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CDU-Regionalkonferenzen
Die große Harmonie-Show

Staatstragende Momente statt große Debatten: Auch auf der vierten Regionalkonferenz der CDU in Halle kamen kaum inhaltliche Differenzen zwischen den Kandidaten zum Vorschein. Lediglich in der Art ihrer Präsentation unterschieden sich Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn.

Von Christoph D. Richter | 23.11.2018
    CDU Regionalkonferenz in Halle: Jens Spahn, Friedrich Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer präsentieren sich den Deligierten
    CDU Regionalkonferenz in Halle: Jens Spahn, Friedrich Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer präsentieren sich den Deligierten (Deutschlandradio / Christoph Richter )
    "Es ist faszinierend. Hier merkt man, hier kommt was Großes", sagt Jost Probst, Jura-Student aus Halle. Einer von rund 600 CDU-Mitgliedern, die in die Messehalle vier in Halle gekommen sind – um bei der der vierten Station der Deutschlandtournee der CDU-Spitzenkandidaten mit dabei zu sein. Für Probst alles ein bisschen zu staatstragend, es fehle ein wenig die Leichtigkeit.
    Es werde das große Rad gedreht, sagt Probst noch. Und lacht: "Also, man merkt, hier kommen große Leute, die was zu sagen haben. Das merkt man ganz deutlich."
    Jost Probst gehört mit seinen 25 Jahren zu den Jüngeren in der Halle, die meisten sind 55 und älter. Gelacht wird kaum, keiner scherzt. Die Blicke sind allesamt ernst bis angespannt.
    "Mir fehlt diese Leichtigkeit nicht. Ich finde es gut, ehrlich gesagt. Ich finde Politik ist was Wichtiges und sollte dementsprechend dargestellt werden", sagt Philis Merz. Sie ist gerade volljährig geworden, CDU-Mitglied und in der Schüler-Union. Sie setzt auf den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, er allein habe sein Ohr an der Jugend, sagt Merz. Nicht verwandt und verschwägert mit Friedrich Merz, sagt sie. Und schmunzelt.
    "Ich finde es schade, dass hier nicht mehr jüngere Menschen sitzen. Deswegen bin ich auch gespannt, wie sich die Kandidaten äußern werden. Die Zukunft sind wir, ganz richtig."
    Themen, die aber gerade Jüngere ansprechen, wie Bildung oder Digitalisierung kommen in Halle auf der CDU-Regionalkonferenz kaum zu Wort. Auch Fragen zum Lehrermangel, der Diesel-Skandal, die hohen Mieten oder der demografische Wandel werden nur am Rand berührt. Hauptsächlich geht es um Fragen der Migration, des Asyls, das macht bereits die erste Fragerunde mehr als deutlich.
    "Wenden Sie sich bitte ab, von der nach links-grün driftenden Politik einer Frau Merkel. Und in ganz erheblichem Maße gehört auch dazu, dass endlich der rechtswidrige Zustand der offenen Grenzen endlich beendet wird."
    Zunächst fällt kein Wort zum Thema Asyl
    Nach der ausgelosten Reden-Reihenfolge, folgt Friedrich Merz auf Annegret Kramp-Karrenbauer. Seine Vorstellungsrede hält Merz zurückhaltend. Kein einziges Wort zu der von ihm angestoßenen Asyldebatte. So als wolle Merz die Pause-Taste drücken, so als wolle Merz das Thema schlicht vergessen machen.
    Erst auf Nachfragen aus dem Publikum reagiert Merz auf die Vorwürfe, er habe das im Grundgesetz verbriefte Asylrecht – aus parteitaktischen Gründen - zur Disposition gestellt. Das sei schlicht falsch wiedergegeben, kontert Merz. Die Themen Einwanderung, Migration und Asyl könne man nur mittels eines Gesetzesvorbehalt in einem europäischen Kontext lösen. Alles andere sei eine Ente sagt Merz launig in Richtung der Journalisten.
    "Wenn das den einen oder anderen Journalisten überfordert, bin ich gerne bereit, das nochmal in Ruhe zu erläutern. Und zu erklären."
    Ihm zur Seite springt seine Konkurrentin CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Aber statt Merz lautstark zu tadeln, warnt sie Merz in leisen Tönen lediglich davor, leichtfertig am Grundgesetz herumzuschrauben.
    "Und ich will hier nochmal ein Zitat von Helmut Kohl sagen. Der in einer Sitzung am 30. August 1991 zum Asylrecht gesagt hat, "diejenigen, die zu einem Kahlschlag des Asylrechts kommen wollen, können dies nicht im Rahmen der CDU tun." Das ist für mich ein Stück Vermächtnis. Und ich sage an dieser Stelle ganz eindeutig: ich glaube, dass niemand in der CDU und keiner von uns, die hier oben stehen, an irgendeiner Stelle, den Kahlschlag des Asylrechts will. Das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen, damit es da keine falsche Diskussion gibt."
    Kramp-Karrenbauer erklärt sich als Seelenverwandte der Ostdeutschen
    Das Schaulaufen der drei CDU-Spitzenkandidaten im sachsen-anhaltischen Halle, wirkt wie eine große Harmonie-Show. Keiner der Kandidaten verliert ein böses Wort über den anderen. Man hat fast den Eindruck, als ob sich die Bewerber um den CDU-Spitzenposten vorab zur großen Einigkeit verabredet hätten. Differenzen kommen kaum zum Vorschein.
    Kramp-Karrenbauer umgarnt aber nicht nur ihre Konkurrenten. Sondern auch die ostdeutschen CDU-Mitglieder. Sie erklärt sich als Seelenverwandte der Ostdeutschen. Auch die Saarländer würden lange – Zitat - "als Zipfel am Zonenrandgebiet" beschimpft worden, sagt Kramp-Karrenbauer. "Aber Sie haben hier ihre eigene Lebensleistung" - und darauf könnten die Ostdeutschen stolz sein, fügt sie noch hinzu.
    Jens Spahn, der Junior unter den Bewerbern, hält seine Vorstellungsrede – anders als seine Konkurrenten – nicht hinter dem Pult, sondern vor dem Pult hält. Spricht frei, ohne aus dem Takt zu kommen. Sein dominierendes Thema: Sichere Grenzen.
    Anfang Dezember fällt die Entscheidung beim Parteitag in Hamburg. Von den 1001 Delegierten kommen lediglich 18 aus Sachsen-Anhalt, 30 aus Sachsen. Einer von ihnen ist der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, er sitzt in der ersten Reihe und hat die Kandidaten direkt im Blick. Seinen Favoriten oder seine Favoritin will er nicht verraten, trotz mehrfacher Nachfragen.
    "Wissen Sie, ich finde es so etwas Besonderes, dass es drei Kandidaten gibt, dass ich gar nicht sagen möchte, wer mein Favorit ist. Der Parteitag wird entscheiden."