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"China ist unser größter Handelspartner in Asien"

Vor dem Deutschland-Besuch von Chinas Premierminister Wen Jiabao hat der Asien-Experte im BDI, Friedolin Strack, die Bedeutsamkeit des chinesischen Außenhandels für die deutsche Industrie unterstrichen. Die Begeisterung fürs das China-Geschäft sei bei den deutschen Firmen angesichts von neun Prozent Wirtschaftswachstum vor Ort nach wie vor sehr hoch, sagte Strack.

Moderation: Doris Simon |
    Doris Simon: China wird jeden Tag mächtiger: wirtschaftlich, finanziell und auch politisch. Parallel dazu ist in vielen Teilen der Welt die Angst gewachsen, dass das gigantische Land bald nur noch nach seinen eigenen Regeln spielen wird und diese Regeln dann auch für den Rest der Welt gelten. In Deutschland sah das Bild lange anders aus. Es herrschte China-Begeisterung auch und vor allem in der deutschen Wirtschaft. Heute kommt der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao nach Deutschland und Friedolin Strack ist Leiter der Asien-Pazifik-Region im Bundesverband der Deutschen Industrie und jetzt am Telefon. Guten Morgen!

    Friedolin Strack: Guten Morgen Frau Simon!

    Simon: Herr Strack, diese Begeisterung fürs China-Geschäft, ist die bei deutschen Unternehmen immer noch so ungetrübt?

    Strack: Die ist mit Sicherheit noch vorhanden, weil China weist in den letzten Jahren konstant Wachstumsraten von neun Prozent Wirtschaftswachstum aus. Die Mittelschicht wächst in China und der Markt ist sehr, sehr attraktiv für ganz viele Firmen. Natürlich gibt es auch immer wieder Bedenken von Firmen, aber das ist auch nichts Neues. China ist kein einfacher Markt und der neue Trend, den wir jetzt sehen, dass China auf Auslandsmärkten mit uns konkurriert in unseren heimischen Produktsparten.

    Simon: Und wie weit ist die deutsche Industrie gerüstet für diese Konkurrenz aus China?

    Strack: Im Prinzip sind wir gut gerüstet. Immerhin sind wir Exportweltmeister. Wir haben viele wettbewerbsfähige Industriegruppen. Ein bisschen will ich das Bild jetzt vergleichen mit dem, wie es in den 80er Jahren aussah. Damals haben alle nach Japan geschaut und hatten alle die Befürchtung, dass die japanische Automobilindustrie in nur wenigen Jahren die deutsche Automobilindustrie überrollen wird. Wir haben etwas anderes gesehen. Die deutsche Automobilindustrie steht heute wettbewerbsfähig da. Wir müssen aber genau hinsehen. Die Herausforderung China ist da und China wird uns Konkurrenz machen in Hochtechnologiebereichen zu sehr, sehr niedrigen Preisen.

    Simon: Noch mal auf den chinesischen Markt selber zurück. Da ist zum einen das alte Problem mit der chinesischen Markenpiraterie, aber es gibt vor allem die Klagen der deutschen Unternehmer immer öfter zu hören, dass sie in ihrem China-Engagement gedrängt werden, ihr kostbarstes Wissen preiszugeben, nämlich Schlüsseltechnologien, spezielles Know-how, Patente, und dass in ihren chinesischen Betrieben außerdem Industriespionage im großen Stil gemacht wird. Wie groß, Herr Strack, ist das Problem des erzwungenen oder heimlichen Wissenstransfers in China?

    Strack: Das ist ein großes Problem und wir hoffen sehr, dass auch die Bundeskanzlerin das Thema ansprechen wird, weil in Innovation, in Know-how liegt die Zukunft unserer Industrien. Wenn wir das nicht geschützt nach China bringen können, dann haben wir einfach ein ganz großes Problem, uns für die Zukunft auch im China-Geschäft wettbewerbsfähig aufstellen zu können.

    Simon: Was raten Sie denn da den Unternehmen, die interessiert sind und die Probleme haben?

