die ganze Privatisierung ad absurdum führen würde?
Lippold: Das ist nach dem vorliegenden Modell noch nicht ausgeschlossen, und da müssen Sicherungen eingebaut werden, dass das in dieser Weise nicht passiert, damit der deutsche Steuerzahler nicht zweimal bezahlt. Und es muss wesentlich stärker berücksichtigt werden, dass bei diesem Modell die Kontrolle wesentlich schärfer ausfallen muss, weil: Unser grundsätzliches Ziel mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen ist in diesem Modell nicht absolut ersichtlich.
Heckmann: Die Kontrolle soll ausgeweitet werden. Das haben ja auch die Länderverkehrsminister gefordert und zwar bei der Einsetzung der Regionalisierungsmittel, die der Bund eben zur Verfügung stellt. Das ist also auch eine Forderung, an die Sie sich anschließen?
Lippold: Das ist eine Forderung, die wir generell haben. Schauen Sie, es kann nicht sein, dass die Bahn alleine über das Netz bestimmt und das zu Lasten ihrer Konkurrenten tut. Denn die Bahn kann sagen, hier, da und dort werden Nachbesserungen gemacht, diese Nachbesserungen können ihre Konkurrenten erheblich schärfer treffen als die Bahn. Wie schaffe ich dort eine Vorgehensweise, die so etwas ausschließt? Und auch die Frage, wo investiert, muss geklärt werden. Und wer diese Investitionen durchführt, dies darf nicht alles nur beim Monopolisten Bahn liegen.
Heckmann: Allerdings ist es auch so, dass die Vertreter des Verkehrsministeriums, des Bundesverkehrsministeriums, sagen, es sind ausreichende Sicherungsmechanismen eingebaut in das Gesetz, das könne gar nicht passieren. Aber man hat doch so ein bisschen auch den Eindruck, dass die Länder versuchen Druck auszuüben, um möglichst viel aus der Sache noch herauszuholen.
Lippold: Ich glaube, dass ich zunächst einmal durchaus sagen muss, dass die Bedenken der Länder berechtigt sind. Dass die Länder natürlich in der Region gegebenenfalls andere Interessen haben, das ist doch ganz natürlich. Aber das muss auch berücksichtigt werden, denn die Länder sind Teil dieses föderalen Staates. Und da kann ich nicht einfach an den Interessen der Länder vorbeigehen. Und vor allen Dingen ist wichtig. Ich muss wissen, jedermann sieht heutzutage, dass das Bestandsnetz der Bahn nicht im besten Zustand ist, dass eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung wirklich sicherstellt, dass hier ausreichend Qualität gesichert wird. Und dazu brauche ich ja eine Testphase vorher, bevor ich endgültig entscheide. Das muss auch abgesichert sein. Und das sehe ich so noch nicht. Ich kann erst nach einer solchen Testphase entscheiden, ob das Modell wirklich so funktioniert, wie es gesagt wird. Und ohne einen solchen Test geht es nicht.
Heckmann: Es geht um die Qualität des Netzes, aber es geht auch um Wettbewerb, der Einzug halten soll, stärkerer Wettbewerb. Der hessische Verkehrsminister Alois Riehl hat gesagt, ein Grundfehler dieses Gesetzentwurfs sei es, dass Netz und Betrieb eben nicht wirklich getrennt seien. Kann man sich die ganze Operation dann nicht einfach sparen?
Lippold: Man kann eine Ersatzkonstruktion finden, Klammer auf, mit der auch ich nicht zufrieden bin. Die klare Trennung von Netz und Betrieb wäre wesentlich besser gewesen. Wenn Sie die Diskussionen sehen, die gerade auch aus dem Wirtschaftsministerium kommen zur Trennung von Netz und halt eben Stromerzeugung, Stromnetz und Stromerzeugung, dann verstehe ich nicht, warum hier auf einmal völlig andere Maßstäbe angewandt werden, wenn es um Wettbewerb geht. Und wenn ich wirklich mehr Verkehr auf die Schiene haben will, wäre eine völlige Trennung von Netz und Betrieb sicherlich die bessere Version.
Heckmann: Zum Streit um die Bahnprivatisierung war das Klaus Lippold. Er ist Mitglied der CDU und Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag. Herr Lippold, besten Dank für das Gespräch.
