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China
Im Jahr der weiter wachsenden Medienkontrolle

Hunderte Journalistinnen und Journalisten inhaftiert, Dutzende entführt oder getötet – so zieht Reporter ohne Grenzen Bilanz für 2019. Die Organisation betont besonders die negative Rolle Chinas. Die Auseinandersetzung mit dem Fußballspieler Mesut Özil wirft darauf ein weiteres negatives Schlaglicht.

Von Michael Borgers | 17.12.2019
    Soldaten, die eine chinesische Flagge tragen bei einer Parade
    2019 wurde in Peking das 70-jährige Bestehen der Volksrepublik China gefeiert. (picture alliance/Anna Ratkoglo/Sputnik/dpa)
    Wenn Reporter ohne Grenzen (ROG) seine Rangliste der Pressefreiheit oder – wie gerade – seine Jahresbilanz präsentiert, setzt die Organisation Schwerpunkte. In diesem Jahr weist sie besonders auf die negative Entwicklung in China hin. Alleine dort säßen aktuell 120 von insgesamt 389 weltweit inhaftierten Medienschaffenden. Das ist fast ein Drittel.
    Die meisten davon, mehr als 40 Prozent, seien Bürgerjournalisten, führt ROG weiter aus, "die trotz verschärfter Zensur sozialer Netzwerke versucht haben, über das Internet unabhängige Informationen zu verbreiten und damit die die Lücke zu füllen, die durch die immer umfassendere Kontrolle der Kommunistischen Partei über die traditionellen Medien entsteht".
    Wie sich diese umfassende Kontrolle in diesem Jahr entwickelt hat, zeigt auch ein Blick ins Archiv von @mediasres. Das Medienmagazin des Deutschlandfunk hat 2019 beispielsweise darüber berichtet, wie Auslandskorrespondenten immer wieder schikaniert, wie deutsche Medien in China blockiert oder heimische Journalisten via App kontrolliert werden.
    Mesut Özils Kritik mit Folgen
    Ein weiterer Fall sorgt seit einigen Tagen weltweit für Schlagzeilen: Mesut Özil hatte vergangenen Freitag auf Twitter die Verfolgung der muslimischen Minderheit der Uigurinnen und Uiguren in China und das Schweigen mehrheitlich muslimischer Staaten dazu kritisiert. Daraufhin nahm der chinesische Staatssender CCTV die Live-Übertragung des Spiels FC Arsenal London, Özils Verein, gegen Manchester City aus dem Programm.
    Mesut Özil im Vorrunden-Spiel der Fußball-WM 2018 in der Gruppe F gegen Südkorea
    Mesut Özil: In China werden "Korane verbrannt, Moscheen geschlossen, islamische Schulen verboten" und "die Muslime schweigen" (picture alliance / Pressefoto Ulmer)
    Die Regierung in Peking warf dem deutschen Fußballer vor, er habe sich "von Fake News täuschen und sein Urteil durch unwahre Behauptungen beeinflussen lassen". Er solle sich doch besser ein eigenes Bild vor Ort machen.
    Uiguren unter Druck
    Experten werfen China massive Menschenrechtsverletzungen vor. Mehr als eine Million Uiguren und andere Muslime sollen sich in sogenannten Umerziehungslagern befinden, wo sie Recherchen zufolge festgehalten und teils misshandelt werden. Die chinesische Regierung hatte das zunächst bestritten - und spricht inzwischen von "Berufsbildungszentren" zur Deradikalisierung.
    Die meisten der 2019 neu hinzugekommenen Fälle inhaftierter Medienschaffender in China sind Reporter ohne Grenzen zufolge übrigens: Uigurinnen und Uiguren.