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Chinesischer Volkskongress
Wirtschaftliche Strukturreformen und mehr Geld für Rüstung

Trotz wirtschaftlicher Probleme und steigender Militärausgaben peilt China erneut ein Wirtschaftswachstum von 7,5 Prozent an. Auf den chinesischen Motor der Weltwirtschaft ist Verlass - das Land schiebt dafür jedoch viele notwendige Reformen auf.

Von Michael Braun | 05.03.2014
    Die Zeiten werden auch in China nicht nur besser: Bei sinkenden Wachstumsraten steigen die Ausgaben für das Militär überproportional, mit 12,2 Prozent zweistellig. Und dort, wo Reformen sichtbar werden, ist ihre praktische Relevanz nicht klar: So hat China die Mindestkapitalanforderungen für die Gründung von Unternehmen gelockert. Unternehmensgründungen sollten also leichter werden. Aber ob das auch für ausländische Gründer gilt, ist nicht klar. Immerhin ist auf eins Verlass: Auf Chinas Rolle als Motor der Weltwirtschaft. Damit rechnen die Beobachter, auch wenn die Wachstumsziele nicht mehr zweistellig sind, sondern für dieses Jahr bei 7,5 Prozent liegen. Das sollte genügen, meint Greg Saichin, Chefanlagestratege bei Allianz Global Investors für die Schwellenländer.
    "Vor fünf, sechs Jahren betrug Chinas gesamtwirtschaftliche Leistung etwa 60 Prozent des heutigen Niveaus. Wenn es jetzt mit sechs, sieben Prozent weiter wächst, dann von einem deutlich höheren absoluten Niveau aus. Es trägt also weiterhin zu globalem Wachstum bei, auch wenn die Wachstumsraten nachlassen."
    Freilich will China die Quellen seines Wachstums wechseln: Es soll vermehrt aus der heimischen Nachfrage kommen. Das ist nicht ganz neu und wohl auch ein langer Prozess. Der hat jetzt schon binnen fünf Jahren die Staatsverschuldung auf 100 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung getrieben. In der Eurozone galten mal 60 Prozent als Höchstgrenze. Dass das Leben auf Pump weitergehen könne und die Kredite zunehmend nicht von den etablierten Geschäftsbanken, sondern von Schattenbanken vergeben werden könnten, beunruhigt Janis Hübner, den China-Spezialisten der Deka-Bank, aber nicht:
    "Der Schattenbankenmarkt ist sehr stark gewachsenen in den vergangenen Jahren. Er ist aber kein Markt, der komplett losgelöst wäre vom regulären Bankenmarkt. Und deshalb haben die großen staatlichen Banken auch in diesem Markt durchaus die Möglichkeit, Verluste, die hier entstehen, aufzufangen. Und sie werden es auch tun, um keine Panik am Finanzmarkt in China zu erzeugen. Insofern sehen wir durchaus das Bestreben, den Markt besser zu regulieren und das Wachstum dort einzuschränken. Aber es wird keinen kompletten Stopp hier geben."
    Chinas Staatspartei will dem Markt eine "entscheidende Rolle" beim Umbau der Wirtschaft einräumen. Das gilt auch für die Finanzindustrie. Die Zins-Liberalisierung wird fortgesetzt. Banken sollen mehr Rechte bekommen, Zinsen selbst festzulegen. Hiesige Banken schauen hin und machen mit, haben dabei, so Deutsche Bank-Vorstand Jürgen Fitschen, gute Erfahrungen gemacht:
    "Innerhalb von fünf Tagen haben wir die Lizenz für die neue Freihandelszone bekommen. Ich habe sehr viel Respekt davor, wie man in China versucht, mit der Öffnung zum Markt hin den Wandel in der Gesellschaft und in der Wirtschaft stetig voranzubringen."
    Chinas Regierung sieht auch, dass die Umweltverschmutzung zunimmt. Ineffiziente Fabriken sollen geschlossen, private Investitionen gefördert und die Arbeit an einer neuen Umweltschutzsteuer beschleunigt werden. Die Produktion der Stahl- und Zementindustrie soll verringert werden, die in hohem Maße für die starke Luftverschmutzung mitverantwortlich ist. Schon rechnen sich deutsche Anlagenbauer Exportchancen für Filtertechniken aus.