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Chinesische Forschung
Konfuzius-Institute auf dem Prüfstand

China wirbt über seine Konfuzius-Institute auch in Deutschland für seine Sprache und Kultur. Die Institute sind überwiegend an Hochschulen angesiedelt. Zuletzt wurde Anfang Juli an der Universität Göttingen das weltweit erste Akademische Konfuzius-Institut eröffnet. Kritiker stellen indessen die Unabhängigkeit der deutschen Forscher bei dieser Zusammenarbeit infrage.

Von Alexander Budde | 11.07.2014
    Chinesisch wird zu einer Sprache von Welt, sagt Henning Klöter. Der Professor für chinesische Fachdidaktik an der Universität Göttingen registriert ein stetig wachsendes Interesse, die fremden Zeichen und Laute zu erlernen.
    "Was natürlich eine neue Entwicklung jetzt ist, ist, dass sich Chinesisch als Schulfach mehr und mehr etabliert. Und genau da ist einer unserer Aufgabenbereiche auch in Kooperation mit Lehrkräften, die bereits aktiv sind, da mal genau zu bündeln, welche Methoden es gibt, welche Methoden sich bewährt haben und welche Methoden noch weiter entwickelt werden müssten."
    Enge Zusammenarbeit mit chinesischen Partneruniversitäten
    Die Forschung zur Sprachvermittlung will der Leiter des neuen Konfuzius-Institutes vorantreiben - in enger Zusammenarbeit mit chinesischen Partneruniversitäten in Peking und Nanjing. Lange Zeit habe sich die Sinologie nur mit der Interpretation vormoderner Texte beschäftigt, bemerkt Klöter. Nun öffne sie sich für neue Fragen. In Vortragsreihen und auf Konferenzen will man Forschungserkenntnisse über Wirtschaft und Gesellschaft des modernen China vermitteln. Tabus gebe es im Umgang mit den chinesischen Partnern keine, versichert Klöter.
    "Wir sind uneingeschränkt autonom, das heißt das Lehrprogramm, das wir anbieten, das entscheiden wir nach wie vor selbst. Natürlich sind wir jetzt im Bereich von ganz konkreten Veranstaltungen, die werden gemeinsam durchgeführt, aber das ist in Ergänzung zum bestehenden Programm, da sind wir nach wie vor Herr im eigenen Haus. Von der Situation in Deutschland weiß ich jetzt keinen konkreten Fall, wo es wirklich eine tatsächliche Beeinflussung gegeben hat."
    Zuwendungen von der Kommunistischen Partei Chinas
    An die postulierte Freiheit von Forschung und Lehre mag der Sinologe Jörg-Meinhard Rudolph, Dozent am Ostasieninstitut der Fachhochschule Ludwigshafen, nicht glauben. Denn die Konfuzius-Institute, würden anders als etwa die deutschen Goethe-Institute nicht vom Staat nach einsehbaren Kriterien aus Steuermitteln finanziert. Das gute Dutzend deutscher Hochschulen, die ein Konfuzius-Institut eingerichtet haben, erhielten Zuwendungen vielmehr direkt von der Kommunistischen Partei Chinas. Rudolph spricht von jeweils rund 100.000 Dollar im Jahr, mit denen die deutschen Kooperationspartner ihre Institute betreiben.
    "Die Konfuzius-Institute werden nicht vom chinesischen Staat bezahlt, sondern von einer politischen Partei. Von einer Organisation, die eine Interessenvertretung ist. Und die diese Konfuzius-Institute im Rahmen ihrer Auslands-Propaganda oder PR-Arbeit betreibt. Im Ergebnis werden die ausländischen Beteiligten aus dem Spiel genommen. Weil sie chinesisches Geld nehmen. Und das wirkt sich so aus, dass sie eine ganz große Schere im Kopf haben bzw. die chinesischen Sichten übernehmen."
    Heikle Punkte werden ausgeblendet
    Die obersten Prinzipien hinter jedem Forscherdrang, nämlich Transparenz und kritisches Hinterfragen, sieht auch Ulrich Delius ad absurdum geführt. Der Asienreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen will von Nachwuchsforschern wissen, die sich sträuben ein Praktikum bei einer NGO zu machen - aus Sorge um eine möglichst konfliktfreie Biografie.
    "Wir erleben das in sehr vielen Konfuzius-Instituten, dass systematisch eigentlich alle heiklen Punkte ausgeblendet werden. Und dazu zählen natürlich Probleme auch wie die Tibetfrage. Wie steht es um die Gewalt im Nordwesten Chinas? Wie steht es um das sehr breite Engagement von der Zivilgesellschaft? Diese Fragen gehören einfach dazu, wenn man ein realistisches Bild der Volksrepublik China entwickeln will.
    Anders als etwa in den Vereinigten Staaten, gebe es am Forschungsstandort Deutschland nicht einmal eine nennenswerte Diskussion um Sinn und Nutzen der Kooperation, klagt Delius. Schweigend unterwerfe sich die Zunft den Pekinger Zensoren.
    "Es ist auf jeden Fall Teil einer Charmeoffensive, mit der man versucht, das nicht sehr positive Chinabild besser zu beeinflussen. Und da fragen wir uns, inwieweit gibt es noch eine Unabhängigkeit bei der Darstellung der Situation in der Volksrepublik, wenn der Auftrag lautet, ein positives Bild zu vermitteln. Die Frage ist, ob das unser Job ist, China dabei behilflich zu sein. Und da würde ich drei Fragezeichen hinter setzen."