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Computerspiel "Final Fantasy VII"
Bombastisches Amuse-Gueule

1997 machte Final Fantasy VII die japanische Rollenspielserie im Westen populär. Nun ist ein Remake des Computerspiels rund um die Ökoterroristen-Gruppe Avalanche erschienen. Kann der frisch renovierte Klassiker überzeugen?

Von Christian Schiffer | 09.04.2020
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Final Fantasy VII gilt seit seinem Erscheinen im Jahr 1997 als ein legendäres Videospiel, das nun neu aufgelegt wird (Screenshot aus "Final Fantasy VII", Square Enix Presse)
Das Präludium aus Final Fantasy VII aus dem Jahr 1997 ist eines der berühmtesten Musikstücke, das je ein Game hervorgebracht hat. Diese Musik und andere aus der berühmten japanischen Spielserie ertönen heute längst in Konzertsälen und werden von Symphonieorchestern aufgeführt. Nun aber umschmeichelt auch auf der Konsole das Präludium akustisch generalüberholt die Gehörgänge vieler Spielerinnen und Spieler.
Denn Final Fantasy VII erscheint nun als Remake, renoviert, mit neuer Grafik und neuem Sound. Auch spielmechanisch hat sich einiges getan: Man kann das Spiel nun actionreicher und in Echtzeit spielen, aber auch rundenbasierend, so wie im Original.
Ungewöhnlich, geradezu unerhört
Final Fantasy VII, das ist so etwas wie der zweite Star Wars-Film oder wie die vierte Staffel von The Wire oder wie der zehnte Champions League-Sieg von Real Madrid: Es ist der Höhepunkt einer Serie, die selbst ein Höhepunkt ist. Oft wird darüber gestritten, was denn nun der beste Final Fantasy-Teil ist und oft fällt die Wahl auf den Siebten. Auch deswegen, weil Teil VII der Reihe Final Fantasy im Westen überhaupt erst populär gemacht hat und sich zudem in das kollektive Computerspielgedächtnis eingebrannt hat, da hier eine der Hauptfiguren stirbt. Heute wäre das in einem Computerspiel ungewöhnlich, 1997 war das aber geradezu unerhört. Aber von vorn:
"Während wir essen, während wie seelenruhig schlafen… die ganze Zeit über saugt diese riesige Pumpe das Mako aus unserem Planeten ohne Rücksicht, ohne Pause!"
Epische, vielschichte Geschichte
Wir schlüpfen in die Haut von ein paar gutaussehenden Twens, die Teil einer ökologischen Wiederstandbewegung sind. Die Ausbeutung des Planeten durch kapitalistische Großmächte: Das war schon 1997 ein Thema, dem Jahr in dem nicht nur Final Fantasy VII erschien, sondern auch auf der UN-Klimakonferenz in Kioto das Kioto-Protokoll unterzeichnet wurde.
Auch heute trifft das Spiel den Zeitgeist: Als Teil einer Art ökoterroristische Hardcore-Version von Extinction Rebellion, sprengt man Reaktoren in die Luft, die dem Planeten Leben abzapfen. Es geht um Widerstand, Liebe und darum, den Planeten zu retten – und darum, herauszufinden, was oder wer dieser Planet überhaupt ist. Hauptfigur Cloud Strife, ein düsterer und ikonischer Videospielheld mit riesigem Schwert auf dem Rücken, muss sich den Schatten seiner Vergangenheit stellen. Nach und nach entwickelt sich so eine epische und vielschichte Geschichte mit allerlei philosophischen und religiösen Anspielungen.
Ein 40 Stunden langes Amuse-Gueule
Das Problem ist, dass man davon erst einmal kaum etwas mitbekommt. Das Remake soll als Mehrteiler erscheinen, das Spiel aus dem Jahr 1997 wird also nicht nur renoviert, sondern auch kräftig aufgepumpt. Der nun erschienene erste Teil der Neufauflage umfasst nur einen kleinen Ausschnitt der Handlung des Ur-Spiels, es ist nicht mehr als ein Amuse-Gueule, quasi der Auftakt für etwas sehr viel Größeres. Und so unbefriedigend fühlt sich das Ganze dann auch streckenweise an: Wie ein auf 40 Stunden Spielzeit gedehnter Vorspann.
Auf der anderen Seite nutzt diese Neuauflage die gewonnene Zeit, um den Figuren mit Hilfe von Dialogen mehr Tiefe einzuhauchen. Und dann ist da auch noch die Inszenierung: Das Game kommt 2020 so bombastisch daher, als wäre eine von Roland Emmerich und James Cameron inszenierte Wagner-Oper zum Computerspiel mutiert. Teil 1 dieses Final Fantasy Remakes ist so schön und so explosiv, dass es einem permanent zuzurufen scheint: Es ist 2020, Baby! Und darauf kommt es in einem Remake doch letztlich an.
Das macht die Neufassung von Final Fantasy VII insgesamt zu einer gelungenen Neuinterpretation, die den Charakter des Originals wahrt und dennoch ein neues, eigenständiges Werk ist. Jetzt aber bitte bald: Mehr davon!