Lippold: Einen schönen Tag noch.
Nun hatten sich Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und die Verkehrspolitiker der Großen Koalition nach monatelangen zähen Verhandlungen endlich auf ein Verfahren verständigt. Demnach soll der Bund juristisch Eigentümer des Schienennetzes bleiben, die Bahn aber darf es bewirtschaften und in ihren Bilanzen ausweisen, zumindest 15 Jahre lang. Wichtig ist das für den geplanten Börsengang. Doch die Verkehrsminister der Länder, sie sind damit gar nicht einverstanden. Das war das Ergebnis eines Sondertreffens gestern.
Klaus Lippold ist Mitglied der CDU und Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestags, jetzt bei uns am Telefon. Schönen guten Morgen, Herr Lippold!
Klaus Lippold: Einen wunderschönen guten Morgen!
Heckmann: Herr Lippold, ist die Privatisierung der Bahn Ende 2008 damit in Gefahr?
Lippold: Ich glaube, dass es richtig ist, dass die Länderverkehrsminister noch einmal deutlich gemacht haben, dass das bislang von Tiefensee vorgelegte Modell so nicht realisiert werden sollte. Es ist so, dass auch bei den Bundestagsabgeordneten nach wie vor erhebliche Bedenken bestehen, ganz erhebliche Bedenken bestehen, dass dieses Modell funktioniert, und vor allen Dingen, dass mit diesem Modell das Eigentum des Bundes wirklich sichergestellt ist. Und wir wollen nicht, dass hier die Gefahr besteht, dass Eigentum an Heuschrecken verschleudert wird.
Heckmann: Die Frage dennoch bleibt, ist die Privatisierung, die geplant ist, der Börsengang Ende 2008, aus Ihrer Sicht damit in Gefahr?
Lippold: Der Börsengang grundsätzlich nicht, wenn der Bund, vertreten durch das Verkehrsministerium und die Bahn, sich flexibel zeigt. Das sehe ich im Moment noch nicht im nötigen Umfang. Wenn es hier so weit kommt, dass auf die Bedenken der Parlamentarier genauso wie auf die erheblichen Bedenken, im beiden Falle erheblichen Bedenken, der Länder eingegangen wird, dann kann man den Zeitplan einhalten. Aber ansonsten ist dieses, wie gesagt, durchaus mit einem Fragezeichen versehen.
Heckmann: Was nicht so ganz nachvollziehbar ist, Herr Lippold, ist die Tatsache, der Gesetzentwurf, das Konzept ist ja unter Mitwirkung der Verkehrspolitiker der Großen Koalition entstanden. Stehlen Sie sich da ein bisschen aus der Verantwortung?
Lippold: Wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung, weil wir deutlich machen, dass wir ihn so nicht für genügend halten. Das ist der ganz entscheidende Punkt. Und bislang war das Ministerium nicht bereit, unsere Vorstellungen zur Verbesserung in notwendigem Umfang aufzugreifen. Und das machen wir nach wie vor klar und sagen es deutlich: Hier muss noch ganz erheblich nachgebessert werden, wenn es mit diesem Entwurf etwas werden soll.
Heckmann: In welchen Punkten genau?
Lippold: Insbesondere bei der Frage zum Beispiel, dass sichergestellt ist, dass wir am Ende der vereinbarten Zeit, in der die Bahn das Netz wirtschaftlich betreiben darf, das Eigentum an den Bund zu Konditionen zurückfällt, die nicht über den Konditionen liegen, zu denen er verkauft hat. Das ist ganz einfach. Wir müssen auch wissen, was erzielen wir überhaupt durch den Verkauf von 49,9 Prozent zum Beispiel oder 25 Prozent? Wenn wir keine Erlösprognose haben, kann es sein, dass wir ein Immobilienvermögen von 130 Milliarden geschätzt für eine Größenordnung von 4 bis 8 Milliarden verkaufen. Das kann es nicht sein.
Heckmann: Das heißt, Sie sehen die Gefahr, dass jetzt beim Börsengang das Eigentum des Bundes eben verkauft wird und bei einem Rückkauf Milliardensummen eingesetzt werden müssen, die eigentlich die ganze Privatisierung ad absurdum führen würde?
