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CO2-Ausstoß von Pkw
"Wir bremsen den Fortschritt in die Klimafreundlichkeit"

Bis zum Jahr 2022 sollen Neufahrzeuge hierzulande höchstens 95 Gramm Kohlendioxid ausstoßen dürfen. Die oft gehörte Angst, die Auflage würde der deutschen Autoindustrie schaden, weist Ferdinand Dudenhöffer zurück. Spritspartechnik lasse sogar Innovationen sprudeln, sagte der Autoexperte der Universität Duisburg-Essen im Deutschlandfunk.

Ferdinand Dudenhöffer im Gespräch mit Georg Ehring | 28.01.2015
    Blick auf eine Autobahn-Kurve
    Ferdinand Dudenhöffer: "Die alternativen Antriebe sterben weg, weil Benzin furchtbar billig ist." (dpa / picture-alliance)
    Georg Ehring: Straßenverkehr schadet dem Klima. Rund ein Fünftel des CO2-Ausstoßes in Deutschland geht auf das Konto des Verkehrssektors. Die Lawine wächst und wächst, auch wenn die einzelnen Autos immer sparsamer werden. Bis zum Jahr 2020 sollen pro Neufahrzeug und Kilometer im Schnitt höchstens 95 Gramm Kohlendioxid ausgestoßen werden und danach soll es weiter nach unten gehen. Das Europaparlament hat sich für 2025 schon für 68 bis 78 Gramm CO2 ausgesprochen.Die Bundesregierung tritt hier allerdings auf die Bremse. Sie legte gestern in Brüssel eine Studie hierzu vor, und der zuständige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Matthias Machnig, nannte diesen Zielkorridor viel zu ehrgeizig. So große Fortschritte wären zu teuer. Darüber möchte ich nun sprechen mit Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte bei der Universität Duisburg-Essen. Guten Tag, Herr Dudenhöffer.
    Ferdinand Dudenhöffer: Schönen guten Tag!
    Ehring: Herr Dudenhöffer, zunächst mal zum Verständnis. Was heißt das in Benzinverbrauch, 95 Gramm CO2 pro Kilometer ab 2020 und um die 70 ab 2025?
    Dudenhöffer: 95 Gramm CO2, das entspricht beim Diesel etwa 3,6 Liter auf 100 Kilometer und beim Benziner etwa vier Liter pro 100 Kilometer, und diese Zielwerte, die müssen erst nach 2021 erfüllt werden, denn die Bundesregierung hat dafür gekämpft, dass dieses ursprüngliche Ziel 2020 um zwei Jahre nach hinten geschoben worden ist. Man hat in der Vergangenheit schon dafür Sorge getragen, dass diese Auflagen für die deutschen Autobauer milde sind oder milder.
    Ehring: Was halten Sie denn von dem Argument? Wäre es wirklich unvertretbar teurer, Autos so sparsam zu machen?
    Dudenhöffer: Dieses Argument, das haben wir auch gehört, als man die Vorgaben gemacht hat für das Jahr 2015. Das sind die heutigen Vorgaben, 130 Gramm CO2. Die sollen oder müssen zum Jahr 2015 erfüllt werden. Damals hieß es, Autos werden unbezahlbar, die werden in den Kosten für die Autofahrer um 2000, 3000, 4000 Euro steigen. Und siehe da: Im Jahr 2012 haben alle Autobauer in Europa diese Normen schon erfüllt, obwohl sie erst 2015 zu erfüllen sind, und die Autos sind eher billiger geworden. Denn Spritspartechnik ist jetzt im großen Stile eingesetzt. Die Zulieferer, für die ist das ein schönes Geschäft. Die Innovationen, die sind gesprudelt. Wir sind deutlich besser geworden.
    "Derzeit erleben wir, dass alle alternativen Antriebe Stück für Stück absterben"
    Ehring: Und glauben Sie, dass das so weitergehen könnte, wenn der Druck von der Politik ausreicht?
    Dudenhöffer: Ich glaube, ja. Schauen Sie, heute sind wir ja im Zeitalter des billigen Benzins. Die Autos, die heute gekauft werden, sind wieder größer. Die Autos, die heute gekauft werden, die gehen eher in SUVs. Man gibt auch wieder gerne Gas. Extrem ist es in Amerika, da war im Januar die Detroit Motor Show, da hat man nur die ganz großen Pick-ups und die ganz großen SUVs gesehen, da war 500 PS überhaupt keine Schmerzgrenze, sondern da ging es erst richtig los. Also man kann deutlich mehr machen, wenn man vernünftig mit dem Thema umgeht. Derzeit erleben wir, dass alle alternativen Antriebe Stück für Stück absterben, einfach deshalb, weil die Vorgaben mit den konventionellen Fahrzeugen mit dicken Motoren gut erfüllbar sind.
    Ehring: Sie haben es angesprochen: die Autos werden immer schwerer. Der derzeitige Golf ist ungefähr doppelt so schwer wie der erste. Muss die Autoindustrie überhaupt abspecken und den Trend zu großen Vans und zu Geländewagen stoppen, um die Ziele zu erreichen, oder geht das auch einfach so und dann könnte man es ja noch ein bisschen härter machen?
    Dudenhöffer: Ich nenne einfach zwei, drei Beispiele. Schauen Sie, BMW bringt jetzt den neuen Einser mit einem 116-PS-Motor, Dieselmotor, und der CO2-Ausstoß ist bei unter 90 Gramm, also 89 Gramm. Wir sind heute im Jahr 2015 und wir reden über das Jahr 2022 und sehen, dass heute eine ganze Menge von Fahrzeugen diese Bedingungen eigentlich sehr gut erfüllen, sogar mit Luft noch erfüllen. Es ist deutlich mehr machbar. Wir müssen uns deshalb, glaube ich, mehr Mühe geben, und je stärker die Auflagen sind, wenn die machbar sind, umso besser wird es beim Umsteuern unserer Verkehrspolitik in eine klimaverträglichere.
    Das reine Elektroauto hat es derzeit schwer
    Ehring: Noch ganz kurz zum Schluss. Das Elektroauto, wird das eine große Rolle spielen?
    Dudenhöffer: Dadurch, dass jetzt diese SUV-Welle läuft, dass immer mehr große Fahrzeuge kommen, wird man versuchen, mit sogenannten Plug-in-Hybriden das abzubilden. Das versuchen die Autobauer derzeit. Das sind Fahrzeuge, die fahren 30, 40 Kilometer elektrisch und dann wieder konventionell, sind allerdings schwerer, sind teurer als normale Fahrzeuge. Das reine Elektroauto hat es derzeit schwer, genauso wie Erdgas übrigens. Die alternativen Antriebe sterben weg, weil Benzin furchtbar billig ist und die Auflagen so, dass man mit Benzinfahrzeugen und mit Dieselfahrzeugen diese Auflagen erfüllen kann. Wir bremsen den Fortschritt in die Klimafreundlichkeit.
    Ehring: Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte bei der Universität Duisburg-Essen, war das. Ganz herzlichen Dank.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.