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CDU-Verkehrsexperte Fischer dringt auf Einigung im Bahn-Tarifkonflikt

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dirk Fischer hat Gewerkschaften und Bahn AG aufgefordert, den Tarifstreit beizulegen. Nach der Wiederaufnahme der Gespräche sollte jetzt bis zu einem Ergebnis verhandelt werden, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion. Weitere Warnstreiks müssten vermieden werden.

Moderation: Silvia Engels |
    Silvia Engels: Am Telefon ist nun Dirk Fischer. Er ist der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion. Guten Tag, Herr Fischer! Wir sind direkt auf Sendung, und ich gebe an Sie die Frage: 3,4 Prozent mehr bei 24 Monaten Laufzeit. Das ist das Angebot, was die Deutsche Bahn auf den Tisch gelegt hat in Berlin gegenüber Transnet und GDBA. Hoffen Sie jetzt darauf, dass dieser Tarifkonflikt bald beigelegt ist?

    Dirk Fischer: Ich glaube, es ist nicht Sache der Politik, die Angebote zu würdigen und ihre Angemessenheit einzuschätzen. Das müssen die Tarifpartner machen. So ist bei uns das rechtlich organisiert.

    Ich habe nur den Wunsch, dass die Tarifpartner so lange zusammen sitzen bleiben, bis sie sich geeinigt haben, um zu verhindern, dass die Bahnkunden durch diesen Tarifkonflikt weiter beeinträchtigt werden. Das ist der Wunsch, und da müssen alle ein Stück dazu beitragen, aufeinander zugehen. Und es muss dauerhaft verhandelt werden bis zum Ende. Es muss auch mit den Lokomotivführern natürlich gesprochen werden, denn die haben eine wichtige strategische Position im gesamten System. Deswegen wäre dort natürlich eine Konfrontation besonders abträglich, und deswegen muss auch mit denen vernünftig geredet werden.

    Engels: Wir beobachten ja jetzt in diesem Tarifkonflikt eine sich abzeichnende Aufsplitterung innerhalb der Bahngewerkschaften. Sie haben es angesprochen. Der Bahnkunde leidet. Was halten Sie von dieser Aufsplitterung?

    Fischer: GDL, GDBA und Transnet gibt es ja nebeneinander schon seit sehr, sehr langer Zeit. Das ist nichts Neues. Aber wir haben auch in anderen Bereichen erlebt, bei den Fluglotsen, aber auch bei den Piloten der Luftverkehrsgesellschaften, dass dort einzelne Sparten sich mit ihren Forderungen gemeldet und auch durchgesetzt haben. Also dort in eine dauerhafte Konfrontation zu gehen, wäre wahrscheinlich nicht sehr sinnvoll. Ich bin kein besonderer Freund von der Herausbildung von Spartengewerkschaften, aber man muss sehen, wo die Möglichkeiten im Tarifvertragsrecht sind. Und da hat sich auch manchmal in der Vergangenheit schon jemand eine Fehleinschätzung geleistet und hat die Position der Konfrontation nicht durchgehalten.

    Engels: Aber Sie haben eben auch die Bahnkunden-Interessen vertreten, und da kann man sich ja schon fragen, muss man jetzt jedes Mal leiden, weil jede Gewerkschaft möglicherweise einzeln streikt?

    Fischer: Nein, nein. Sicherlich ist die Herausbildung von Spartengewerkschaften im Gesamtsystem nicht so besonders erfreulich, eher unerwünscht. Wenn jeder, der eine strategische Position irgendwo in einem Unternehmen bekleidet, sich dann separiert und seine Forderungen besonders nachhaltig vertritt, dann ist das schon ein Problem insgesamt. Aber ich denke, dass wir gerade in einem System, in dem wir zum Beispiel im Personenfernverkehr ja völlig monopolistische Strukturen haben, deswegen schon eine schwierige Situation haben, weil der Kunde ja keine Ausweichmöglichkeiten hat. Deswegen muss gerade in dem Bereich verlangt werden, dass alle aufeinander zugehen und jetzt versuchen, den Tarifkonflikt sozusagen runterzufahren und nicht zu weiteren Streikbewegungen zu kommen.