Lippold: Das ist nach dem vorliegenden Modell noch nicht ausgeschlossen, und da müssen Sicherungen eingebaut werden, dass das in dieser Weise nicht passiert, damit der deutsche Steuerzahler nicht zweimal bezahlt. Und es muss wesentlich stärker berücksichtigt werden, dass bei diesem Modell die Kontrolle wesentlich schärfer ausfallen muss, weil: Unser grundsätzliches Ziel mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen ist in diesem Modell nicht absolut ersichtlich.
Heckmann: Die Kontrolle soll ausgeweitet werden. Das haben ja auch die Länderverkehrsminister gefordert und zwar bei der Einsetzung der Regionalisierungsmittel, die der Bund eben zur Verfügung stellt. Das ist also auch eine Forderung, an die Sie sich anschließen?
Lippold: Das ist eine Forderung, die wir generell haben. Schauen Sie, es kann nicht sein, dass die Bahn alleine über das Netz bestimmt und das zu Lasten ihrer Konkurrenten tut. Denn die Bahn kann sagen, hier, da und dort werden Nachbesserungen gemacht, diese Nachbesserungen können ihre Konkurrenten erheblich schärfer treffen als die Bahn. Wie schaffe ich dort eine Vorgehensweise, die so etwas ausschließt? Und auch die Frage, wo investiert, muss geklärt werden. Und wer diese Investitionen durchführt, dies darf nicht alles nur beim Monopolisten Bahn liegen.
Heckmann: Allerdings ist es auch so, dass die Vertreter des Verkehrsministeriums, des Bundesverkehrsministeriums, sagen, es sind ausreichende Sicherungsmechanismen eingebaut in das Gesetz, das könne gar nicht passieren. Aber man hat doch so ein bisschen auch den Eindruck, dass die Länder versuchen Druck auszuüben, um möglichst viel aus der Sache noch herauszuholen.
Lippold: Ich glaube, dass ich zunächst einmal durchaus sagen muss, dass die Bedenken der Länder berechtigt sind. Dass die Länder natürlich in der Region gegebenenfalls andere Interessen haben, das ist doch ganz natürlich. Aber das muss auch berücksichtigt werden, denn die Länder sind Teil dieses föderalen Staates. Und da kann ich nicht einfach an den Interessen der Länder vorbeigehen. Und vor allen Dingen ist wichtig. Ich muss wissen, jedermann sieht heutzutage, dass das Bestandsnetz der Bahn nicht im besten Zustand ist, dass eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung wirklich sicherstellt, dass hier ausreichend Qualität gesichert wird. Und dazu brauche ich ja eine Testphase vorher, bevor ich endgültig entscheide. Das muss auch abgesichert sein. Und das sehe ich so noch nicht. Ich kann erst nach einer solchen Testphase entscheiden, ob das Modell wirklich so funktioniert, wie es gesagt wird. Und ohne einen solchen Test geht es nicht.
Heckmann: Es geht um die Qualität des Netzes, aber es geht auch um Wettbewerb, der Einzug halten soll, stärkerer Wettbewerb. Der hessische Verkehrsminister Alois Riehl hat gesagt, ein Grundfehler dieses Gesetzentwurfs sei es, dass Netz und Betrieb eben nicht wirklich getrennt seien. Kann man sich die ganze Operation dann nicht einfach sparen?
Lippold: Man kann eine Ersatzkonstruktion finden, Klammer auf, mit der auch ich nicht zufrieden bin. Die klare Trennung von Netz und Betrieb wäre wesentlich besser gewesen. Wenn Sie die Diskussionen sehen, die gerade auch aus dem Wirtschaftsministerium kommen zur Trennung von Netz und halt eben Stromerzeugung, Stromnetz und Stromerzeugung, dann verstehe ich nicht, warum hier auf einmal völlig andere Maßstäbe angewandt werden, wenn es um Wettbewerb geht. Und wenn ich wirklich mehr Verkehr auf die Schiene haben will, wäre eine völlige Trennung von Netz und Betrieb sicherlich die bessere Version.
Heckmann: Zum Streit um die Bahnprivatisierung war das Klaus Lippold. Er ist Mitglied der CDU und Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag. Herr Lippold, besten Dank für das Gespräch.
Lippold: Einen schönen Tag noch.