    Strack: Es sind alte Regeln, die immer wieder neu gelten. Die Auswahl der Partner vor Ort ist ganz entscheidend. Der bewusste Umgang mit Technologie. Wir raten unseren Firmen, dass sie die modernsten Technologiekomponenten möglichst in Deutschland halten und von Deutschland nach China liefern und dann dort in ihre Fertigung einbauen. Hongkong ist ein Standort, der freien Zugang hat zum chinesischen Markt, wo man aber zu 100 Prozent Technologieschutz genießen kann. Also es gibt ein paar Grundregeln, an die man sich gut halten kann.

    Simon: Wie wichtig ist denn heute überhaupt noch das Geschäft in China für die deutsche Industrie?

    Strack: Der chinesische Außenhandel ist für die deutsche Industrie immer wichtiger geworden. China ist unser größter Handelspartner in Asien. Wir rechnen damit, dass die großen drei Partner in Asien Japan, China und Indien in 10, 15 Jahren noch einen erheblich größeren Anteil an der Weltwirtschaft einnehmen werden. Ohne China-Geschäft ist es für unsere Industrien nicht machbar.

    Simon: Herr Strack, EU-Außenhandelskommissar Peter Mandelson hat neulich gesagt, China das sei zugleich Bedrohung, Chance und zukünftiger Partner. Wo sollte sich da Ihrer Meinung nach die Bundesrepublik positionieren?

    Strack: Immer mit der klaren Interessensformulierung. Wir wollen Partner sein für China, aber auch wir haben Bedingungen, so wie China Bedingungen setzt. Die chinesischen Freunde haben das immer klar akzeptiert, wenn man ihnen auch von unserer Seite aus Spielregeln mit auf den Weg gibt, klar die Interessen formuliert. Wenn wir das tun, bleibt die Partnerschaft mit China und ich würde sogar sagen die Freundschaft, weil wir sind einer der engsten Partner, die China im westlichen Ausland hat. Die bleibt eng und vertrauensvoll.

    Simon: Sie sagen wir haben Bedingungen, also die deutsche Industrie, wir müssen im China-Geschäft die Spielregeln auch festlegen. Wie lange wird das noch möglich sein bei so einem mächtigen Spielpartner?

    Strack: Das wird so lange möglich sein, als wir auf europäischer Seite und möglichst auch in Einklang mit unseren US-Kollegen mit einer Stimme sprechen. Ich glaube dann haben wir sehr, sehr gute Chancen, in China Gehör zu finden. Wir merken es jetzt bei dem Thema Schutz geistigen Eigentums, dass das gemeinsame Vorgehen von Europäern, Amerikanern und die beginnende Problematik, dass auch chinesische Firmen zunehmend den Schutz geistigen Eigentums bei ihrer Regierung einklagen, dass diese Faktoren wirken, die Regierung intensiv daran arbeitet, die Gesetze zum Schutz geistigen Eigentums auch umzusetzen. Vieles passiert und wir haben da ein recht hoffnungsvolles Bild.

    Simon: Haben Sie, hat die deutsche Industrie über die langfristige Wirkung ganz konkrete Erwartungen an den jetzigen Besuch des chinesischen Premiers?

    Strack: Unsere Erwartung ist zunächst, dass die Gespräche fortgesetzt werden, die die Bundeskanzlerin im Mai bei ihrem China-Besuch begonnen hat. Das war ja die erste Begegnung unserer neuen Bundesregierung mit der amtierenden chinesischen Regierung. Wir haben eine Reihe wichtiger Themen. Sie haben das Thema Technologietransfer erwähnt. Das ist mit Sicherheit eines der Themen, wo wir uns wünschen, dass es auf der Agenda steht. Wir haben ein Schlüsselthema Zusammenarbeit mit China im Energiebereich, weil wir da als deutsche Industrie viel anbieten können. Bei Energieeffizienz sind wir weltweit führend. Und wir wollen insgesamt, dass die Rahmenbedingungen für Innovation in China für uns stimmen.