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CDU-Umweltministerin: Wir wollen den Weg zu den erneuerbaren Energien gehen

Tanja Gönner (CDU), Umweltministerin in Baden-Württemberg, hat das auf dem CDU-Bundesparteitag verabschiedete Grundsatzpapier zum Klima-, Umwelt- und Verbraucherschutz begrüßt. Wichtig sei, die Energieversorgung für die Zukunft umzubauen. Dazu sei es wichtig, die Atomkraft nur noch als Brückentechnologie zu verstehen und auf die erneuerbaren Energien zu setzen.

Tanja Gönner im Gespräch mit Silvia Engels |
    Silvia Engels: Neben der steuerpolitischen Debatte ließ vor allem ein Beschluss der CDU aufhorchen, und zwar der, keine neuen Atomkraftwerke bauen zu wollen. - Am Telefon ist Tanja Gönner, Umweltministerin des Landes Baden-Württemberg, von der CDU. Guten Abend, Frau Gönner.

    Tanja Gönner: Guten Abend, Frau Engels.

    Engels: Sie haben dieses in Stuttgart beschlossene Papier mit verfasst und wir dachten immer, die Union setze auf die Atomkraft als sichere und unverzichtbare Energie. Was soll das denn nun?

    Gönner: Zunächst mal: Wir setzen auch weiterhin auf die Atomkraft. Wir setzen aber auf sie als Brückentechnologie. Das haben wir im vergangenen Jahr bereits in unserem Grundsatzprogramm so formuliert. Und wir haben auch immer deutlich gemacht, dass wir wollen den Weg von der Atomkraft hin zu den erneuerbaren Energien. Und dann ist es für uns auch wichtig, deutlich zu machen, weil es eben in vielen Diskussionen immer wieder hoch kam, ihr sagt jetzt nur, ihr wollt die Laufzeitverlängerung und in Wirklichkeit wollt ihr den Neubau, und für uns war deutlich und wichtig, deutlich zu machen, wir sehen sie als Brückentechnologie, und deswegen haben wir das heute auch so entschieden.

    Engels: Sie sagen "Brückentechnologie". Das heißt, mittel- und langfristig wollen Sie keine Atomkraftwerke mehr. Halten Sie die Atomkraftwerke dann nicht für sicher, oder ist es die Endlagerfrage?

    Gönner: Nein. Es geht weder um die Sicherheit, noch um die Endlagerfrage, sondern schlicht um das Thema, wie sind wir in der Lage, unsere Energieversorgung umzubauen für die Zukunft, CO2-frei, und dann aber auch im Miteinander mit der Bevölkerung. Wir schaffen es nicht, Großkraftwerke wie Kernkraftwerke gegen den Willen der Bevölkerung in irgendeiner Weise durchzusetzen. Ich glaube, das muss man sehen.

    Engels: Das ist der einzige Grund, weshalb Sie raus aus der Atomkraft wollen?

    Gönner: Das zweite ist: Wir treten mit voller Überzeugung ein für die Laufzeitverlängerung. Und wenn wir das mit voller Überzeugung tun, dann müssen wir den Menschen aber auch sagen, und was kommt danach. Und wenn wir deutlich machen, wir wollen hin zu den erneuerbaren Energien, dann müssen wir das Signal geben, wir meinen es ernst mit den erneuerbaren Energien. Deswegen eben diese Brücke hin zu den Erneuerbaren. Für diese Zeit brauchen wir die Laufzeitverlängerung. Dafür treten wir ein. Und deswegen dann aber eben auch das Signal, Laufzeitverlängerung ist das, was für uns wichtig ist. Wir vertrauen auf die Sicherheit unserer Kernkraftwerke.

    Ich bin Atomaufsicht und deswegen ist es mir wichtig, dass die Sicherheit gegeben ist, und wir vertrauen auf sie. Aber wir wissen eben auch, dass dann ein Ende gegeben ist.

    Engels: Wie lange sollen denn Ihrer Meinung nach die Atommeiler noch laufen?

    Gönner: Für uns ist entscheidend, dass sie entlang des jeweiligen Sicherheitsstandards laufen. Das heißt, hier notwendig zu sagen, was sind die Voraussetzungen, dort auch den Betreibern zu sagen, diese Standards müsst ihr einhalten, und dann können sie entlang des Sicherheitsstandards, was im Übrigen auch das einzig richtige sein kann, die Atommeiler weiterlaufen lassen.

    Engels: Also kein festes Ausstiegsdatum?