    Engels: Nun wird ja die Bahn privatisiert, wenn es nach den Vorstellungen von Herrn Mehdorn geht. Und auch aus der Politik ist ja jetzt zumindest ein grundsätzliches Einvernehmen über den Weg dorthin getroffen worden. Müssen sich dann die Kunden letztlich schon darauf vorbereiten, dass das ein zarter Ausblick darauf war, diese letzten Warnstreiks, was passiert, wenn die Bahn privatisiert ist?

    Fischer: Es geht um eine Teilprivatisierung. Der Bund wird in der Mehrheit bleiben. Das Ziel ist ja, das wir politisch verfolgen, dass die Infrastruktur auf jeden Fall im staatlichen Volleigentum bleibt, also das Netz, die Bahnhöfe, die Energieversorgung, um auf diesen Lebensadern einer Volkswirtschaft dann möglichst einen Wettbewerb hinzubekommen. Das heißt, dass es verschiedene Anbieter gibt und dass der Kunde Auswahlmöglichkeiten hat. Das ist das politische Ziel, das wir nachhaltig verfolgen. Und ich glaube, dann wird es für den Bahnkunden auch eher günstiger, als wenn er mit monopolistischen Strukturen eines Anbieters konfrontiert ist.

    Engels: Aber vielleicht werden auch Warnstreiks häufiger, denn es gibt ja auch diejenigen, die sagen, auch die Gewerkschaften selbst sagen das-, der Kurs von Hartmut Mehdorn, schnell Milliardengewinne zu erzielen, um so die Bahn börsenfähig zu machen, hätte erst diese massiven Streiks provoziert.

    Fischer: Na ja, er hat draußen den wirtschaftlichen Erfolg besonders stark betont. Er hat die Frage der hohen Verschuldung des Unternehmens, die abgebaut werden muss, in der Öffentlichkeit weniger markant vertreten. Und dass dann die Arbeitnehmer sagen, wir wollen an dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt werden, ist ja ganz natürlich. Das heißt also, er hat sie auch ein Stück weit ermuntert mit einer, ich sage mal, sehr einseitigen Darstellung des wirtschaftlichen Erfolges des Unternehmens. Das kann man wohl feststellen.

    Engels: Nun haben Sie selber angesprochen, viele Menschen sind auf die Bahn angewiesen. Es wird durch das Schienennetz immer eine Art von Monopol auch dabei bleiben, und es wird auch da immer neuralgische Punkte geben, die eben durch Bahnmitarbeiter besetzt werden. Könnten Sie sich irgendeinen staatlichen Einfluss vorstellen, um unendlich lange Streiks auch zu verhindern?

    Fischer: Nein. Wir haben im Grundgesetz die Tarifautonomie ausdrücklich grundgesetzlich geschützt. Es gibt weder einen Willen noch eine Chance, daran etwas zu ändern. Das gehört zu unserem gesamten Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, und deswegen wird hier sicherlich auch das Streikrecht als ein Element des Tarifrechtes nicht ausgehebelt werden können. Das halte ich für völlig illusionär. Aber wir erwarten natürlich immer, dass die Sozialpartner mit ihren Rechten gegenüber der Gesamtbevölkerung, dem Gemeinwohl vernünftig umgehen. Deswegen habe ich auch verlangt, dass jetzt verhandelt wird bis zu einem Ergebnis und dass es keine weiteren Warnstreiks geben sollte.

    Engels: Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Dirk Fischer. Ich bedanke mich für das Gespräch.

    Fischer: Ja, gerne. Auf Wiederhören.

    Engels: Auf Wiederhören.