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"Commerzbank hat kluge Entscheidung getroffen"

Christoph Schalast, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management, sieht in der Entscheidung der Commerzbank, finanzielle Hilfe des Staates in Anspruch zu nehmen, einen richtigen Schritt. Die staatliche "Beteiligung ist für die Commerzbank billiger, als wenn sie sich Geld auf dem Geldmarkt besorgt hätte", so Schalast. Eine starke staatliche Einflussnahme sei in Zukunft kaum zu erwarten.

Christoph Schalast im Gespräch mit Christian Schütte | 09.01.2009
    Christian Schütte: Die Commerzbank übernimmt die Dresdner Bank. Doch aus eigener Kraft - das ist gestern deutlich geworden - schafft sie das nicht. Deshalb springt der Staat ein, damit sich die Commerzbank nicht verhebt. Bei dieser Übernahme bekommt das Kreditinstitut eine weitere Finanzspritze aus dem staatlichen Rettungsfonds in Höhe von zehn Milliarden Euro. Dafür wird der Bund Anteilseigner mit Sperrminorität bei der Commerzbank. Ist der Staat, der Bund also einmal mehr der Retter in der Not, wenn Manager versagen?

    Mitgehört hat der Finanzwissenschaftler Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management. Guten Tag, Herr Schalast!

    Christoph Schalast: Guten Tag, Herr Schütte.

    Schütte: Die Commerzbank wird teilverstaatlicht. Ist das eine gute Nachricht für die Finanzwelt?

    Schalast: Zunächst einmal halte ich den Begriff der Teilverstaatlichung für schlicht falsch. Eine Verstaatlichung, die ist im Grundgesetz in Artikel 14 definiert. Das ist eine wirkliche Übernahme der Kontrolle durch den Staat aus Gründen des Gemeinwohls. Hier sehen wir eine staatliche Beteiligung. Diese Beteiligung war rechtlich angelegt im Finanzmarktstabilisierungsgesetz.

    Herr Koch hat das ganz richtig vorhin gesagt. Im Grunde wurde hier nur etwas konsequent vollzogen, was der Gesetzgeber eben mit diesem Angebot im Oktober vorgelegt hat, und von daher war es eine kluge Entscheidung, aber bestimmt keine Teilverstaatlichung.

    Schütte: Nun wird der Staat aber trotzdem Anteilseigner bei der Commerzbank. Welchen Einfluss wird er nehmen?

    Schalast: Der Staat erhält 25 Prozent plus eine Aktie. Das heißt, der Staat hat eine Sperrminorität, er kann Einfluss nehmen. Die Politiker haben sich schon dazu geäußert, dass sie das zurückhaltend tun wollen. Hinzu kommt, dass die eigentliche Einflussnahme ja bereits stattgefunden hat, nämlich dadurch, dass das Finanzmarktstabilisierungsgesetz ganz klare Bedingungen definiert, unter denen der Staat sich beteiligen kann.

    Das sind Stichworte wie Managergehälter, das sind Stichworte wie Dividenden dürfen nicht ausgezahlt werden. Das macht deutlich: Diese Beteiligung ist für die Commerzbank billiger, als wenn sie sich Geld auf dem Geldmarkt besorgt hätte. Deswegen war das sehr klug.

    Schütte: Die Commerzbank hat ja eine Übernahme monatelang geprüft, und das war zu Zeiten, in denen schon alle über faule Kredite und riskante Wertpapiere gesprochen haben. Jetzt muss der Staat trotzdem einspringen. Wie erklären Sie sich, dass in den Bilanzen der Dresdner Bank erhebliche Risiken angeblich übersehen worden sind?

    Schalast: Zunächst muss man sagen, dass so viel Zeit nicht war. Für eine so komplexe Transaktion im Milliardenbereich hatte die Commerzbank sehr wenig Zeit, um eine sogenannte Prüfung durchzuführen. Und bei solchen Situationen - ich kenne den Vertrag oder die Verträge natürlich nicht - vereinbart man aber üblicherweise, dass eben, wenn weitere Risiken auftauchen, darauf reagiert wird, dass es eben Anpassungsklauseln gibt. Das ist hier offensichtlich geschehen. Und gerade in einer derzeitigen komplexen wirtschaftlichen Entwicklung der Finanzkrise kann man auch bestimmte Risiken nicht vorhersagen.

    Schütte: Wie groß, in welcher Größenordnung könnten denn die Verluste ausfallen?

    Schalast: Das kann ich nicht sagen. Das ist eine reine Spekulation.

    Schütte: Die Politik spricht von einer Kreditklemme für Unternehmen. Deshalb soll der Deutschlandfonds mit Finanzhilfen für Unternehmen aufgelegt werden. Der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Hans-Eberhard Schleyer, sagte heute Morgen im Deutschlandfunk - wir haben es eben auch gerade noch einmal gehört -, es sei sinnvoller, das Rettungspaket für die Banken noch einmal zu ergänzen. Packt also die Politik mit den Krediten und Bürgschaften für Unternehmen das Problem von der ganz falschen Seite an?

    Schalast: Nein, das denke ich nicht. Das Bankenpaket wird ja nicht in Anspruch genommen. Das heißt, hier braucht man nicht nachzubessern. Es gibt eine berechtigte Diskussion, die Frage eine "Bad Bank" zu gründen, aber ich denke, ansonsten ist das Paket gut geschnürt und gut auch durchdacht.

    Schütte: Wenn es aber nicht in Anspruch genommen wird, heißt das nicht vielleicht auch, dass man hier das Angebot attraktiver machen müsste, dass man gerade deshalb ja noch mal nachbessern müsste, denn die Probleme sind ja da?

    Schalast: Das geht leider nicht wegen der europarechtlichen Komponente.

    Schütte: Was heißt das?

    Schalast: Weil die EU bessere Konditionen letztendlich nicht zulässt.

    Schütte: Wie schätzen Sie das ein? Kann man das ändern?

    Schalast: Das geht nicht, außer die EU stimmt zu.

    Schütte: Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management. Ich bedanke mich für das Gespräch.