    Gönner: Kein festes Ausstiegsdatum, weil wir ja auch jetzt bei dem jetzigen Beschluss sehen, dass es eigentlich ziemlich absurd ist, entlang von Reststrommengen zu sagen, danach muss es aufhören. Die Sicherheit ist das, was für die Bürgerinnen und Bürger das Entscheidende ist, und das muss uns umtreiben.

    Engels: Aber so kriegen Sie doch keinen Druck auf die Energieversorger, tatsächlich auf erneuerbare Energieversorger zu setzen?

    Gönner: Das Entscheidende ist ja, dass wir neben der Frage, dass wir keine neuen mehr bauen wollen, auch einen weiteren Beschluss gefasst haben, der lautet Laufzeitverlängerung, aber dass wir eben aus den Gewinnen, die dadurch erwirtschaftet werden, weil die Kernkraftwerke abgeschrieben sind, davon mindestens die Hälfte der Erträge hineingeben in einen Fonds, in den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien, in Forschung zur Speichertechnologie und in die weitere Forschung für den Ausbau der erneuerbaren Energie. Das zeigt, dass wir es ernst meinen und damit auch der Druck vorhanden ist, weil damit nicht unerheblich Geld auch hineinfließt, um dies erreichen zu können.

    Engels: Wie wollen Sie das denn durchsetzen? Beispielsweise passt das ja nicht zur CSU. Ihre bayerische Unionsschwester setzt unbegrenzt weiter auf Atomkraft.

    Gönner: Zunächst einmal gilt der Atomausstieg, wie er heute gültig ist, für die Unterschriften von vier Chefs von Energieerzeugern, die eben Kernkraftwerke tragen. Sie waren damals bereit, diesen Weg mit der damaligen Regierung zu gehen, weil sie glaubten, es würde ihnen Vorteile bringen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Kraftwerksbesitzer, wenn sie Interesse daran haben, weiterhin ihre Kraftwerke laufen zu lassen, weiterhin entlang der Sicherheit diese zu betreiben, mit uns ins Gespräch kommen, und wir werden als Union dafür eintreten. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass es einen ähnlichen Beschluss auch von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gibt, in dem die CSU ja beteiligt ist - vom Herbst diesen Jahres in einer Klausursitzung des Fraktionsvorstandes. Insofern gehe ich davon aus, dass man sich dann auch bei den Schwesterparteien hier gemeinsam annähert.

    Engels: Ist das nun der Versuch der Annäherung der CDU an das Hauptthema der Grünen?

    Gönner: Nein, es ist nicht der Versuch der Annäherung an das Hauptthema der Grünen, sondern es geht uns zunächst einmal darum, die Bevölkerung mitzunehmen. Die Nutzung der Kernkraft, die friedliche Nutzung der Kernkraft ist ein hoch emotionales Thema. Die Bevölkerung ist aus meiner Sicht und aus den Diskussionen, die ich sehr intensiv in Baden-Württemberg führe, bereit, mit uns den Weg der Laufzeitverlängerung zu gehen, aber sie sagt dann auch, und was kommt danach. Wir haben jetzt aufgezeigt, dass wir beides zusammenbringen können, dass wir ein Angebot machen an diejenigen, die jetzt Kernkraftwerke betreiben, und ich glaube, dass das ganz entscheidend ist. Das war eigentlich das Signal, das wir geben wollten von diesem Parteitag aus.

    Engels: Wann nach Ihrer Einschätzung kann die Atomkraft komplett durch Erneuerbare ersetzt sein?

    Gönner: Ich glaube, dass wir dort - und das ist ausgesprochen schwierig, hier ganz bewusst Zeiten zu nennen, weil dann würde ich dem widersprechen, was ich vorher gesagt habe. Letzten Endes geht es um die Frage der Sicherheit der Kernkraftwerke. Es wird die Frage sein, wie stark und wie schnell kommen wir mit der Energieeinsparung voran, mit Energieeffizienz, weil davon abhängt, wie hoch die benötigte Strommenge ist und damit klar ist, wie viel dann erneuerbare Energien hineinkommen können. Das lässt sich ausgesprochen schwierig darstellen. Klar ist allerdings, dass wir das im Übrigen auch deswegen machen, weil wir den weiteren Ausbau oder den Zubau von Kohlekraftwerken verhindern wollen, also auch unter Klimaschutzgesichtspunkten, und ich glaube, dass das das Entscheidende ist. Ich halte es für falsch, sich jetzt festmachen zu lassen an Jahreszahlen und nachher dann zu sagen, jetzt habt ihr es wieder nicht erreicht, sondern das Entscheidende ist wirklich der Wille, hin zu den Erneuerbaren zu gehen und damit zu verhindern, dass wir erst den Zwischenschritt über Kohlekraft machen müssen.