Samstag, 04. Mai 2024

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Chinas Medienpolitik
Außen PR, innen Propaganda

Eigentlich garantiert die Verfassung der Volksrepublik China Pressefreiheit. Doch die Wirklichkeit ist eine andere. Inländische Medien können nicht frei berichten. Und auch ausländische Angebote und ihre Journalistinnen und Journalisten behindert das Regime immer mehr, wie der Streit mit der BBC zeigt.

Ruth Kirchner im Gespräch mit Antje Allroggen | 17.02.2021
Das Broadcasting House in London ist seit 2013 der Hauptsitz der British Broadcasting Corporation (BBC)
Die Sperrung von BBC World News in China ist das neueste Kapitel im Medienstreit zwischen den Regierungen in Peking und London (picture alliance / Daniel Kalker | Daniel Kalker)
BBC World News ist der Auslandssender der BBC, der ältesten Rundfunkanstalt der Welt. Der Anspruch des britischen Senders ist es, Themen von allen Kontinenten abzubilden und diese auch internationalen Zuschauerinnen anzubieten. In China ist das seit vergangener Woche allerdings nicht mehr möglich: Die Regierung hat die Ausstrahlung von BBC World News dort gestoppt.
Die Volksrepublik begründete den Schritt damit, der Sender habe gegen die Richtlinien für die Berichterstattung verstoßen. China hat der BBC wiederholt die Verbreitung von Falschmeldungen unter anderem über Menschenrechtsverletzungen in der Uiguren-Region Xinjiang vorgeworfen.

Kritik an Chinas BBC-Entscheidung

Chinas Begründung ziele darauf ab, "ausländische Medien in China zu warnen, dass ihnen Strafmaßnahmen drohen, wenn ihre Berichte über Xinjiang und andere Minderheitenregionen nicht der Parteilinie folgen", kritisierte der Club der Auslandskorrespondenten in China (FCCC) die Entscheidung und ihre Begründung.
Der britische Außenminister Dominic Raab kommentierte auf Twitter, China habe "einige der strengsten Einschränkungen der Medien- und Internetfreiheit auf der ganzen Welt". Der jüngste Schritt werde Chinas Ruf in den Augen der Welt nur schaden, so Raab weiter:

Korrespondentin: China schneidet eigene Leute ab

Die ARD-Korrespondentin Ruth Kirchner kennt das Land bereits aus ihrer ersten Zeit als Berichterstatterin in China zwischen 2005 und 2015. "Das Land schottet sich immer mehr ab, was ausländische Quellen angeht", sagt Kirchner. Kritische BBC-Berichte seien auch schon früher immer wieder zensiert worden.
Ein Beispiel für diese Politik aus der jüngeren Vergangenheit ist der Umgang mit Clubhouse. Die Social-Media-App für Unterhaltungen in großen Gruppen wurde nach wenigen Wochen – und kritischen Diskussionen in Clubhouse – gesperrt.

Langer Streit zwischen China und Großbritannien

Daheim setzt die Regierung auf Zensur, anders sieht es dagegen im Ausland aus, wo chinesische Medien seit Jahren expandieren. Dort wird ihnen vorgeworfen, staatliche Propaganda zu verbreiten. So wie zuletzt der Nachrichtensender China Global Television Network (CGTN) in Großbritannien, dessen Zielmarkt vor allem in Afrika liegt.
Chinesische Auslandsmedien
China baut seine Medienpräsenz in Afrika massiv aus und will westlichen Auslandssendern Konkurrenz machen. Kritiker befürchten, dass China die Entwicklungen in Afrika so steuern will, dass sie dem eigenen Überwachungsstaat entsprechen.
Anfang Februar hatte die britische Medienaufsichtsbehörde den Chinesen die Sendeerlaubnis für das Vereinigte Königreich wegen ihres politischen Einflusses auf das CGTN-Programm entzogen. Zuvor hatte es bereits lange Auseinandersetzungen zwischen beiden Ländern über die Berichterstattung gegeben. Chinas Schritt gegen die BBC wird als Reaktion auf die Entscheidung der britischen Regulierungsbehörde gewertet und ist wohl nur das vorerst letzte Kapitel in diesem Streit.

Peking setzt auf PR

Das größte Potenzial für Chinas Propagandabemühungen sieht Korrespondentin Ruth Kirchner in den nationalen Digitalangeboten: Westliche Anbieter wie Google oder Facebook seien im Land gesperrt, die größte Rolle in China selbst nehme WeChat ein. Ein Messenger, von dem Kritiker sagen, dass er zum Ausspähen der Nutzer und zur chinesischen Internetzensur genutzt werde.
Die Regierung in Peking setzt auf Propaganda und PR, im In- und Ausland. Ziel ist es auch, ausländische Journalistinnen und Journalisten in China selbst zum Schweigen zu bringen, so ist Kirchners Eindruck. Das zeigt auch das Beispiel der Visa-Vergabe: Zuletzt wurde immer wieder Medienvertretern die Arbeitserlaubnis vorenthalten oder sogar entzogen.