"Das ist der Ort, mit dem sich über Jahrzehnte Verzweiflung und Hoffnung, menschliches Leid und Tragödien verbunden haben", Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher spricht am 22. Juni 1990 auf der Feier zum Abbau des "Checkpoint Charlie". Auch die vier alliierten Außenminister halten Reden, danach hebt ein Kran zu "Berliner Luft" das Kontrollhäuschen hoch: "Außenminister, Stadtkommandanten, Bürgermeister stellen sich den Fotografen und Kameraleuten, während im Hintergrund das Häuschen gen Himmel verschwindet."
Die Zeremonie zum Abriss jenes Kontrollpunktes, den die West-Alliierten nach dem Mauerbau 1961 als Grenzübergang für Ausländer und Diplomaten zwischen West- und Ost-Berlin eingerichtet hatten, verlief heiter. Die Fröhlichkeit stand im Kontrast zur Vergangenheit des Ortes: "Jetzt rollt ein General-Patton-Panzer direkt vor bis an den Schlagbaum, es mögen noch drei, vier Meter sein, die ihn von jenem weißen Strich trennen, der hier die Sektorengrenze markiert."
Die Zeremonie zum Abriss jenes Kontrollpunktes, den die West-Alliierten nach dem Mauerbau 1961 als Grenzübergang für Ausländer und Diplomaten zwischen West- und Ost-Berlin eingerichtet hatten, verlief heiter. Die Fröhlichkeit stand im Kontrast zur Vergangenheit des Ortes: "Jetzt rollt ein General-Patton-Panzer direkt vor bis an den Schlagbaum, es mögen noch drei, vier Meter sein, die ihn von jenem weißen Strich trennen, der hier die Sektorengrenze markiert."
Amerikanische und sowjetische Panzer stehen sich gegenüber
Im Oktober 1961 standen sich am "Checkpoint Charlie" amerikanische und sowjetische Panzer gegenüber. Zuvor hatte die DDR-Führung versucht, die Bewegungsfreiheit der Westalliierten durch Passkontrollen an der Sektorengrenze nach Ost-Berlin einzuschränken. Die Amerikaner ließen Panzer auffahren – die Welt stand am Rande des Atomkrieges: "Noch immer stehen die amerikanischen Panzer mit den Rohren nach drüben gerichtet."
In diesen Stunden wurde der "Checkpoint Charlie" zum ikonischen Symbol der Systemkonfrontation – und Pflichttermin bei Besuchen von US-Präsidenten, Schauplatz spektakulärer Fluchtversuche und Spionagethriller. Zum touristischen Anziehungspunkt entwickelte sich hier das 1963 privat gegründete Mauer-Museum, das Fluchtversuche aus der DDR dokumentierte. Aber mit der Entspannungspolitik verlor der "Checkpoint Charlie" ab den Siebzigerjahren an Dramatik, nach seinem Abbau 1990 wurde die zentral in der Friedrichstraße gelegene Freifläche an einen Investor verkauft.
Ambitionierte Pleitpläne
"Man war einfach sehr offen für Kooperationen mit privaten Unternehmen. Wenn man ein paar hundert Meter weiter auf den Potsdamer Platz guckt und sieht, wie sich da Sony und Daimler eingebracht haben in diese Gestaltung dieses enorm wichtigen, historischen Ortes", meint der Stadtforscher Christoph Sommer.
Am "Checkpoint Charlie" sollte nun ein Geschäftszentrum entstehen: "Vielleicht steckte da auch ein bisschen der Gedanke dahinter, das kapitalistische System hat sich durchgesetzt, und das wird sich jetzt hier auch baulich in einem American Business Center manifestieren als gebauter Triumph des kapitalistischen Systems. Dann hat sich aber diese Hoffnung auf den wirtschaftlichen Aufschwung so nicht eingelöst."
1997 war das Projekt insolvent. Zu dieser Zeit wandelte sich das Interesse der Touristen, die jetzt nach den in Berlin großenteils getilgten Spuren der Teilung suchten. Das Mauer-Museum am "Checkpoint Charlie" reagierte darauf mit dem Nachbau eines Kontrollhäuschens. Fortan posierten davor als Soldaten verkleidete Schauspieler, "Rummelplatz mit Müllhaldencharme" wurde der Platz nun genannt.
Zeitzeugen, wie der frühere Fluchthelfer Rainer Schubert, liefen Sturm: "Nicht weit von hier ist Peter Fechter von Grenzern erschossen worden. Und da geht es nicht an, dass heute Disneyland daraus wird, dass Bratwurstverkäufer, Mickey Mäuse und auch Leute in irgendwelchen Uniformen hier stehen und sich gegen Geld fotografieren lassen."
Mit den Touristen kam der Erfolg
Aber der unwirtliche Platz wurde zur drittbeliebtesten Touristenattraktion Berlins.
Christoph Sommer: "Ich finde es erstmal interessant zu sehen, dass sich Besucherinnen und Besucher sich den Ort auf eigene Art und Weise angeeignet haben. Ich würde davor warnen, diese Form des Erlebnisses als unwürdig oder disneyhaft zu stigmatisieren."
Nach und nach wurden eine Bildergalerie, eine Info-Box und ein Mauer-Panorama errichtet. Durch den Boom Berlins im letzten Jahrzehnt hat der "Checkpoint Charlie" wieder an wirtschaftlichem Reiz gewonnen. 2015 übernahm ein Investor die Altschulden der Fläche und plante im Einverständnis mit dem Senat eine Bebauung. Aber nach Protesten gegen eine befürchtete Kommerzialisierung des historischen Ortes beschloss der Senat, selbst einen Bebauungsplan zu erstellen.
Christoph Sommer: "Man kann einen Bruch in der Stadtstruktur, Verweise auf unterschiedliche Vergangenheiten dieses Ortes erkennen. Es liegt die Besonderheit in der Leerstelle, weniger ist an diesem Ort mehr."
Christoph Sommer: "Man kann einen Bruch in der Stadtstruktur, Verweise auf unterschiedliche Vergangenheiten dieses Ortes erkennen. Es liegt die Besonderheit in der Leerstelle, weniger ist an diesem Ort mehr."